Revision eingelegt (BFH I R 15/22)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkungen für die Besteuerung nach § 2a EStG aus einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 2a Abs. 3 EStG i.d.F. vom 16.04.1997 i.V.m. Artikel 7 und Artikel 24 Abs. 3a DBA Italien 1989 können unter weiteren Voraussetzungen Verluste aus gewerblicher Tätigkeit aus einer in der EU belegenen Betriebsstätte auf Antrag bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden. Soweit diese Beträge nicht nach den Sätzen 3 und 4 des § 2a Abs. 3 EStG wieder hinzugerechnet wurden, sind sie gesondert festzustellen. § 10d Abs. 3 [nunmehr Abs. 4] EStG gilt entsprechend.
2. a) Im Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung werden Art, Herkunft, Umfang und zeitliche Zuordnung der Verluste geklärt und abschließend entschieden.
b) Im nachfolgenden Verfahren zur Körperschaftsteuer kommt es dann darauf an, ob die Körperschaft die Möglichkeit des § 2a Abs. 3 EStG 1997 ergreifen kann und ergreift, d. h. ob sie einen Antrag auf Abzug der Verluste stellt bzw. andere Betriebsstätten in diesem Staat mit positiven Einkünften unterhält, die zu einer Saldierung führen würden. Werden die Verluste sodann vom Gesamtbetrag der Einkünfte bei der Körperschaft abgezogen, so sind diese Beträge entsprechend der Regelung des § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen.
c) Wird die Betriebsstätte auf einen anderen übertragen und kann somit der Nachversteuerungstatbestand des § 2a Abs. 4 EStG erfüllt sein, so hat darüber das Veranlagungsfinanzamt der Körperschaft zu entscheiden, da die Prüfung der unionsrechtlichen Vorgaben der Hinzurechnung nur in dem Verfahren erfolgen kann, in dem die Norm - hier also § 2a Abs. 4 EStG - zur Anwendung kommt.
Normenkette
EStG § 2a Abs. 3-4, § 10d Abs. 4; DBA ITA Art. 24 Abs. 3a
Tatbestand
Streitig ist, ob ausländische Betriebsstättenverluste, die in den Jahren 1996 bis 1998 im Ergebnis die inländischen Einkünfte der Klägerin gemindert haben, im Jahr 1999 den Einkünften hinzuzurechnen sind. Verfahrensrechtlich ist zu entscheiden, ob die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1999 noch geändert werden konnte.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Herstellung von Produkten.
Die Klägerin war an der A KG zu 40% als Kommanditistin beteiligt. Die B KG hielt den anderen Kommanditanteil von 60%. Die Funktion der Komplementärin ohne eigenen Geschäftsanteil nahm die A GmbH wahr.
Die A KG war im Inland ansässig, besaß aber in der EU eine Betriebsstätte.
In den Jahren 1996 bis 1998 erzielte die A KG u.a. mit ihrer EU-Betriebsstätte Verluste aus Gewerbebetrieb.
Mit notariellem Vertrag vom 08.03.1999 übertrug die Klägerin ihren Kommanditanteil an der A KG auf die B KG mit schuldrechtlicher Wirkung zum 01.01.1999 (0:00 Uhr). Gemäß Punkt III dieser Vertragsurkunde zahlte die Klägerin der Käuferin wegen zu erwartender Verluste für die Übernahme einen als Entschädigung bezeichneten Betrag von 2.500.000 DM. Von diesem Betrag ordneten die Vertragsparteien 1.470.500 DM der EU-Betriebsstätte zu.
1. Vorjahre 1996 bis 1998
Für die dem Streitjahr vorausgegangenen Jahre 1996 bis 1998 stellte die Klägerin weder in ihrer Steuererklärung noch durch sonstigen Schriftverkehr ausdrücklich einen Antrag auf Berücksichtigung von ausländischen Verlusten nach § 2a Abs. 3 EStG i.d.F. vom 16.04.1997. Sie wurde für die Jahre 1996 bis 1998 erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Die festgesetzte Körperschaftsteuer betrug 0 DM; der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer wurde im Millionenbereich festgestellt.
Zu den Vorgängen § 2a EStG tangierend ergibt sich aus den Steuerakten der Klägerin:
a) 1996
Am 09.12.1999 teilte das für die A KG zuständige Finanzamt 1 dem beklagten Finanzamt mit einer ESt4B-Mitteilung u.a. mit, dass "durch Feststellung der Betriebsprüfung lt. Bericht vom 22.10.1999" der Anteil an "nach§ 2a Abs. 3 EStG berücksichtigungsfähige Verlust 3.372.260 DM" betrage. Die nächstfolgenden Änderungsbescheide bei der Klägerin vom 21.12.2000 stützten sich auf die Änderungsvorschrift § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, beließen das festgestellte zu versteuernde Einkommen auf -3.397.286 DM und erhöhten den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1996 um 26.041.084 DM auf xx DM.
b) 1997
Keine Vorgänge in der Steuerakte der Klägerin.
c) 1998
Am 05.10.1999 teilte das Finanzamt 1 dem beklagten Finanzamt mit einer ESt4B-Mitteilung u.a. mit, dass für die Veranlagung 1998 der Anteil an den laufenden Einkünften -3.771.817 DM und der Anteil an "ausl. Eink. § 2a EStG 4.842.381 DM Staat EU" betrage. Die chronologisch folgenden Änderungsbescheide bei der Klägerin vom 21.12.2000 stützten sich auf die Änderungsvorschrift § 164 Abs. 2 AO, beließen das festgestellte zu versteuernde Einkommen auf -26.171.993 DM und erhöhten den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1998 um ...