Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für ein Disagio als Werbungskosten bei sog. Tilgungsstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen für ein Disagio sind erst im Zeitpunkt der Tilgung des Zusatzdarlehens als Werbungskosten abziehbar, wenn nach der vertraglichen Gestaltung wirtschaftlich von einer Stundung des Disagios auszugehen ist.

 

Normenkette

EStG §§ 11, 11 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein sofort als Werbungskosten abziehbares Damnum oder eine sogenannte Tilgungsstreckung vorliegt, bei der nur die zur Tilgung des Zusatzdarlehens geleisteten Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Die Kläger sind Ehegatten und zu je 50 % an verschiedenen Grundstücken beteiligt, die sie vermieten. Im Anschluss an eine 1998 durchgeführte Betriebsprüfung sah der Prüfer und ihm folgend das beklagte Finanzamt Aufwendungen für Disagio in Höhe von 920.000 DM im Jahr 1993 und von 645.000 DM im Jahr 1996 nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten an. Dazu traf der Prüfer (vgl. Anlage 2 zum Bp-Bericht vom 27.05.1998) folgende Feststellungen:

Die Kläger erwarben in den Jahren 1992 - 1995 verschiedene Grundstücke in A, B und C. Die Aufwendungen dafür wurden in voller Höhe durch Darlehen bei der Sparkasse D finanziert. Dabei handelte es sich um sogenannte „Festdarlehen“, die in einer Summe an einem bestimmten Fälligkeitstag zurückzuzahlen sind. Eine laufende Tilgung wurde nicht vereinbart.

Im Einzelnen wurden folgende Darlehen in Anspruch genommen:

Objekt/Vertrag-Nr.

Nennbetrag

Disagio

Auszahlg.

Festzins/bis

Datum

DM

DM (%)

DM

%

a) A

636 094 872 v. 15.12.92

5.000.000

100.000 (2)

4.900.000

5,66/15.12.93

636 094 864 v. 15.12.92

4.200.000

84.000 (2)

4.116.000

5,66/15.12.93

9.200.000

b) B

636 105 272 v. 19.09.94

3.000.000

0

3.000.000

5,95/variabel

636 105 280 v. 19.09.94

2.450.000

0

2.450.000

5,95/variabel

5.450.000

c) C

636 111 213 v. 26.06.95

220.000

0

220.000

5,5/variabel

780.000

0

780.000

5,5/variabel

1.000.000

Nach Ablauf der Festzinsvereinbarung (A) bzw. in den Folgejahren wurden zwischen der Sparkasse D und den Klägern mittels Zusatzverträgen neue Zinskonditionen für alle vorher genannten Darlehen vereinbart. Für das Objekt in A wurde in dem Vertrag vom 23.12.93 ab 16.12.1993 bis 16.12.2003 ein jährlicher Zinssatz von 5,06 % vereinbart. Die Tilgung sollte bis zum 01.05.2005 erfolgen. Eine laufende Tilgung war nicht vereinbart. Für die Objekte B und C wurden in den Verträgen vom 07.02.1996 die Darlehen ab 31.01.1996 bis 30.01.2001 mit jährlich 2,95 % verzinst. Vereinbarungen über die Tilgung wurden in diesen Verträgen nicht getroffen, sind jedoch in den ursprünglichen Verträgen (30.10.2006) enthalten. Eine Kündigung der ursprünglichen Darlehensverträge erfolgte nicht, sondern eine Fortführung der bestehenden Altverträge mit geänderten Konditionen. Diese als „Nachtrag“ zum ursprünglichen Darlehensvertrag bezeichneten Verträge enthielten folgende Vereinbarung:

„Für das Darlehen ist ein Disagio in Höhe von DM ... (10 % des Darlehensrestbetrages) zu entrichten. Dieses wird dem Darlehenskonto belastet und ist sofort zur Zahlung fällig.“ Zum Teil (bezüglich der Objekte B und C) enthielten sie den Zusatz: „Das Disagio wird auf die obengenannte Zinsbindungsfrist verrechnet.“

Im Einzelnen wurden folgende Disagios vereinbart:

Objekt

Darl/Nennwert

Disagio/DM

fällig/Belastung

a) A

5.000.000

920.000,--

Dez. 1993

b) B

3.000.000

545.000,--

Febr. 1996

2.450.000

c) C

220.000

100.000,--

Febr. 1996

780.000

Die Disagio’s wurden zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt (1993 und 1996) durch die Aufnahme folgender Zusatz-Darlehen bei der Sparkasse D finanziert:

Objekt/Darl.Nr.

Nennbetrag

Festzins/bis

Rückzahlg.

Datum

DM

(%)

a) A

636 101 198/17.12.93

920.000,--

6,42/16.12.2003

16.12.2003

b) B

636 114 761/31.01.96

545.000,--

5,20/31.01.2001

31.01.2001

c) C

636 114 779/31.01.96

100.000,--

5,20/31.01.2001

31.01.2001

Eine laufende Tilgung wurde nicht vereinbart. Die Tilgung sollte zum 16.12.2003 bzgl. A und 31.01.2001 bzgl. B und C erfolgen.

Die Gutschriften der jeweiligen Darlehens-Valuta aus den Zusatz-Darlehen für die Disagios erfolgten auf Kontokorrentkonten der Sparkasse D (Wert 16.12.93 bezüglich A sowie 31.01.01 bezüglich B u. C). Zeitgleich, d.h. mit gleichem Wert, wurden die Disagios vom Kontokorrentkonto in der Höhe des jeweils fälligen Disagios wieder abgebucht.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass ein Abfluss der Disagio-Beträge i.S. des § 11 Abs. 2 EStG nicht erfolgt sei und änderte die Feststellungsbescheide für die Streitjahre unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit Bescheid vom 22.07.1998. Danach ergab sich für das Streitjahr 1993 ein Gewinn von 1.245.695 DM und für 1996 ein Verlust von 103.180 DM.

Die dagegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 30.11.1998, auf die im Einzelnen verwiesen wird, ist folgendes ausgeführt:

Ob ein Disagio i.S. des § 11 Abs. 2 EStG abgeflossen sei, hänge nach der Rechtsprechung des BFH von den bürgerlich-rechtlichen Vereinbarungen der Beteiligten ab...

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