Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Minderung eines Veräußerungsgewinns durch Schenkungsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen angefallene Schenkungsteuer kann einen später erzielten Veräußerungsgewinn grundsätzlich nicht mindern.
- Durch die Schenkungsteuer soll ausschließlich der Vermögensvorteil, den der Beschenkte erlangt, der Besteuerung unterworfen werden. Sie steht daher nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Absicht, steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen.
- Die Schenkungsteuer ist auch kein abziehbarer Aufwand zur Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Geschenks. Denn sie ist keine Gegenleistung für das Geschenk, sondern Folge der unentgeltlich erlangten wirtschaftlichen Verfügungsmacht.
- Eine Doppelbelastung mit Schenkungs- und Einkommensteuer ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Besteuerungsgegenstände verfassungsrechtlich zulässig. Es besteht kein Verfassungsgrundsatz, dass alle Steuern aufeinander abgestimmt sein müssen.
- Das Schenkungs- und Einkommensteuerrecht ist gegenwärtig nicht in verfassungswidriger Weise so ausgestaltet, dass es typischerweise zu einer Steuerlast kommt, die so hoch ist, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt wird.
- Eine durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigierende, übermäßige Belastung mit Schenkungs- und Einkommensteuer ist lediglich in atypischen, extremen Einzelfällen denkbar (hier verneint).
Normenkette
EStG § 17 Abs. 2, § 35b
Tatbestand
Streitig ist, ob Schenkungsteuer, die beim Erwerb von GmbH-Anteilen angefallen ist, einen später erzielten Veräußerungsgewinn mindert.
Der alleinstehende Kläger erwarb 2003 von seinem Vater durch Schenkung unter Lebenden Geschäftsanteile an der (E-GmbH). Die Anschaffungskosten des Vaters für diese Anteile betrugen 511.292,88 €. Das Finanzamt Z ging von einem Erwerbswert in Höhe von 1.918.586,00 € aus und setzte gegenüber dem Kläger 381.228,58 € Schenkungsteuer fest.
2010 veräußerte der Kläger die durch Schenkung erworbene zehnprozentige Beteiligung am Stammkapital der E-GmbH für 3.607.268,00 €. Seine Anstellung als Geschäftsführer bei der E-GmbH gab er auf.
In der Einkommensteuererklärung für 2010 erklärte er unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 1.628.847,92 €. Bei der Gewinnermittlung zog er auch die beim Erwerb der Anteile angefallene Schenkungsteuer als Anschaffungskosten ab. Das beklagte Finanzamt veranlagte zunächst erklärungsgemäß.
Im Rahmen einer betriebsnahen Veranlagung erkannte der Prüfer die Schenkungsteuer nicht als Anschaffungskosten an und erhöhte den Veräußerungsgewinn auf 1.857.585,00 €. Das beklagte Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ am 07.09.2012 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Klage zu deren Begründung er im Wesentlichen vortrug:
Die Schenkungsteuer sei bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns den Anschaffungskosten hinzuzurechnen. Andernfalls sei im Extremfall eine Steuerlast von 78% denkbar:
|
|
Steuer |
Verkehrswert der verschenkten Anteile |
20.000.000 € |
|
Darauf entfallende ErbSt bei Klasse III |
|
10.000.000 € |
Verkaufspreis |
20.000.000 € |
|
Darauf entfallende Einkommensteuer |
|
5.600.000 € |
Summe |
|
15.600.000 € |
Der Kläger habe sich von den GmbH-Anteilen nicht aus Gründen der Vermögensmehrung getrennt. Vielmehr habe er die im langjährigen Familienbesitz befindlichen Anteile aus rein persönlichen Gründen verkauft, seine Geschäftsführertätigkeit im Unternehmen aufgegeben und sich beruflich neu orientiert. Unter Berücksichtigung dieser Umstände führe die Belastung mit Schenkungs- und Einkommensteuer zu einer Härtefallsituation. Die Hinzurechnung der Schenkungsteuer zu den Anschaffungskosten sei auch deshalb erforderlich.
Der Kläger hat beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 07.09.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.09.2015 abzuändern und die Einkommensteuer auf 793.818,00 € festzusetzen. Hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Schenkungsteuer sei nicht den Anschaffungskosten hinzuzurechnen, weil es sich um eine nicht abzugsfähige Personensteuer im Sinne des § 12 Nr. 3 EStG handle.
Die Belastung mit Schenkungs- und Einkommensteuer sei nicht verfassungswidrig. Insbesondere führe sie nicht zu einer übermäßigen Steuerbelastung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Gericht vorgelegten Finanzamtsakten und die Finanzgerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der angesetzte Veräußerungsgewinn ist rechtmäßig. Die Belastung mit Schenkungs- und Einkommensteuer ist nicht verfassungswidrig. Ob eine Härtefallsituation besteht, die eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Abgabenordnung (AO) rechtfertigt, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
1. Der angesetzte Veräußerungsge...