rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen der medizinischen Fußpflege sind, soweit sie ärztlich veranlasst sind, von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie von einem Steuerpflichtigen erbracht werden, der den erforderlichen Befähigungsnachweis besitzt

 

Leitsatz (amtlich)

Leistungen der medizinischen Fußpflege mit therapeutischem Ziel sind Heilbehandlungen bzw. Umsätze aus einer einem Heilberuf ähnlichen Tätigkeit.

Die einmal von der Krankenkasse erteilte Zulassung zur Behandlung von Kassenmitgliedern spricht für das Vorliegen einer ausreichenden Befähigung.

Die Gewährung der Steuerfreiheit nur für in einem Bundesland mit entsprechender berufsrechtlicher Regelung erbrachte medizinische Fußpflege, wie es A 90 Abs. 8 UStR 1996 vorsieht, ist mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar.

Unter dem Gesichtspunkt der Eigenständigkeit der Begriffe in gemeinschaftsrechtlichen Normen ist der Verweisung in § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1993 auf § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur erläuternde Bedeutung zuzumessen.

Die Aufzeichnungen nach § 22 UStG sind keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung; ihr Fehlen bewirkt keinen Besteuerungsnachteil.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14, § 22 Abs. 2 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Leistungen der Klägerin aus medizinischer Fußpflege von der Umsatzsteuer befreit sind und gegebenenfalls in welchem Umfang steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze vorliegen.

Die Klägerin meldete zum 19.11.1991 den Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit als medizinische Fußpflegerin an. Für diesen Beruf hatte sie sich 1977 in der Kneipp-Gesundheitsschule A. in einem vierwöchigen Lehrgang ausgebildet und die Schulung als ärztlich geprüfte medizinische Fußpflegerin abgeschlossen. Bei Fortbildungen im September 1992 erwarb sie ein Diplom für Nagelkorrektur und Nagelprothetik. Zum 01.11.1993 erhielt sie von der AOK die Zulassung zur Behandlung von Kassenmitgliedern aufgrund ärztlicher Verordnungen über Fußpflegeleistungen. Die Kassenzulassung wurde mit Schreiben vom 29.11.1994 gekündigt, weil mit Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 25.05.1994 die Leistungen der medizinischen Fußpflege als Heilmittel aus dem Leistungsrahmen der Krankenkassen gestrichen worden waren. Ab Oktober 2000 erhielt sie wieder von der AOK die Zusage der Kostenübernahme für ärztlich verordnete Fußpflegeleistungen. Die Kostenerstattung wurde ihr von der AOK erneut mit Schreiben vom 14.10.2002 für bereits bei ihr in Behandlung befindliche Patienten bestätigt, obwohl sie die Voraussetzungen zur Berufsbezeichnung als Podologe nach dem Podologengesetz vom 04.12.2001 (PodG) nicht erfüllte, mit der Begründung, dass zu diesem Zeitpunkt im Einzugsgebiet der AOK kein Fußpfleger die Voraussetzungen für eine Zulassung nachweisen könnte.

In der erstmals für das Jahr 1992 abgegebenen Umsatzsteuererklärung führte die Klägerin nur steuerpflichtige Umsätze auf. Sie stellte am 22.12.1993 bei dem beklagten Finanzamt einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage unter Bezugnahme auf § 4 Nr. 14 UStG i.V.m. Abschnitt 90 Abs. 7 UStR 1992, ob und inwieweit die Umsätze aus der Tätigkeit als medizinische Fußpflegerin der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien, den sie allerdings nur mit allgemeinen Ausführungen begründete und schließlich nicht weiter verfolgte. Vielmehr gab sie in den Umsatzsteuererklärungen der Folgejahre und in den Streitjahren nur umsatzsteuerpflichtige Leistungen an und erklärte insoweit Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit.

Die Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre, die aufgrund der Zustimmung des Finanzamts unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen (§§ 164 Abs. 1, 168 AO), wiesen folgende Besteuerungsgrundlagen aus: ...

Mit Posteingang vom 06.06.2002 bei dem Finanzamt reichte die Klägerin berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ein, in denen sie die Leistungen aus medizinischer Fußpflege steuerfrei beließ und Umsatzsteuererstattungen für 1997 ..., für 1998 ... und für 1999 ... berechnete.

Das Finanzamt stimmte den berichtigten Umsatzsteuererklärungen zunächst ... zu ... Mit Bescheiden vom 25.07.2002 änderte das Finanzamt erneut die Steuerfestsetzungen nach § 164 Abs. 2 AO und legte wieder die ursprünglich erklärten Angaben zugrunde Die hiergegen erhobenen Einsprüche wies es mit Entscheidung vom 23.05.2003 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt zuletzt, die Umsatzsteuerbescheide 1997-1999 vom 25.07.2002 - jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2003 - dahin zu ändern, dass bei der Festsetzung der Umsatzsteuer berücksichtigt wird der 2/3-Anteil der medizinisch veranlassten Fußpflegemaßnahmen, ... ein dementsprechender Vorsteueranteil und die Beträge, die auf Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis entfallen entsprechend der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Auflistung.

Zur Begründung der nunmehr beantragten Steuerfestsetzungen legte sie Kopien von Buchhaltungskonten, Kassenblätte...

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