Entscheidungsstichwort (Thema)
"nachgeholte" gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Finanzamt kann - im zeitlichen Rahmen der Feststellungsverjährung - nach Ergehen von Bescheiden nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 b) Abgabenordnung (AO) über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb weitere Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erlassen, da es sich hierbei um voneinander selbständige Feststellungen handelt.
2. Ein Gewinnfeststellungsbescheid kann eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Dies gilt gleichermaßen für die einheitlich und gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a) AO wie für die gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b) AO.
Normenkette
AO § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2b
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt nach Ergehen von Bescheiden nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 b) Abgabenordnung (AO) über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb weitere Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erlassen kann.
Der Kläger ist Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Bezirk des beklagten Finanzamts und betreibt dort zudem eine Photovoltaikanlage. Er wohnt im Bezirk des Finanzamts T.
Er gab für die Streitjahre Erklärungen zur gesonderten Feststellung ab, in denen er Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Photovoltaik-Anlage und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er nach Durchschnittssätzen (§ 13a Einkommensteuergesetz - EStG) berechnete, erklärte.
Die Feststellungserklärungen übermittelte er am 16.09.2015 (für 2013), 22.03.2016 (für 2014) und 19.09.2017 (für 2015) elektronisch an das beklagte Finanzamt. Ein Ausdruck hiervon befindet sich in den Akten des Finanzamts.
Nach Angaben des Finanzamts wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der vorgesehenen Kennziffer der Erklärung übermittelt; für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sei die Eingabe des im jeweiligen Kalenderjahr zu versteuernden Gewinns in einer Kennziffer der elektronischen Feststellungserklärung nicht erfolgt; nur die Anlage L und die Gewinnermittlung nach § 13a EStG seien beigefügt gewesen.
Das Finanzamt stellte unter der Steuernummer des Klägers (nur) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Bescheiden vom 02.10.2015 (2013), 12.04.2016 (2014) und 07.11.2017 (2015) gesondert fest.
Am 24.05.2019 erließ es nach § 129 AO berichtigte Feststellungsbescheide, in denen es neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft feststellte. Auf den Einspruch des Klägers hob es diese Bescheide wieder auf.
Das Finanzamt erteilte dem Kläger für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eine neue Steuernummer und erließ unter dieser die streitgegenständlichen Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft vom 02.12.2019.
Der Kläger legte Einspruch ein und trug vor, er sei seinen Erklärungspflichten nachgekommen und habe stets Einkünfte aus beiden Betrieben erklärt. Zusätzlich zu den vom Finanzamt erlassenen Bescheiden habe das Finanzamt im Jahr 2017 eine Überprüfung der Pachteinnahmen für die Jahre 2012 bis 2015 durchgeführt, worauf ihm vom Kläger die Höhe der Pachteinnahmen, die Gewinnermittlungsart für den landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Betriebsvermögen erläutert worden seien. Dies habe jedoch zu keiner Änderung der Feststellungsbescheide geführt. Er halte es nicht für zulässig, die unrichtigen Veranlagungen für die Jahre 2013 bis 2015 durch Erteilung einer zusätzlichen Steuernummer und den Erlass neuer Bescheide zu korrigieren. Der Steuerfall sei bereits unter der bisherigen Steuernummer erklärt, veranlagt und nochmals geprüft worden.
Der Einspruch blieb erfolglos und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.12.2019 als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.
Der Kläger hat Klage erhoben und trägt vor, während er seinen Erklärungs- und Mitwirkungspflichten nachgekommen sei, sei die streitgegenständliche Frage offensichtlich durch die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes entstanden. Das Vorgehen des Finanzamts, über die Vergabe einer neuen Steuernummer die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nachholen zu können, verletze geschütztes Vertrauen und verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Nachträgliche Änderungen von Steuerfeststellungen seien im Rahmen der Feststellungsverjährung nur nach §§ 169 AO eröffnet. Mit der Vergabe einer neuen ...