Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.08.2000; Aktenzeichen VI R 32/98)

 

Tenor

1. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11.04.1997 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22.05.1997 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob § 32 Abs. 4 Satz 6 Einkommensteuergesetz –EStG– in der für das Streitjahr 1996 geltenden Fassung auch die Fälle umfaßt, in denen das Kind im Laufe des Kalenderjahres volljährig wird, und ob gegebenenfalls bei Überschreiten des ermäßigten Grenzbetrages das Kindergeld entfällt, obwohl die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG vorliegen.

Die Klägerin ist geschieden. Zu ihrem Haushalt gehört u. a. der am 12.02.1978 geborene Sohn … der vom 01.09.1994 bis 31.08.1997 eine Berufsausbildung als Steuerfachgehilfe absolviert hat. Seine monatliche Ausbildungsvergütung betrug für die Monate Januar bis August 1996 1.056 DM brutto und ab September 1996 1.117 DM brutto; daneben bezog er im Juni 1996 Urlaubsgeld in Höhe von 528 DM und im November 1996 Weihnachtsgeld in Höhe von 538,17 DM. Für … sind für 1996 höhere Werbungskosten als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM nicht nachgewiesen worden.

Mit Bescheid vom 15.02.1996 setzte die Familienkasse des Arbeitsamtes für … das Kindergeld für die Zeit ab März 1996 in Höhe von monatlich 200 DM im Hinblick auf die noch nicht bekannten Einkünfte und Bezüge des Kindes gemäß § 165 AO vorläufig fest. Am 11.04.1997 erging ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, in dem aufgrund von eigenen Einkünften des Kindes für die Zeit von März bis Dezember 1996 in Höhe von 10.172 DM die vorläufige Festsetzung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO aufgehoben, das Kindergeld ab März 1996 auf 0 DM festgesetzt und das gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 2.000 DM als rechtsgrundlos gezahlt zurückgefordert wurde. Die auf die Zeit ab März 1996 entfallenden Einkünfte berechnete das Arbeitsamt wie folgt:

Gesamteinnahmen 1996

13.982,17 DM

Einnahmen März-Dezember 1996 (6 × 1.056 DM, 4 × 1.117 DM, Urlaubsgeld 528 DM, Weihnachtsgeld 538,17 DM)

1.870,17 DM

./. Arbeitnehmer-Pauschbetrag Verteilung entsprechend dem Verhältnis der in der Zeit ab März 1996 erzielten Einnahmen zu den Gesamteinnahmen 1996 2.000 DM × 11.870,17/13.982,17

1.697,90 DM

Einkünfte, die auf die Zeit ab März 1996 entfallen

10.172,27 DM

anteiliger Höchstbetrag für März-Dezember 1996 (12.000 DM × 10/12)

10.000,00 DM.

Im Einspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 11.04.1997 errechnete die Klägerin die maßgebenden Eigenbezüge des Kindes … durch Ansatz der gesamten Arbeitnehmer-Pauschale von 2.000 DM für den Zeitraum März bis Dezember 1996 mit 9.692,48 DM und beantragte sinngemäß die Aufhebung des Bescheides. Die Beklagte erließ am 22.05.1997 eine Einspruchsentscheidung „wegen der Aufhebung der vorläufigen Festsetzung des Kindergeldes für das Kind … und Festsetzung der Leistung auf 0 DM ab März 1996” und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit ihrer gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage hatte die Klägerin zunächst beantragt, den Bescheid vom 11.04.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 22.05.1997 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung vom 19.02.1998 hat der Prozeßbevollmächtigte den Antrag dahingehend ergänzt, das Arbeitsamt zu verpflichten, für den Sohn … Kindergeld in Höhe von monatlich 200 DM für den Zeitraum März bis Dezember 1996 festzusetzen und für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Zur Begründung ist im wesentlichen folgendes ausgeführt worden:

Für den Sohn sei seit dem 01.01.1996 zu Recht Kindergeld gewährt worden. Denn er habe Einkünfte wie folgt bezogen:

Gesamteinnahmen

13.982,17 DM

./. Pauschale

2.000,00 DM

Einkünfte

11.982,17 DM

Die Einkünfte des Kindes hätten 1996 somit unter der Einkommensgrenze von 12.000 DM gelegen.

Auch bei einer Berechnung für 10 Monate seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld erfüllt. Sowohl das Urlaubs- als auch das Weihnachtsgeld stellten eine Vergütung dar, die als Ausgleich für die geleistete Arbeit des gesamten Kalenderjahres bezahlt würden. Deshalb sei insoweit eine zeitanteilige Kürzung der Bezüge geboten, zumal sonst die Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge des Kindes von reinen Zufälligkeiten wie dem Zeitpunkt der jeweiligen Sonderzahlung bzw. des Erreichens der Volljährigkeit abhängig wäre. Danach ergebe sich folgende Berechnung:

Ausbildungsentgelt für März-Dezember 1996 (6 × 1.056 DM, 4 × 1.117 DM)

10.804,00 DM

anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld (1.066,17 DM × 10/12)

888,48 DM

Einnahmen

11.692,48 DM

./. Pauschale (wie Arbeitsamt)

1.697,90 DM

Einkünfte im Zeitraum März bis Dezember 1996

9.994,58 DM

anteiliger Höchstbetrag

10.000,00 DM

Der Prozeßbevollmächtigte der beklagten Familienkasse beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich im wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er v...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge