Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer bei einem gewerblich tätigen Konstrukteur
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein häusliches Arbeitszimmer bei einem gewerblich tätigen Konstrukteur den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet und der vollständige Abzug der daraufentfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben zulässig ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4 Nr. 6b S. 3 Hs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers unbegrenzt abzugsfähig sind (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 2. Halbs. EStG).
Der verheiratete Kläger wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Konstrukteur gewerblich tätig. Die Ehefrau erzielt als Buchhalterin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger meldete das Gewerbe „Konstruktionen in Stahl und Anlagenbau“ zum 1. 7. 1995 bei der Stadt ... an. Den Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 3 EStG. In der Gewinn- und Verlustrechnung 1998 setzte er u. a. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 3.748 DM sowie 157 DM für die Abschreibung eines Teppichs als Betriebsausgaben steuermindernd ab. Von der gesamten Wohnfläche von 116 qm entfallen 29 qm (25%) auf das Arbeitszimmer.
Für die Nutzung des Pkw führte der Kläger ein Fahrtenbuch. Danach legte er im Streitjahr 18.703 km zurück, davon entfielen 14.188 km (75,86%) auf betriebliche Fahrten und 4.515 km (24,14%) auf Privatfahrten.
Bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung 1998 ließ das Finanzamt die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nur bis zu einem Höchstbetrag von 2.400 DM zum Abzug zu. Mit Steuerbescheid vom 28. 4. 2000 wurde die Einkommensteuer 1998 auf 3.198 DM festgesetzt. Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 teilweise vorläufig.
Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
Der Kläger hat Klage erhoben und im wesentlichen vorgetragen:
Das häusliche Arbeitszimmer sei der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit. Ausschließlich zu Besprechungen und Aufmaßen sei er geschäftlich zu Baustellen unterwegs. Seine Konstruktionsarbeiten, für die er bezahlt werde, führe er an seinem PC in seinem Arbeitszimmer durch. Sein Büro sei im Erdgeschoss des Hauses eingerichtet. Die Montageorte seien häufig erheblich von seinem Büro entfernt, so dass sich unter Umständen eine hohe Kilometer-Fahrleistung ergeben könne. Im Streitjahr habe er Konstruktionspläne für Baustellen in ..., ..., ..., ..., ... und ... (Oberbayern) erstellt. Jeder größere Auftrag erfordere mehrere Wochen häusliche Arbeit am PC bzw. am Reißbrett in seinem Arbeitszimmer.
Im übrigen habe das Finanzgericht Nürnberg in der Entscheidung vom 7. 2. 2001 (Az. III 117/98) bei einemVertriebsingenieur das häusliche Arbeitszimmer als Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung anerkannt, obwohl auch dieser Steuerpflichtige - vor der häuslichen Problemlösung - zunächst bei Kunden ermittelt und verhandelt habe. Nicht anders verhalte es sich ihm, wenn er zur Vorbereitung seiner Konstruktionspläne u. a. die Baustellen aufzusuchen und hier vor allem die Aufmaßarbeiten durchzuführen habe.
Der Kläger hat beantragt, den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 28. 4. 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. 10. 2000 dahin abzuändern, dass die Aufwendungen für das Arbeitszimmer - ohne Beschränkung - in voller Höhe (3.905 DM) als Betriebsausgaben zum Abzug zugelassen werden.
Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt hat in der Streitsache - unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung - im wesentlichen folgendes ausgeführt.
Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer seien - über die Begrenzung von 2.400 DM hinaus - nicht abzugsfähig, da das Arbeitszimmer nichtden Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers darstelle. Die berufliche Tätigkeit des Klägers sei geprägt von Konstruktionsarbeiten, die im häuslichen Arbeitszimmer erbracht würdenund von Vertragsverhandlungen, Aufmaßarbeiten und Besprechungen, die außerhalb des Arbeitszimmers stattfänden. Diesen Arbeiten komme neben der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer sowohl zeitlich als auch qualitativ eine entscheidende Bedeutung zu. Das sei u. a. aus dem vorgelegten Fahrtenbuch des Klägers ersichtlich. Danach sei er monatlich durchschnittlich 12 Tage außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers beruflich tätig gewesen. Bei dieser Sachlage könne der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Klägers nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegen. Da das häusliche Arbeitszimmer im Streitfall nicht denalleinigen Mittelpunkt der Tätigkeit des Klägers im Sinne des Einkommensteuerrechts darstelle, sei die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer zutreffend auf 2.400 DM beschränkt worden.
Wegen der weiteren Äußerungen der Beteiligten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25. 7. 2001 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Abzug der vollständigen Aufwendung...