Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Vollstreckungsmaßnahmen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Entscheidung darüber, ob der Antrag des Finanzamtes auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf einer fehlerfreien Ermessensausübung beruht, ist vom FG zu treffen. Vorläufiger Rechtsschutz gegen einen solchen Insolvenzantrag wird im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 114 FGO gewährt. Dieser Antrag richtet sich auf Rücknahme des Insolvenzantrages.
- Daneben ist vor Ergehen einer abschließenden, rechtskräftigen Entscheidung des Insolvenzgerichts Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel möglich, Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO zu erreichen.
Normenkette
FGO § 114 Abs. 3; ZPO § 920 Abs. 2; InsO § 13 Abs. 1
Tatbestand
Der Antragsteller, geb. am 20. März ..., betreibt in ... einen Meisterbetrieb für Fußbodenbau und Estricharbeiten als Einzelunternehmer. Er wird beim Antragsgegner mit den Betriebssteuern geführt und zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller ist seit Jahren herzkrank und in ständiger ärztlicher Behandlung.
Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens sind Steuerrückstände in Höhe von ca. 515.000,-- DM. Die Vollstreckung wegen bestehender Abgabenrückstände reicht bis in das Jahr 1987 zurück. Zum damaligen Zeitpunkt trat die Ehefrau des Antragstellers, Frau ..., als alleinige Verhandlungsführerin beim Antragsgegner auf, da der Ehemann erkrankt sei. Mit Datum vom 8. Oktober 1996 ist dem Antragsgegner eine bis zum heutigen Tag nicht widerrufene Vollmacht für die Ehefrau des Antragstellers vorgelegt worden, wonach diese sich um die steuerlichen Belange des Antragstellers kümmern soll. Die im Rahmen der Vollstreckung durchgeführten Forderungspfändungen führten in der Folge nicht zum Erfolg. Mehrfach gewährte Vollstreckungsaufschübe scheiterten daran, dass die festgelegten Bedingungen, insbesondere die Zahlungsverpflichtung, nicht eingehalten wurden. Die Steuerrückstände stiegen im Laufe der Jahre auf diese Weise immer weiter an. Nachdem weitere Vollstreckungsmöglichkeiten weder in bewegliches noch in unbewegliches Vermögen bekannt waren, befürwortete der Antragsgegner das seit 1996 bei der Kreisverwaltung ... anhängige Gewerbeuntersagungsverfahren. Eine Entscheidung im Gewerbeuntersagungsverfahren ist bislang nicht ergangen; im Hinblick auf das beim Amtsgericht ... - auf Antrag des Antragsgegners - anhängige Insolvenzverfahren ist das Gewerbeuntersagungsverfahren unterbrochen.
Der Vollziehungsbeamte beim Antragsgegner ist am 31. März 1999 erneut beauftragt worden, einen Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Antragstellers vorzunehmen. Eine Durchsuchung der Wohnung / Geschäftsräume wurde dabei verweigert. In einem danach mit dem Sachbearbeiter der Vollstreckungsstelle geführten Gespräch stimmte die Ehefrau des Antragstellers der Durchsuchung für den 6. April 1999 zu, so dass eine richterliche Durchsuchungsanordnung entbehrlich wurde. Das Ergebnis ist in der Niederschrift über die fruchtlose Pfändung verzeichnet. Bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse gab die Ehefrau des Antragstellers u. a. an, sie werde am 20. April 1999 einen Teilbetrag von 50.000,-- DM leisten und schlug weitere Raten von 10.000,-- DM beginnend ab dem 1. Mai 1999 vor. Die Summe von 50.000,-- DM werde von ihrem Vater zur Verfügung gestellt. Geschäftsunterlagen waren nicht vorhanden, so dass der Antragsgegner keine weiteren Forderungen ermitteln konnte. Nachdem die in Aussicht gestellte Teilleistung nicht erbracht worden war, erfolgten weitere Vollstreckungsmaßnahmen. Die ausgebrachten Pfändungen bezüglich der ermittelten Bankkonten waren erfolglos.
Gegen das anschließende Verfahren zur Vorlage des Vermögensverzeichnisses und der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung legten der Antragsteller und seine Ehefrau Einspruch ein. Der Antragsgegner half den Einsprüchen schließlich mit Bescheiden vom 2. November 1999 in der Weise ab, dass die Verfahren nach § 284 AO aufgehoben wurden.
In einem Schreiben vom 20. Juli 1999 teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit, dass die Zahlung der avisierten 50.000,-- DM daran gescheitert sei, dass eine gewisse Firma ... mit Sitz in ... Konkurs angemeldet habe und dadurch ein hoher Forderungsausfall entstanden sei. Ein vorgelegter Scheck für laufende Betriebssteuern in Höhe von 3.229,61 DM wurde durch die betroffene Bank mangels Liquidität nicht eingelöst. In einem weiteren Schriftsatz vom 18. August 1999 teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit, es könne nun eine erste Teilleistung erfolgen; dem Schreiben war ein Verrechnungsscheck über 25.000,-- DM beigefügt. Der Antragsteller beantragte, die vom Antragsgegner bereits angekündigte Stellung eines Insolvenzantrages zurückzustellen und schlug vor, die zweite Zahlung von 25.000,-- DM solle nunmehr am 31. August 1999 erfolgen. Zeitgleich werde dann auch die Zahlung der zuvor nicht eingelösten Betriebssteuern in Höhe von 3.229,61 DM entrichtet...