Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungsmöglichkeit des Finanzamts, wenn streitig ist, ob Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt wurden
Leitsatz (redaktionell)
Übersieht das Finanzamt bei der Veranlagung eine eingereichte Anlage V, so besteht die Änderungsmöglichkeit nach § 129 AO.
Reicht der Steuerpflichtige, nachdem in den Vorjahren jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt und veranlagt worden waren, für das Streitjahr keine Anlage V ein, obwohl weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt wurden, liegt eine Verletzung der Ermittlungspflicht des Finanzamts und eine Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen vor. Die Pflichtverstöße sind gleichwertig.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 129 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt einen Änderungsbescheid erlassen durfte.
Die Kläger sind Ehegatten, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. In der von ihnen am 20.02.2001 beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 war in Zeile 36 des Mantelbogens auf eine Anlage V für Vermietungseinkünfte durch ein Kreuz in dem entsprechenden Kästchen unter Angabe der Anzahl „1“ hingewiesen.
Das Finanzamt erließ am 26.04.2001 für die Kläger einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1999. Hierbei waren keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angesetzt.
Im Rahmen einer beim Kläger für die Jahre 1999 bis 2001 durchgeführten Betriebsprüfung stellte das Finanzamt fest, dass Vermietungseinkünfte des Klägers in Höhe von 16.220 DM für die Vermietung des Objekts in 1, 2 nicht erfasst waren (vgl. Betriebsprüfungsbericht vom 02.04.2004). Mit nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 01.07.2004 setzte das Finanzamt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 16.220 DM an. Zur Begründung wurde auf die durchgeführte Außenprüfung sowie darauf verwiesen, dass der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr weder eine Anlage V noch andere Belege zu den Vermietungseinkünften beigelegen hätten.
Das Einspruchsverfahren verlief ohne Erfolg.
Mit der Klage wird die Aufhebung des Einkommensteuerbescheids vom 01.07.2004 und der Einspruchsentscheidung dazu vom 24.08.2006 beantragt.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht eingreife, da die Einkommensteuererklärung 1999 mit dem Kreuz im Mantelbogen sowie eine Anlage V einschließlich einer individuellen Erläuterung und Belegen eingereicht worden sei und damit für das Finanzamt keine neue Tatsache vorliege. Die Nichterfassung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Einkommensteuerbescheid vom 26.04.2001 gehe zu Lasten der Finanzbehörde. Die Kläger treffe keine Pflicht, den vom Finanzamt erlassenen Steuerbescheid auf seine inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen oder die Nichtberücksichtigung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dem Finanzamt anzuzeigen. In jedem Falle würde die Pflichtverletzung des Finanzamts schwerer wiegen als eine eventuelle Pflichtverletzung der Kläger.
Der Änderungsbescheid könne auch nicht auf § 129 AO gestützt werden. Der ursprüngliche Bescheid vom 26.04.2001 enthalte weder einen Schreibfehler, noch einen Rechenfehler und er enthalte auch nicht eine „ähnliche offenbare Unrichtigkeit“. Die Angaben der Kläger in den Steuererklärungen seien zutreffend, inhaltlich richtig und vollständig gewesen. Die beim Erlass des Bescheides unterlaufene Unrichtigkeit sei alleine in der Sphäre des Finanzamts entstanden. Da das Finanzamt somit keine offenbare Unrichtigkeit der Angaben der Steuerpflichtigen, nämlich der Kläger, als eigene Angabe übernommen habe, komme eine Änderung nach § 129 AO nicht in Betracht. Zudem hätte sich dem Finanzamt aufgrund des Ansatzes von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Vorjahren und einer Abschreibungstabelle die Durchführung von Ermittlungen aufdrängen müssen.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass das Finanzamt zum Erlass des Änderungsbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt gewesen sei, denn bei den eingereichten Unterlagen hätten sich weder eine Anlage V noch sonstige diesbezügliche Belege befunden. Zu der bei der Ausfüllung einer Steuererklärung erforderlichen und einem Steuerpflichtigen auch zumutbaren Sorgfalt gehöre es, dass der Steuerpflichtige überprüfe, ob alle Anlagen aus der Entwurfsfassung vollständig und richtig beigelegt worden sind. Der im Steuerrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben verbiete es dem Finanzamt nur dann unter Berufung auf das nachträgliche Bekanntwerden steuererhöhender Tatsachen oder Beweismittel, eine Steuerfestsetzung zu ändern, wenn die Tatsachen dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wären, sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat. Wenn sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt es versäumt haben, den Sachverhalt aufzuklären, tr...