Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1982 und 1983
Nachgehend
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide 1982 und 1983 vom 30.05.1988 und vom 10.08.1989 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 05.04.1990 werden aufgehoben. Das Finanzamt wird verpflichtet, die Klägerin für 1982 und 1983 getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben das Finanzamt und der Beigeladene jeweils zur Hälfte zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Beschluß
1. Der Streitwert wird auf 12.000 DM festgesetzt.
2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin im Rahmen eines Verlustrücktrags nach § 10 d EStG berechtigt ist, das Veranlagungs-Wahlrecht eines Ehegatten erneut auszuüben mit der Folge, daß für die Streitjahre getrennte Veranlagungen durchzuführen sind.
Die Klägerin ist seit 1986 vom Beigeladenen geschieden. Sie ist seit 29.12.1989 wieder verheiratet. In den Streitjahren bezog die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Außerdem war sie seit 1979 Gesellschafterin der Firma … GmbH in … mit einem Gesellschaftsanteil von 45 v. H.; der Beigeladene war mit 55 v. H. beteiligt. Mit Bürgschaftsvertrag vom 01.08.1983 übernahm die Klägerin die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Firma bis zum Betrag von 10 Mio. DM zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit der Volksbank … Mit Vertrag vom 20.07.1984 übertrug die Klägerin ihren Geschäftsanteil in Höhe von nominal 9.000 DM auf den Beigeladenen. Die Übertragung des Geschäftsanteils stand in sachlichem Zusammenhang mit der Auflösung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft zwischen den Ehegatten (Abschn. III des Vertrages).
Die … GmbH geriet in der Folgezeit in Zahlungsschwierigkeiten. Das Amtsgericht … lehnte mit Beschluß vom 08.02.1988 die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma ab.
Die Klägerin und der Beigeladene wurden vom Finanzamt für 1982 und 1983 antragsgemäß zur Einkommensteuer zusammenveranlagt (Einkommensteuerbescheid 1982 vom 12.12.1984: 55.578 DM; Einkommensteuer 1983 vom 23.08.1985: 78.498 DM). Am 30.05.1988 ergingen für 1982 und 1983 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geänderte Einkommensteuerbescheide. Die Einkommensteuer 1982 wurde nunmehr auf 69.786 DM, die Einkommensteuer 1983 auf 114.994 DM festgesetzt. Hiergegen legten die Klägerin und der Beigeladene Einspruch ein.
In der Einkommensteuererklärung 1987 erklärte die Klägerin zunächst einen gewerblichen Verlust nach § 17 EStG von 569.720 DM (Bl. 26/87 Einkommensteuerakte). Bei der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte das Finanzamt diesen Verlust nicht. Die Einkommensteuer 1987 wurde mit Bescheid vom 30.11.1988 auf 54.201 DM festgesetzt. Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin wegen drohender Inanspruchnahme aus der Bürgschaft und weiterer Inanspruchnahme durch die … bank die Berücksichtigung eines gewerblichen Verlustes von rund 1,1 Mio. DM. Hilfsweise stellte sie den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 1984 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977, weil der Verlust bereits in diesem Jahr entstanden sei. Gleichzeitig wurde für den Fall der Änderung Antrag auf getrennte Veranlagung für die Jahre 1982 bis 1984 gestellt.
Das Finanzamt änderte mit Bescheid vom 10.08.1989 den Einkommensteuerbescheid 1984 nach §§ 173 Abs. 1 Nr. 1 und 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977. In diesem Zusammenhang berücksichtigte es den Verlust nach § 17 EStG mit 1.048.571 DM. Antragsgemäß wurde eine getrennte Veranlagung nach § 26 a EStG durchgeführt und die Einkommensteuer für die Klägerin und für den Beigeladenen jeweils auf 0 DM festgesetzt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin betrug ./. 990.762 DM.
Das Finanzamt nahm gleichzeitig mit Einkommensteuerbescheiden vom 10.08.1989 den Verlustrücktrag nach § 10 d EStG von 1984 auf 1982 und 1983 vor. Die Einkommensteuer 1982 und 1983 wurde jeweils auf 0 DM festgesetzt (Zusammenveranlagung). Dem Antrag der Klägerin, auch für 1982 und 1983 eine getrennte Veranlagung durchzuführen, wurde nicht entsprochen.
Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin, eine getrennte Veranlagung durchzuführen; der Beigeladene begehrte, an der Zusammenveranlagung für 1982 und 1983 festzuhalten.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin hat Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren, das Finanzamt zur Durchführung einer getrennten Veranlagung zu verpflichten, weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Eine Verweigerung der getrennten Veranlagung stelle einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben dar. Zum Verlustabzug sei der Steuerpflichtige berechtigt, dem der Verlust im Entstehungsjahr zuzurechnen sei. Dies sei allein die Klägerin. Eine Einschränkung des Wahlrechts auf einen Änderungsrahmen (Korrekturspielraum) sei aus der vom Finanzamt zitierten BFH-Rechtsprechung nicht erkennbar.
Der Antrag der...