Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer 1984
Nachgehend
Tenor
1. Der Körperschaftsteuerbescheid 1984 vom 13. Juni 1989 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30. April 1990 dahingehend geändert, daß die Körperschaftsteuer auf 12.572.838 DM festgesetzt wird sowie das Einkommen auf 29.158.368 DM und die Tarifbelastung auf 12.572.838 DM festgestellt werden.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die beklagte Behörde zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Beschluß
Der Streitwert wird auf 9.517.725 DM festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Verzicht auf den möglichen Selbstbehalt aus den sog. Reinzinserträgen und seine Verwendung für die Beitragsrückgewähr steuerlich eine Betriebsausgabe oder zumindest eine im Rahmen der Beschränkungen des § 21 Körperschaftsteuergesetzes (KStG) wie eine Betriebsausgabe abziehbare Beitragsrückerstattung ist.
Die Klägerin ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Sie betreibt u. a. die Haftpflichtversicherung von Kraftfahrzeugen. Für das Streitjahr 1984 erging zunächst am 21. August 1985 ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Körperschaftsteuerbescheid, der unter Beibehaltung des Vorbehalts am 15. September 1986 geändert wurde. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung des Jahres 1987 erließ die beklagte Behörde am 13. Juni 1989 einen weiteren, nunmehr endgültigen Änderungsbescheid, wobei das zu versteuernde Einkommen von 20.277.750 DM auf 48.193.810 DM erhöht wurde. Die Änderung beruht im wesentlichen darauf, daß die Klägerin im Streitjahr Rein-Zinserträge in Höhe von 33.592.626 DM, welche ihr nach Abzug eines Fehlbetrags von 34.906.946 DM verblieben, der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugeführt hatte, während die Finanzverwaltung die Auffassung vertrat, ein darin enthaltener Betrag in Höhe von 3 v. H. der verdienten Netto-Beiträge, letztere beliefen sich auf 753.481.992 DM, mithin ein Betrag von (22.604.459,76 DM =) 22.604.460 DM, könne der Rückstellung nicht zugeführt werden. Er stelle nämlich den sog. Selbstbehalt dar, auf den die Klägerin freiwillig verzichtet habe. Deshalb rechnete das Finanzamt diesen Betrag außerbilanzmäßig dem Einkommen wieder hinzu.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, der Betriebsausgabenabzug auch des streitigen Teils der Rückstellungszuführung ergebe sich aus der in § 25 der Verordnung über die Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung –TVO– vom 5. Dezember 1984 (Bundesgesetzblatt –BGBl.– I 1984, 1437) niedergelegten Verpflichtung der Klägerin zur Rückerstattung der erzielten Rein-Zinserträge. Diese Leistung sei steuerlich nicht dahingehend zu differenzieren, ob sich in ihr ein Element der „Freiwilligkeit” oder „Unfreiwilligkeit” ausmachen lasse. Davon gehe auch der koordinierte Ländererlaß IV B 7 – S 2775 – 19/84 vom 14. Dezember 1984 zur Berechnung der abziehbaren Beitragsrückerstattung nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG in der Kraftfahrtversicherung aus (BStBl. I 1985, 11). Hingegen finde die von der beklagten Behörde getroffene Unterscheidung von „freiwillig” oder „unfreiwillig” erfolgter Erstattung von Rein-Zinserträgen im Gesetz keine Stütze. Eine Auslegung, welche die gesetzliche Beitragsrückerstattung von Rein-Zinserträgen zu einer steuerlich nicht abzugsfähigen Aufwendung werden lasse, pervertiere die Absicht des Gesetzgebers. Versicherungsunternehmen, welche an ihre Versicherungsnehmer Reinzinserträge zurückerstatteten, würden gleichzeitig eine weitere Verpflichtung gegenüber dem Fiskus zu Lasten ihres nominellen Eigenkapitals begründen, was faktisch zur Nichtausschüttung führe.
Der Einspruch blieb erfolglos, weil das Finanzamt bei seiner Auffassung verblieb, steuerlich müsse zwischen freiwilligen und aufsichtsrechtlich erzwungenen Beitragsrückerstattungen unterschieden werden, was im Streitfalle wegen des Vorliegens freiwilliger Erstattungen dazu führe, daß diese nur in dem von der Finanzverwaltung zugelassenen Umfang als Betriebsausgaben abzugsfähig seien. Es treffe zwar zu, daß § 21 KStG dem Wortlaut nach nur die beschränkte Abziehbarkeit solcher Beitragsrückerstattungen regele, welche aufgrund des versicherungstechnischen Überschusses gewährt würden, doch könne daraus nicht geschlossen werden, daß alles andere, was die Klägerin als Beitragsrückerstattung bezeichne, in jedem Falle abgezogen werden könne. Die Vorschrift des § 21 KStG sei zu einer Zeit formuliert worden, als es die aufsichtsrechtliche Regelung zu den Rein-Zinserträgen noch gar nicht gegeben habe. Deshalb könne der Wortlaut des § 21 KStG nur den Regelfall „technisches Geschäft” ansprechen, nicht aber die Ausnahme „Überschuß aus nichttechnischem Geschäft.” Deshalb komme es hinsichtlich des erst später geschaffenen Ausnahmefalls wegen des insoweit gegebenen Schweigens dieser Vorschrift auf den Sinn und Zweck des § 21 KStG an. Dieser bestehe darin, Beitragsrückerstattungen, die originär aus dem technischen Geschäft stammten, nicht unbegrenzt, sondern nur in bestimmtem Umfang a...