Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassene Währungsumrechnung als ähnliche offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 129 AO

 

Leitsatz (amtlich)

Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Umstellung einer langjährig gültigen Währung für eine Übergangszeit fehlerträchtig ist und zu unbewusstem Vertun führt. Die in den Einkommensteuererklärungen und Bescheiden für 2001 und 2002 unterschiedlich anzugebenden Währungen bergen im Falle eines Vor- oder Rücktrages das Risiko des Unterbleibens der erforderlichen Währungsumrechnung in sich. Addiert der Sachbearbeiter der Finanzbehörde zu einem DM-Betrag einen Euro-Betrag ohne vorherige Währungsumrechnung, so ist dadurch eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 129 S. 1 AO gegeben.

 

Normenkette

AO § 129

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.08.2006; Aktenzeichen XI B 168/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Berichtigung eines Steuerbescheides nach § 129 AO gegeben sind.

Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. In der Einkommensteuererklärung 2001, in der die Besteuerungsgrundlagen in DM anzugeben waren, erklärten die Kläger die in 2001 gezahlte Kirchensteuer mit 56.052 DM und die in 2001 erstattete Kirchensteuer mit 2.590 DM. Das beklagte Finanzamt setzte daraufhin mit Bescheid vom 03.05.2002 gegenüber den Klägern für 2001 die Einkommensteuer auf 230.802,27 € und den Solidaritätszuschlag auf 12.692,55 fest. Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen vorläufig. Die Besteuerungsgrundlagen sind im Bescheid mit DM-Beträgen angegeben.

Mit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 19.11.2002 wurde die Einkommensteuer auf 231.472,06 und der Solidaritätszuschlag auf 12.729,39 erhöht. Die Steuerfestsetzung erfolgte aus dem vorgenannten Grund weiterhin vorläufig. Auch in diesem Bescheid sind die Besteuerungsgrundlagen in DM-Beträgen angegeben.

In der Einkommensteuererklärung 2002 wurde eine mit 10.169 € bezifferte Kirchensteuererstattung erklärt, der in 2002 keine Kirchensteuerzahlung gegenüberstand. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte deshalb im Bescheid vom 16.10.2003 für den Veranlagungszeitraum 2002 die Kirchensteuererstattung nicht und setzte für 2002 mit Bescheid vom 16.10.2003 die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag auf 0 fest. Im Bescheid sind die Besteuerungsgrundlagen - ebenso wie in der Einkommensteuererklärung 2002 - mit Euro-Beträgen angegeben. Die Aktenausfertigung des für 2002 ergangenen Bescheides vom 16.10.2003 enthält u. a. den Vermerk "Bescheid 2001 ändern, wegen KiSt".

Mit Bescheid vom 16.10.2003 wurde der Einkommensteuerbescheid 2001 - erneut - nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert mit der Begründung, dass ein Ausgleich der erstatteten Kirchensteuer mit gleichartigen Aufwendungen in 2002 nicht möglich sei und der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung in 2001 insoweit um die nachträgliche Erstattung zu mindern sei. Die Einkommensteuer 2001 wurde deshalb auf 234.018,29 € und der Solidaritätszuschlag auf 12.869,43 € festgesetzt, zusätzlich wurden Zinsen zur Einkommensteuer gemäß § 233 a AO auf 75 € festgesetzt. In diesem Bescheid ist die gezahlte Kirchensteuer mit 56.052 DM und die erstattete Kirchensteuer mit einem Betrag von 12.759 DM statt bisher 2.590 DM berücksichtigt.

Der gegen den für 2001 ergangenen Bescheid vom 16.10.2003 eingelegte Einspruch richtete sich gegen die Berücksichtigung der Kirchensteuererstattung i. H. v. "10.169 €" im Veranlagungszeitraum 2001 mit der Begründung, dass bei der Einkommensteuerveranlagung 2001 eine Kürzung der Kirchensteuer durch die Erstattung in 2002 nicht gegeben sei. Außerdem wurde die Zinsfestsetzung angefochten. Mit nicht bekanntgegebener Verfügung vom 08.01.2004 wurden die festgesetzten Zinsen i. H. v. 75 € erlassen und dem Einspruch insoweit im Ergebnis entsprochen. Der daraufhin ergangene, nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 07.01.2004 enthält eine unveränderte Festsetzung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags, jedoch keine Zinsfestsetzung mehr. Der Einspruch, der durch diesen Bescheid nicht vollständig erledigt worden ist, ruhte daraufhin wegen gerichtlicher Musterverfahren zu der Frage des "Rücktrags" von Sonderausgaben auf das entsprechende Entstehungsjahr. Nachdem der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 07.07.2004 XI R 10/04 (BStBl. II 2004, 1058) die Rechtsfrage im Sinne der Finanzverwaltung entschieden hatte, wurde der Einspruch mit am 31. Januar 2005 beim beklagten Finanzamt eingegangenen Schreiben zurückgenommen.

Mit Bescheid vom 24.02.2005 berichtigte das beklagte Finanzamt nach § 129 AO den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07.01.2004 und erhöhte die Einkommensteuer auf 236.426,48 € und den Solidaritätszuschlag auf 13.001,88 E. Außerdem wurden Zinsen zur Einkommensteuer i. H. v. 207 festgesetzt. Zur Erläuterung wird im Bescheid ausgeführt, dass ein Rechenfeh...

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