Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH III B 24/14)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Kosten für die Durchführung des Vorverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Verschulden i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG ist gegeben, wenn der Einspruchsführer seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen ist.

2. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht liegt vor, wenn der Kindergeldberechtigte seine aktuelle Anschrift und die der zu berücksichtigenden Kinder nicht mitteilt, denn diese sind für die verfahrensmäßige Abwicklung sowie zur Überprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld erforderlich.

 

Normenkette

EStG § 77

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung der Kosten für die Durchführung des Vorverfahrens.

Die Klägerin erhielt für ihre Kinder X (geboren xx.xx.1992), Y (geboren xx.xx.xxxx) und Z (geboren xx.xx.xxxx) fortlaufend Kindergeld. Als Wohnort hatte sie im letzten Kindergeldantrag, der bei der Familienkasse am 25.11.2011 eingereicht wurde, M angegeben. Dem ausgefüllten und unterschriebenen Antrag auf Kindergeld hatte die Klägerin den Schwerbehindertenausweis fürX vom 03.03.2011 mit dem Grad der Behinderung von 100 v.H. und den Merkzeichen G, aG und H beigefügt.

Ein Schreiben der Familienkasse an die angegebene Adresse der Klägerin vom 17.07.2012 wurde von der Post am 23.07.2012 mit dem Vermerk "Empfänger verzogen; Einwilligung zur Weitergabe der neuen Anschrift liegt nicht vor" zurückgesandt. Das Einwohnermeldeamt der Gemeinde M teilte mit Schreiben vom 08.08.2012 der Familienkasse auf Anfrage mit, dass die Klägerin am 06.07.2011 vom Amts wegen nach unbekannt abgemeldet worden sei.

Die Familienkasse hob daraufhin mit Bescheid vom 15.08.2012 die Festsetzung des Kindergeldes für die drei Kinder ab August 2011 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf und forderte das im Zeitraum von August 2011 bis August 2012 i.H.v. 7.254 € ausbezahlte Kindergeld zurück. Als Begründung wird im Bescheid angegeben, dass die Klägerin nach den vorliegenden Unterlagen ab August 2011 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der der Bundesrepublik Deutschland habe. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid wurde öffentlich zugestellt nach § 10 Verwaltungszustellungsgesetz.

Am 17.09.2012 ging bei der Familienkasse ein Schreiben der Klägerin ein, in dem sie als neue Adresse P, (bei "t") mitteilte und die Auszahlung von Kindergeld beantragte, da X eine Behinderung habe.

Die Familienkasse wertete dieses Schreiben als Einspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012.

Der Prozessbevollmächtigte zeigte sich als Bevollmächtigter im Verfahren gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012 an und führte aus, dass die Klägerin und ihre Kinder mit dem Zirkus nur innerhalb von Deutschland reisen würden. Ein Aufenthalt im Ausland sei zu keinem Zeitpunkt begründet worden.

Mit Bescheid vom 12.12.2012 hob die Familienkasse den angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012 auf.

Diese stellte jedoch fest, dass die im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen nach § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht zu erstatten sind. Die für die Entscheidung notwendigen Unterlagen seien erst während des Einspruchsverfahrens eingereicht worden. Bei Vorlage der Unterlagen vor Erteilung des Bescheids wäre dem Antrag entsprochen worden. Es hätte dann keine Veranlassung bestanden, Einspruch einzulegen.

Der Prozessbevollmächtigte legte gegen den Bescheid vom 12.12.2012, soweit die notwendigen Rechtsanwaltskosten nicht erstattet werden, Einspruch ein.

Er begründete diesen damit, dass die Klägerin Analphabetin sei. Sie sei deshalb nicht in der Lage, schriftliche Anfragen beantworten zu können. Auch sei der Familienkasse bekannt gewesen, dass die Klägerin mit einem Zirkus innerhalb der Bundesrepublik Deutschland umherreise. Für die Annahme von Auslandsaufenthalten habe zu keinem Zeitpunkt irgendein Anhaltspunkt vorgelegen. Deshalb sei es nicht nachvollziehbar, dass die angefochtene und mittlerweile aufgehobene Entscheidung durch irgendein Fehlverhalten der Klägerin verursacht worden sein solle. Vielmehr habe Veranlassung bestanden, Einspruch gegen den Bescheid einzulegen.

Das Einspruchsverfahren gegen die Kostenentscheidung verlief ohne Erfolg.

Mit der Klage beantragt der Prozessbevollmächtigte sinngemäß, den Kostenbescheid vom 12.12.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2013 aufzuheben und die zu verpflichten, im Rahmen der Kostenentscheidung die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 77 Abs. 3 Satz 2 EStG und die der Klägerin im Vorverfahren bei der Erstreitung des Kindergeldes entstandene Gebühren und Auslagen als erstattungsfähig festzusetzen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe der Familienkasse unwidersprochen den Unfall von X vom xx.xx.xxxx mitgeteilt. Vor diesem Hintergrund war aufgrund der Behandlung von X klar, dass sich die Familie der Klägerin mit ihren Kindern tatsächlich in Deutschland und damit im Inl...

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