Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweckgebundene Spende zur Renovierung denkmalgeschützter Kirche dient kulturellen Zwecken und berechtigt zum erhöhten Spendenabzug. Einkommensteuer 1992
Leitsatz (amtlich)
Entgegen der im BFH-Urteil VI R 167/66 vom 18.11.1966 (BStBl III 1967, 365) geäußerten Ansicht berechtigt die Spende an eine Kirchengemeinde wegen primärer Förderung kultureller Zwecke zum erhöhten Spendenabzug, wenn die Spende obektiv und unmittelbar der Instandhaltung eines gemäß Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde denkmalgeschützten Gebäudes dient.
Normenkette
EStG 1990 § 10b Abs. 1 S. 2
Tenor
1. Die Einspruchsentscheidung vom 25.11.1993 wird aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid für 1992 vom 08.10.1993 wird dahin geändert, daß die Einkommensteuer auf 21.386 DM herabgesetzt wird.
2. Das Finanzamt hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für „einen erhöhten Spendenabzug i. S. des § 10 b Abs. 1 Satz 2 EStG (als besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke”) vorliegen.
Der Kläger überwies der evang. Kirchengemeinde in … im Zeitraum vom 28.07. – 29.10.1992 in Teilbeträgen von jeweils 5.000 DM einen Gesamtbetrag in Höhe von 25.000 DM. Als Verwendungszweck war auf den Überweisungsträgern jeweils angegeben: Spende für die Wiederherstellung der Kirchenfenster in …. Die Kirchengemeinde … vergab am 15.07.1992 unter Bezugnahme auf die in Aussicht gestellte Spende den Auftrag zur Erneuerung der Kirchenfenster an die Fa. … Glasgestaltung in … aufgrund deren Angebots vom 28.07.1991 (Angebotssumme 24.662,85 DM). Die Dorfkirche in … wurde am 16.10.1992 auf den Antrag der Kirchengemeinde vom 16.01.1992 hin als Denkmal in das Denkmalsverzeichnis der unteren Denkmalschutzbehörde eingetragen (Bescheid des Landrates des damaligen Landkreises … vom 16.10.1992).
In der Einkommensteuererklärung 1992 führten die Kläger die Spende von 25.000 DM unter der Rubrik „Spenden für kirchliche, religiöse und gemeinnützige Zwecke” auf und legten eine entsprechende Spendenbescheinigung vor.
Das Finanzamt berücksichtigte die Spende bei der Veranlagung als Sonderausgabe. Die Beschränkung des Spendenabzugs auf 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte gem. § 10 b Abs. 1 Satz 1 EStG führte jedoch dazu, daß sich nur ein geringer Teil der Spende steuermindernd auswirkte (Einkommensteuerbescheid 1992 vom 08.10.1993). Im Einspruchsverfahren legte der Kläger eine weitere Spendenbescheinigung der Kirchengemeinde … vom 29.10.1993 vor, in der bestätigt wird, daß die Spende ausschließlich für kirchliche Zwecke Verwendung gefunden habe und darüber hinaus kulturellen Zwecken zugute gekommen sei, da die Kirche als bauliches Kulturgut unter Denkmalschutz stehe. Im Hinblick darauf begehrten die Kläger den erhöhten Abzugssatz vom 10 v. H. nach § 10 b Abs. 1 Satz 2 EStG für Zuwendungen, die vom Empfänger für besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke verwendet werden. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 25.11.1993 vertrat das Finanzamt unter Hinweis auf Abschnitt 113 Abs. 1 Einkommensteuerrichtlinien –EStR– und das dort angeführte BFH-Urteil vom 18.11.1966 VI R 167/66 (BStBl. III 1967, 365) die Auffassung, daß der erhöhte Abzugssatz nicht gelte, wenn eine kirchliche Körperschaft oder Einrichtung die Zuwendungen zur Förderung wissenschaftlicher oder als besonders förderungswürdig anerkannter kultureller Zwecke verwende. Maßgebend sei, daß kirchliche Institutionen aufgrund der ihnen zugeteilten Aufgaben kirchliche Zwecke, nicht aber wissenschaftliche oder kulturelle Zwecke verfolgten. Da die Kirchengemeinde … ihrer Natur nach kirchliche Zwecke verfolgt habe, sei die Spende von 25.000 DM als zur Erfüllung dieser Zwecke verwendet anzusehen, der kulturelle Nutzen trete demgegenüber zurück. Es verbleibe somit bei der Beschränkung des Spendenabzugs auf 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte.
Im Klageverfahren betonen die Kläger die ausschließliche und unmittelbare Verwendung der Spende zu kulturellen Zwecken. Die Kirche in … stehe nach der vorgelegten Bescheinigung der unteren Denkmalschutzbehörde unter Denkmalschutz. Sie erhalte diesen kulturellen Schutz des Staates nicht, weil sie in nicht absehbarer Zeit wieder kirchlichen Zwecken dienen könnte, sondern weil sie wegen der im Bescheid aufgeführten Gründe zum kulturellen Erbe gehöre. Wer aber den drohenden Verfall –die Kirche sei seit Jahren für den Gottesdienst nicht benutzbar– durch die Erneuerung der total zerstörten Kirchenfenster aufhalte und dafür die nötigen Mittel bereitstelle, leiste allein einen Beitrag zur Erhaltung kultureller Werte. Im Gegensatz dazu habe das angeführte Urteil des Bundesfinanzhofs einen Sachverhalt betroffen, in dem die angeschafften Gegenstände auch zur Vermittlung christlichen Gedankenguts hätten dienen können, weshalb die dort vom Gericht geäußerte Auffassung vertretbar erscheine, daß auch geförderte wissenschaftliche Zwecke hinter dem kirchlichen Zweck zu...