Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Steuerbescheides zuungunsten mit Zustimmung des Steuerpflichtigen
Leitsatz (redaktionell)
Ein bestandskräftiger Steuerbescheid kann ohne zeitliche Einschränkung zuungunsten des Steuerpflichtigen mit dessen Zustimmung geändert werden, um ihm die Möglichkeit der Wahl der Eigenheimzulage anstatt der Vergünstigung nach § 10e EStG zu geben.
Normenkette
AO § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a; EStG § 10e Abs. 6; EigZulG § 19 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob für den Ausbau des Dachgeschosses eines selbstgenutzten Anwesens Eigenheimzulage in Anspruch genommen werden kann.
Der Kläger ist mit seiner Ehefrau Miteigentümer des selbstgenutzten Anwesens Hauptstraße 24a in H., für das den Ehegatten bis Ende 1993 eine Steuerbegünstigung nach § 10e EStG gewährt wurde. Ab Ende des Jahres 1995 wurde das bisher ungenutzte Dachgeschoß für Wohnzwecke ausgebaut, der Ausbau wurde im Dezember 1998 bezugsfertig. Für den genehmigungspflichtigen Dachgeschossausbau wurde der Antrag auf Baugenehmigung ausweislich des Eingangsstempels der Gemeinde H. am 22. 12. 1995 eingereicht. Dem Bauantrag lag ein Schreiben des Klägers vom 22. 12. 1995 an die Gemeinde H. mit folgenden Inhalt bei:
„Wir möchten das erste Dachgeschoß unseres Einfamilienhauses in H., Ha.-Str. 24a ausbauen (Bad mit Klo und zwei weitere Kinderzimmer).
Anbei dazu unsere Bauanträge mit der Bitte um Genehmigung. Herrn W (Eigentümer des Flurstücks 31) wurden die Pläne vorgelegt. Er möchte jedoch nicht unterzeichnen, solange für ihn nicht zweifelsfrei feststeht, daß durch diese Baumaßnahmen die Bebaubarkeit seines Grundstücks nicht eingeschränkt wird.“
In den Einkommensteuererklärungen 1995 bis 1997 machte der Kläger für diesen Ausbau den Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG geltend. Die Einkommensteuerbescheide dieser Jahre, in denen das Finanzamt den beantragten Vorkostenabzug gewährte, wurden bestandskräftig, wobei die Veranlagung 1997 noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.
Am 20. 4. 1999 beantragte der Kläger die Festsetzung einer Eigenheimzulage ab dem Kalenderjahr 1998. Dies wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom ... mit der Begründung abgelehnt, daß ab 1995 bereits der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG in Anspruch genommen worden sei. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Gleichzeitig mit der Einspruchsentscheidung vom ... lehnte das Finanzamt einen Antrag des Klägers auf Änderung der Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO ab. Mit diesem Antrag hatte der Kläger begehrt, die Veranlagungen zu seinen Ungunsten (Wegfall des Vorkostenabzugs nach § 10e EStG) zu ändern, um so das Wahlrecht für die Beantragung einer Eigenheimzulage ab 1998 ausüben zu können. Auch der Einspruch gegen den ablehnenden Bescheid des Finanzamts hinsichtlich der beantragten Änderung blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt begründete seine Einspruchsentscheidung wie folgt: Da der Antrag auf Baugenehmigung bereits am 22. 12. 1995 gestellt worden sei und dies nach dem Eigenheimzulagengesetz mit dem Beginn der Herstellung gleichzusetzen sei, habe nach den maßgebenden Vorschriften ein Wahlrecht bestanden, für den Ausbau entweder die Förderung nach § 10e EStG oder nach dem Eigenheimzulagengesetz in Anspruch zu nehmen. Das Recht, einen Antrag auf Förderung nach dem Eigenheimzulagengesetz zu stellen, sei jedoch ausgeschlossen, wenn für das Förderobjekt ab dem Jahr 1995 - wie im Streitfall - der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG in Anspruch genommen worden sei. Die beantragte Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO könne nicht zur Rückgängigmachung der Inanspruchnahme des Vorkostenabzugs führen, weil diese Änderungsvorschrift als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Rechtswidrigkeit des Bescheides voraussetze und deshalb nicht anzuwenden sei, wenn wie hier die Bescheide rechtmäßig - den Anträgen des Klägers entsprechend - ergangen seien.
Der Kläger hat Klage erhoben und die Auffassung vertreten, für den Ausbau sei die Anwendbarkeit des Eigenheimzulagengesetzes deshalb gegeben, weil der Beginn der Herstellung erst im Jahre 1996 erfolgt sei. Der Bauantrag habe im Jahr 1995 nämlich nicht mit „Einreichungswillen“ den Bereich des Klägers verlassen, weil dieser den Antrag nur habe stellen wollen, wenn sich durch seinen anstehenden Urlaub eine Verzögerung ergeben hätte. Da dies nach Auskunft der Gemeinde nicht der Fall gewesen sei, habe ein Wille, den Antrag durch Einreichung der Unterlagen zu stellen, nicht vorgelegen. Jedenfalls habe der Kläger dadurch, daß er sämtliche Unterlagen wieder an sich genommen habe, den Bauantrag zurückgenommen. Dies sei deshalb erfolgt, weil die Auskunft des Sachbearbeiters der Gemeinde ergeben habe, daß durch den anstehenden Urlaub des Klägers eine Verzögerung nicht eintrete, wenn der Bauantrag erst im Januar 1996 abgegeben werde.
Für den Fall, daß man den Beginn der Herstellung und Antragstellung am 22. 12. 1995 bejahe, ergeb...