Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Vorrang der betrieblichen Schuldentilgung bei Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zinsen als Sonderbetriebsausgaben und Einkünfte aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an einer Personengesellschaft sind im gesonderten Feststellungsverfahren zu erfassen.
2. Auch bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gilt der Grundsatz des Vorrangs der betrieblichen vor der privaten Schuldentilgung. Dabei ist bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht auf den erzielten Veräußerungsgewinn, sondern auf die Verwertbarkeit des Aktivvermögens abzustellen (vgl. BFH-Rspr.).
3. Schuldzinsen sind als Werbungskosten nur aufgrund eines unmittelbaren Veranlassungszusammenhangs abziehbar. Ein nur mittelbarer, entfernter Zusammenhang genügt im Allgemeinen nicht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 2; AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt zu Recht den Abzug von Zinsen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten für ein Darlehen verwehrt hat, das der Kläger für die Finanzierung der Anschaffung einer Beteiligung an einer Rechtsanwaltskanzlei aufgenommen hatte.
Die Kläger sind Eheleute und wählten für die Streitjahre die Zusammenveranlagung. Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig.
Der Kläger beteiligte sich im Jahr 1993 zu 50 % an der Anwaltskanzlei Z. Zur Finanzierung der Beteiligung nahm er Darlehen zu einem Nennbetrag in Höhe von insgesamt 825.263,16 DM auf, so das Darlehen vom 17.08.1994 mit einem Nettokreditbetrag von 480.000 DM als Festdarlehen mit dem Rückzahlungstermin 01.09.2009 und das Darlehen vom 27.12.1994 mit einem Betrag von 320.000 DM mit dem Rückzahlungstermin 31.12.2009. Die Darlehen dienten aufgrund besonderer Vereinbarung ausschließlich zur Zahlung des Kaufpreises für den Erwerb des 50 %igen Anteils an der Kanzlei Z durch den Kläger. Die Darlehen waren festverzinslich aber tilgungsfrei und sollten erst im Jahre 2009 durch eine Lebensversicherung zurückgezahlt werden. Als Sicherheit diente das im gemeinsamen Eigentum der Kläger stehende Grundstück B, durch eine Grundschuld in Höhe von 280.500 DM.
Die für die Darlehen angefallenen Schuldzinsen wurden im Rahmen der Gewinnermittlung der Anwalts GbR als Sonderbetriebsausgaben des Klägers berücksichtigt. Die Anwalts GbR bestand bis zum 31.12.1994.
Zum 01.01.1995 brachten die Gesellschafter ihre Anteile in die M Rechtsanwalts GbR ein. Der Kläger wurde Gesellschafter dieser GbR. Die jährlich gleichbleibend angefallenen Schuldzinsen auf die vom Kläger aufgenommenen Darlehen wurden weiterhin als Sonderbetriebsausgaben des Klägers anerkannt.
Die Gesellschafter der M – Rechtsanwalts GbR, so auch der Kläger, übertrugen ihre Geschäftsanteile mit Wirkung zum 01.01.2002 auf die V GmbH. Aufgrund einer Vereinbarung vom 21.09.2001 (Eckpunkte-Vertrag) war geregelt, dass die Anteile an der M – Rechtsanwalts GbR an die V GmbH veräußert und auf diese übertragen wurden. Im Gegenzug hatten die Gesellschafter einen Zahlungsanspruch jeweils in Höhe ihres Kapitalkontos zum Stande 31.12.2001 (vgl. Eckpunkte-Vertrag Tz. I.2.). Hiernach standen dem Kläger zunächst Abschlagszahlungen in Höhe von 80% der im Jahresabschluss der M – Rechtsanwalts GbR zum 31.12.2000 festgestellten Guthaben auf Kapitalkonten von 877.710 € zu, die ihm am 15.02.2002 in Höhe von 614.025,76 €, am 30.10.2002 in Höhe von 150.000 € und am 11.03.2004 in Höhe von 61.146,48 € ausbezahlt wurden. Die Bewertung und Veräußerung eines Mandantenstammes wurde nicht vorgenommen. Zur Sicherung von Mitspracherechten erwarb der Kläger an der V GmbH im Rahmen eines Treuhandverhältnisses einen GmbH-Anteil von 500 DM. Für seine Tätigkeit in der V GmbH erhielt der Kläger ab 01.01.2002 Vergütungen aus nichtselbständiger Arbeit.
Aufgrund gesetzlicher Vorgaben für Wirtschaftsprüfung und anwaltliche Beratung wurden die wechselseitigen Beziehungen bei der V GmbH entflochten. Hierzu wurde mit Wirkung zum 01.01.2004 die T Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gegründet. Neben weiteren Geschäftsführern wurde auch der Kläger als Geschäftsführer dieser Gesellschaft bestellt und führte die Geschäfte in der Zweigstelle. Alleiniger Gesellschafter dieser Rechtsanwalts GmbH war die T GbR, an der der Kläger mit einer Einlage von 50.000 € beteiligt war. Der Kläger verpflichtete sich dabei, seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt ausschließlich aufgrund eines Dienstvertrages mit der T Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH auszuüben. Nach den Restrukturierungsmaßnahmen war die V GmbH nicht mehr an der T Rechtsanwaltsgesellschaft mbH bzw. an deren Gesellschafter beteiligt.
In ihren Einkommensteuererklärungen, für 2002 eingereicht am 14.06.2004, für 2003 eingereicht am 07.02.2005 und für 2004 eingereicht am 15.02.2006, machten die Kläger jeweils bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers die für die Darlehen angefallenen Schuldzinsen als weitere Werbungskosten geltend, und zwar jährlich für 2002, für 2003 und für 2004 in Höhe ...