Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagefrist zur Erhebung der Anfechtungsklage
Leitsatz (redaktionell)
Die Klagefrist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf.
Normenkette
FGO § 47 Abs. 1; AO § 122 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klage fristgerecht erhoben wurde.
Der Kläger erzielt als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Mangels Abgabe von Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden vom 01.12.2003 die Umsatzsteuer für das Jahr 2000 mit 33.131,71 € (= 64.800 DM), für 2001 mit 27.354,12 € (= 53.500 DM) bzw. mit Bescheid vom 02.07.2004 für das Jahr 2002 mit 35.600 € fest (§ 164 Abs. 1 AO).
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheiden vom 10.03.2005 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer 2000 auf 34.767,85 € (= 68.000 DM), 2001 auf 28.990,25 € (= 56.700 DM) und 2002 auf 38.800 € fest und hob jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf, § 164 Abs. 3 AO. In den Aktenvermerken vom 24.02.2005 war dazu niedergelegt, dass der Kläger seit 1997 keine Steuererklärungen eingereicht hat und die Schätzungen akzeptiert habe. Das Finanzamt kam zu dem Schluss, die bei der Schätzung bisher berücksichtigten Unsicherheitszuschläge seien zu niedrig bemessen. Für die Streitjahre ging das Finanzamt nunmehr von Umsätzen in Höhe von 500.000 DM (2000), 420.000 DM (2001) und 280.000 € (2002) aus.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger per Fax am 18.04.2005 Einspruch ein und gab an, die Bescheide erst am 16.03.2005 erhalten zu haben. Darüber hinaus kündigte er die Abgabe der Steuererklärungen an. Auf die Aufforderung des Finanzamts unter Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung, substantiiert Tatsachen vorzutragen, die schlüssig auf einen späteren Zugang hindeuten und damit Zweifel an der Zugangsvermutung begründen können, reagierte der Kläger nicht.
Das Finanzamt verwarf die Einsprüche wegen Verspätung als unzulässig. Die Einspruchsentscheidung vom 27.09.2006 wurde an die im Einspruchsschreiben angegebene Anschrift -das ist zugleich die Privatanschrift und die Büroanschrift des Klägers- laut Absendevermerk des Finanzamts am 27.09.2006 zur Post gegeben.
Mit Schreiben vom 13.11.2006, eingegangen bei Gericht per Fax am gleichen Tag, hat der Kläger Klage erhoben.
Er beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 27.09.2006 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2002 abzuändern.
Eine Begründung sollte nachgereicht werden. Gleichzeitig trug er vor, die Einspruchsentscheidung sei zwar laut Poststempel am 27.09.2006 zur Post gegeben worden, habe ihn aber erst am 14.10.2006 über den Hausbriefkasten erreicht. Der Brief sei unten und rechts seitlich aufgerissen gewesen. Zum Beweis könnten Briefumschlag und Eingangsstempel dienen. Aus diesem Sachverhalt folge, dass der Brief bei der Sortierung im Postamt verreiht worden sei. Ihm gehe Post, die über die Deutsche Post zugestellt werde, über sein Postfach Nr. 440 zu; Verreihungen seien an der Tagesordnung. Zum Nachweis könne eine Vielzahl verreihter Sendungen vorgelegt werden.
Eine Begründung der Klage ist trotz Aufforderung nicht eingegangen, Steuererklärungen wurden nicht eingereicht.
Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 27.02.2007 hat der Kläger die Einspruchsentscheidung wegen Umsatzsteuer 2000 bis 2002 vom 27.09.2006 samt Briefkuvert vorgelegt. Auf dem beschädigten Kuvert befanden sich der Poststempel mit Datum 27.09.2006 und - wie auch auf der Einspruchsentscheidung – der Eingangsstempel des Klägers mit dem Datum 14.10.2006.
Mit Urteil des FG Nürnberg vom 01.02.2007 VI 335/2006 ist die Klage wegen Einkommensteuer 2000 bis 2002 abgewiesen worden. Der 6. Senat war der Auffassung, dass die Klage verfristet ist. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2007 beim 6. Senat unter Hinweis auf den verspäteten Erhalt der Einspruchsentscheidung vom 27.09.2006 wegen Einkommensteuer 2000 bis 2002 das beschädigte Kuvert vorgelegt.
Entscheidungsgründe
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Die Klage ist unzulässig, da sie verspätet erhoben ist.
Die Klagefrist des § 47 Abs. 1 FGO war unter Beachtung der Zustellungsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bei Erhebung der Klage am 13.11.2006 bereits abgelaufen.
a) Die Klagefrist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (§ 47 Abs. 1 FGO). Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Der Dreitageszeitraum gilt auch, wenn sich der Bekanntgabeempfänger postlagernd zustellen lässt oder ein Postfach unterhält; in beiden Fällen kom...