Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschiedliche Behandlung von Flug- und Bahnkosten als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
Es ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden, wenn bei Benutzung von Flugzeugen im Rahmen von Familienheimfahrten bei einer doppelten Haushaltsführung die tatsächlichen Flugkosten und bei Benutzung der Bahn Aufwendungen in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Sätze 1, 3-6, Nr. 4 S. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Heimflüge im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in Höhe der Entfernungspauschale angesetzt werden können.
Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen veranlagt werden und im Streitjahr 2002 in A. wohnten. Der Kläger ist Diakon, die Klägerin Syndikus-Anwältin der D. AG in B.. Die Klägerin hat seit 01.02.2001 eine weitere Wohnung in B., C.-Str. 47.
In der Einkommensteuererklärung für 2002 machte die Klägerin u.a. Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung in Höhe von 4.052 € (Miete, Nebenkosten, Telefon, Absetzung für Abnutzung -AfA- Einrichtungsgegenstände, Haushaltswaren) und Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zunächst wie folgt geltend:
1. Wege zwischen der Wohnung C.-Str. 47, B. und der Arbeitsstätte E.-Str. 193, B. |
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kürzeste Straßenverbindung: 12 km |
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180 Tage x 10 km x 0,36 € = |
648,00 € |
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180 Tage x 2 km x 0,40 € = |
144,00 € |
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792,00 € |
792,00 € |
2. Wege zwischen der Wohnung F.-Platz 7, A. und der Arbeitsstätte E. -Str. 193, B. |
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kürzeste Straßenverbindung: 680 km |
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a) 9 Tage mit dem eigenen Pkw |
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9 x 10 km x 0,36 € = |
32,40 € |
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9 x 670 km x 0,40 € = |
2.412,00 € |
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b) 35 Tage mit Flügen |
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Flugkosten |
2.602,01 € |
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Wege zum Flughafen Xxx |
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kürzeste Straßenverbindung 30 km |
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35 Tage x 10 km x 0,36 € = |
126,00 € |
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35 Tage x 20 km x 0,40 € = |
280,00 € |
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5.452,41 € |
5.452,41 € |
Kosten insgesamt (gerundet) |
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6.245,00 € |
Später wurden für die Familienheimfahrten Werbungskosten wie folgt beansprucht:
Wege zwischen der Wohnung F.-Platz 7, A. und der Arbeitsstätte E.-Str. 193, B. |
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Kürzeste Straßenverbindung: 680 km |
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44 Tage x 10 km x 0,36 € = |
158,40 € |
44 Tage x 670 km x 0,40 € = |
11.792,00 € |
Werbungskosten für Familienheimreisen |
11.950,40 € |
Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 27.01.2004 als Werbungskosten der Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. die erklärten Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung in Höhe von 4.052 € und Aufwendungen für die Wege zwischen der Wohnung in B. und der Arbeitsstätte sowie für die Heimreise von B. nach A. in der ursprünglich geltend gemachten Höhe von 6.245 €. Die Einkommensteuer wurde nach der Splittingtabelle auf 20.636 € festgesetzt.
Der Einspruch, mit dem die Kläger den Ansatz der Entfernungspauschale für die Wegstrecke zwischen A. und B. begehrten, blieb ohne Erfolg; insoweit wird auf die Einspruchsentscheidung vom 17.01.2005 verwiesen.
Die Kläger haben Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Entfernungspauschale sei auch für die Flugstrecke anzusetzen. Es sei davon auszugehen, dass in der Mehrzahl der Fälle die Flugkosten die Entfernungspauschale überstiegen. Seien allerdings -wie im Streitfall- die tatsächlich angefallenen Flugkosten geringer als die Entfernungspauschale, enthalte § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG eine Schlechterstellung und sei insofern nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz -GG- vereinbar. Werde die gleiche Strecke beispielsweise mit der Bahn zurückgelegt, sei unstreitig die Entfernungspauschale anzusetzen. Es liege kein sachlicher Grund vor, vergleichbare Sachverhalte -günstiges Bahnticket bzw. günstiges Flugticket- ungleich zu behandeln. Auf die tatsächlich entstandenen Aufwendungen komme es nicht an.
Da die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung erfüllt seien, mache sie -die Klägerin- von ihrem Wahlrecht Gebrauch und begehre daher den Ansatz der Werbungskosten für die zurückgelegten Wegstrecken zwischen A. und B. mit den für Familienheimfahrten maßgebenden Entfernungspauschalen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in Höhe von 0,40 € pro Entfernungskilometer.
Die Strecke zwischen B. und A. habe nach dem Tacho ihres Fahrzeugs 680 km betragen. Wegen der ständigen Staugefahr habe sie stets den Weg über die Autobahn A...., Kreuz Xxx, A...., Kreuz Xxx-Ost und sodann über die A.... gewählt. Diese Wegstrecke sei zwar etwas länger, aber eindeutig die schnellste Strecke. Anzusetzen sei nach dem Routenplaner Falk die Strecke mit 639,4 km.
Für die ansonsten gefahrenen Strecken wiesen die einzelnen Routenplaner und der Tacho des benutzten Kraftfahrzeugs die Entfernungskilometer wie folgt aus:
1. Wohnung C.-Str. 47, B. - Arbeitsstätte E. -Str. 193, B. |
a) Michelin |
10 km |
b) Map24 |
7,57 km |
c) Klicktel |
9,01 km |
d) Fahrtstrecke lt. Tacho |
12 km |