Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Vorliegen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses - ernsthafte Bemühungen um einen Arbeitsplatz.
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Beurteilung, ob ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist letztlich die Einstufung des Arbeitgebers maßgeblich, da Abweichungen zwischen der beitragsrechtlichen und steuerrechtlichen Behandlung des Arbeitslohns aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis vermieden werden sollen.
2. Die einmalige Meldung eines Kindes, dass das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bei der Bundesagentur für Arbeit, ist kindergeldrechtlich nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 lit c nicht als Nachweis für ernsthafte Bemühungen um einen Arbeitsplatz ausreichend.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c
Tatbestand
Streitig ist, ob die Familienkasse zu Recht die Kindergeldfestsetzung für die Streitmonate Januar 2013 und November 2013 bis Juli 2014 aufgehoben und die insoweit bereits ausbezahlten Beträge zurückgefordert hat.
Für das am 29.10.1992 geborene Kind K war Kindergeld festgesetzt worden. Laut den Akten der absolvierte das Kind nach Erlangung des Hauptschulabschlusses vom 01.09.2008 bis 22.06.2011 eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker, die vorzeitig durch den Arbeitgeber wegen unentschuldigten Fehlens fristlos beendet wurde (geplantes Ende Februar 2012). Am 01.09.2011 begann das Kind eine Ausbildung zum Gärtner, die bis Ende August 2014 dauern sollte. Diese Ausbildung wurde am 26.04.2012 nach fristloser Kündigung durch den Arbeitgeber vorzeitig beendet. Die Familienkasse wurde davon nicht unterrichtet.
Am 27.04.2012 meldete sich das Kind bei der Bundesagentur für Arbeit persönlich und gab an, dass es eine Ausbildung suche bzw. bis zum Beginn einer Ausbildung eventuell eine Tätigkeit im Baubereich. Laut eines weiteren Eintrags hatte es den letzten Kontakt mit seinem Berufsberater am 14.05.2012, bei der Arbeitsvermittlung am 06.06.2012. Bei der Arbeitsvermittlung wurde es zum 23.06.2012 abgemeldet, da es bei drei Meldeterminen unentschuldigt nicht erschienen sei. Nach Aktenlage wurden weder das Kind noch die Klägerin über die Abmeldung in Kenntnis gesetzt; ein Bescheid über die Einstellung der Vermittlungsbemühungen wurde nicht erteilt. Die Einladungen für die Beratungstermine waren ohne Zustellungsnachweis übersandt worden; eine Eingliederungsvereinbarung hatte nicht vorgelegen.
Die Familienkasse hob mit Bescheid vom 01.07.2014 die Kindergeld-Festsetzung für das Kind K ab August 2014 auf, da das Kind nach (damaliger) Aktenlage der Familienkasse seine Berufsausbildung im Juli 2014 beenden werde.
Mit Schreiben vom 01.08.2014 teilte die Klägerin der Familienkasse erstmalig mit, dass das Kind seinen Ausbildungsplatz verloren und lediglich auf geringfügiger Basis gearbeitet habe. Aus einem diesen Schreiben beigefügten Schreiben des Steuerberaters seines Arbeitgebers der letztgenannten Tätigkeit ergibt sich, dass das Kind im Jahr 2013 wie folgt verdient hat:
Zeitraum |
brutto |
netto |
Januar 2013 |
450,50 € |
359,61 € |
Februar 2013 |
106,25 € |
106,25 € |
März 2013 |
261,38 € |
261,38 € |
April 2013 |
252,88 € |
252,88 € |
Mai 2013 |
201,88 € |
201,88 € |
Laut Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung vom 05.02.2013 und 14.06.2013 war das Kind im Januar 2013 sozialversicherungspflichtig mit einem Bruttoarbeitsentgelt von 451 € und von Februar bis Mai 2013 geringfügig beschäftigt i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV.
Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung daraufhin auch für Juli 2012 bis Juli 2014 mit Bescheid vom 23.09.2014 auf und forderte das überzahlte Kindergeld i.H.v. 4.750 € von der Klägerin zurück. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG lägen beim Kind nicht vor. Das Kind werde seit dem 23.06.2012 nicht mehr als Arbeitssuchender geführt.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Das Kind habe sich am 27.04.2012 als arbeitssuchend gemeldet. Die Einstellung der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit sei für den Bezug von Kindergeld ohne Bedeutung, da sie zu Unrecht erfolgt sei. Es sei nicht erwiesen, dass der Sohn seine Meldepflichten tatsächlich verletzt habe. Die Klägerin verwies auf das Urteil des BFH vom 10.04.2014 III R 37/12.
Die Familienkasse half dem Einspruch insoweit ab, als es für die Monate Juli bis Dezember 2012 und Februar bis Oktober 2013 Kindergeld für den Sohn der Klägerin festsetzte und die Rückerstattungsforderung i.H.v. 2850 € aufhob. Die Arbeitssuchendmeldung habe bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes im Oktober 2013 gegolten.
Im Übrigen wies die den Einspruch mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Ein volljähriges Kind werde nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG berücksichtigt, wenn es nach Nr. 1 noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet habe, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet sei oder nach Nr. 2 noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet habe und für einen Beruf ausgebildet werde (Buchstabe a) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbi...