Entscheidungsstichwort (Thema)
Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe in Bayern
Leitsatz (amtlich)
Die Regelungen zur Festsetzung und Erhebung eines besonderen Kirchgelds in Bayern sind rechtmäßig zustande gekommen und verstoßen nicht gegen das Verfassungsrecht.
Normenkette
BayKirchStG (i.d.F. vom 24.12.2001) Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 Art. 22 S. 1; KirchStErhebG § 6; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1-2, Art. 6
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Bescheid des Evang.-Luth. Kirchensteueramtes über besonderes Kirchgeld 2005 rechtmäßig ist.
Der Kläger, von Beruf Rentner, war im Streitjahr Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern; seine Ehefrau, tätig als selbständige Steuerbevollmächtigte, gehörte keiner Kirche an (sog. glaubensverschiedene Ehe).
Der Kläger und seine Ehefrau wurden für 2005 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (festgesetzte Einkommensteuer 51.002 €). Der Kläger hatte eigene Einkünfte in Höhe von 10.144 €; seine Ehefrau erzielte Einkünfte von 162.522 €. Auf der Grundlage des von den Eheleuten gemeinsam zu versteuernden Einkommens von 159.207 € setzte das Kirchensteueramt mit Bescheid vom 07.02.2007 gegenüber dem Kläger evangelische Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgeldes in Höhe von 1.560,00 € fest.
Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung des Kirchensteueramtes vom 12.12.2007 zurückgewiesen. Auf die Entscheidung der Behörde wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 10.01.2008 hat der Prozessbevollmächtigte namens des Klägers bei Gericht Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:
Der angegriffene Bescheid über besonderes Kirchgeld verstoße gegen elementares Verfassungsrecht, insbesondere Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 4 Abs. 1 sowie Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG-. Auch wenn nicht verkannt werde, dass das Kirchensteueramt als öffentlich-rechtliche Körperschaft von den Angehörigen dieser Körperschaft Abgaben erheben dürfe, so wende sich der Antragsteller vorliegend doch gegen den Berechnungsmodus bzw. die Bemessung des besonderen Kirchgelds.
Ohne Berücksichtigung des größeren Einkommens des Ehegatten wäre für den Kläger auf der Grundlage seines eigenen Einkommens kein besonderes Kirchgeld angefallen. Im Rahmen des Grundrechts auf Ehe und Familie (Art. 6 GG) habe ein Ehegatte aber auch das Recht, sich mit jemandem zu verheiraten, der keiner Glaubensgemeinschaft angehöre. Die Bezugnahme auf das Einkommen des nicht der Religions- oder Glaubensgemeinschaft des Klägers angehörenden Ehegatten verstoße darüber hinaus auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, hier in Form des Art. 3 Abs. 3 GG. Nach dieser Vorschrift dürfe niemand wegen seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt werden. Hier liege aber eine Benachteiligung allein wegen des Glaubens des Ehegatten vor.
Die Hinzuziehung der Einkünfte des Ehegatten, der sich nicht in einer Kirche oder Religionsgemeinschaft befinde, verstoße gegen den Grundsatz der Glaubensfreiheit (Art. 4 GG). Die Tatsache, dass sich ein Ehegatte entschieden habe, aus einer Kirche oder Religionsgemeinschaft auszutreten, werde als Grundlage für die Berechnung des besonderen Kirchgeldes herangezogen. Es handele sich daher um eine Strafsteuer oder "Heidensteuer", die nur darauf abziele, Personen zu benachteiligen, die sich nicht in einer Glaubens- oder Weltanschauungsgemeinschaft befänden oder solche geheiratet hätten. Dies sei ein immanenter Verstoß gegen das Verständnis der Freiheitsgrundrechte in der Bundesrepublik Deutschland. Die Freiheit, sich gegen einen Glauben zu entscheiden, werde durch eine erhebliche Abgabenbelastung zu Lasten des anderen Ehegatten, der sich noch in der Glaubens- oder Religionsgemeinschaft befinde, kompensiert.
Das grundsätzlich anerkannte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i.V.m. Art 137 Abs. 6 der Weimarer Reichsverfassung -WRV- ende dort, wo die Kirche selbst ihre Schranken habe, nämlich bei Personen, die der Kirche nicht angehörten, und bei Personen, die sich aufgrund der freiheitlich gewährten Grundrechte entschieden hätten, jemanden zu heiraten, der andersgläubig sei. Nach dem Kirchensteuererhebungsgesetz liege der alleinige Grund für die Erhebung des besonderen Kirchgeldes in der Entscheidung des Kirchenmitglieds begründet, einen Nichtkirchenangehörigen zu heiraten.
Der Kläger hat ausdrücklich einer Aussetzung bzw. einem Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die beim Bundesverfassungsgericht -BVerfG- in Sachen besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen (erneut) anhängige Verfassungsbeschwerde 2 BvR 591/06 widersprochen. Er wolle sich vielmehr dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anschließen.
Der Kläger beantragt , den Bescheid über besonderes Kirchgeld 2005 ...