Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur mutwilligen Prozessführung bei Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Prozessführung ist mutwillig, wenn ein Kläger im Einspruchsverfahren keine Begründung vorbringt, seinen Antrag mit der Klagebegründung einschränkt und der Beklagte nach Begründung der Klage unmittelbar abhilft.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1, § 137; ZPO § 114

 

Tatbestand

I.

Der Kläger war im Streitjahr bis zum 31. Oktober 2006 gewerblich tätig und danach Kraftfahrer im Angestelltenverhältnis. Nach Umzug des Klägers am 1. Juni 2007 wurde die Einkommensteuerveranlagung des Klägers beim Antragsgegner durchgeführt, die Betriebsteuerakten verblieben zunächst beim für die gewerbliche Tätigkeit zuständigen Finanzamt L.

In dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 31. Juli 2007 legte der Antragsgegner antragsgemäß einen Gewerbeverlust in Höhe von € 6.524 zu Grunde. Bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch das Finanzamt L wegen des Handels des Antragstellers mit gebrauchten Kraftfahrzeugen ergab sich für das Streitjahr ein durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 57.470. Daraufhin änderte der Antragsgegner die Einkommensteuerfestsetzung 2006 mit Bescheid vom 3. April 2008 entsprechend.

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde vom Antragsteller auch nach Aufforderung nicht begründet und mit Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2008 zurückgewiesen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage vom 30. Juli 2008 beantragte der Antragsteller den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 3. April 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2008 aufzuheben. Nach mehrmaligen Fristverlängerungen und Fristsetzung nach § 79b Abs. 1 FGO begründete der Antragsteller die Klage mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2008. Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, auf Grund einer Berichtigung der Umsatzsteuererklärung 2006 hätte das Finanzamt L zwischenzeitlich am 1. September 2008 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2006 erlassen. Die Berichtigung sei nach Rechnungskorrektur einer unberechtigt ausgestellten Rechnung mit einem Rechnungsbetrag von € 33.190 erfolgt. Das Finanzamt L habe entsprechend die Umsatzsteuer herabgesetzt. Da die Umsatzsteuer bei ihm als Einnahmen-Überschussrechner eine Betriebseinnahme darstelle, sei der Gewinn in dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 3. April 2008 ebenfalls entsprechend herabzusetzen.

Der Antragsgegner hat, nachdem ihm der für 2006 nunmehr anzusetzende Gewerbegewinn vom Finanzamt L mit Schreiben vom 19. November 2008 im Wege der Amtshilfe mitgeteilt worden war, die Einkommensteuerfestsetzung 2006 mit Bescheid vom 12. Dezember 2008 umgehend geändert. Die Rechnungskorrektur wirkte sich deswegen bei der Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres aus, weil er der Kläger seinen Gewerbebetrieb im Kalenderjahr 2006 aufgegeben hat und daher beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu § 4 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen war.

Mit Schriftsatz vom 11. November 2008 hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.

Prozesskostenhilfe erhält gem. § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Mutwillig i.S.d. Prozesskostenhilferechts handelt jemand, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder wenn der verfolgte Zweck auch auf einfachere, billigere Weise erreicht werden könnte. Damit wird allein auf innerprozessuales Verhalten abgestellt, d.h. auf die Situation, in der sich der Rechtsuchende zum Zeitpunkt der Klageerhebung befindet (vgl. BFH-Beschluss vom 19. September 1986 - V B 39/86, DStZ 1987, 155).

Die vom Antragsteller erhobene Klage ist aber mutwillig i.S.d. Prozesskostenhilferechts.

Zum einen mehrt sich bei den Finanzgerichten trotz der vorgenannten Entscheidung des BFH die Auffassung, dass eine Prozessführung dann i.S.d. § 114 ZPO mutwillig ist, wenn ein Kläger im Besteuerungsverfahren und im Einspruchsverfahren seinen steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und im Klageverfahren daher die Kostentragungspflicht des Klägers trotz Obsiegens auf § 137 FGO zu stützen ist (vgl. Finanzgericht München, Beschluss vom 28. November 2003 - 6 S 3900/03, in juris). Denn Personen, die ihren Erklärungs- und Mitwirkungspflichten im Verwaltungs- oder Einspruchsverfahren nicht nachgekommen sind, also den kostenfreien Weg nicht genutzt haben, haben keinen Anspruch darauf, zu Lasten des Staates und der Allgemeinheit auch nur vorläufig von den Verfahrens- und Anwaltskosten im Wege der Prozesskostenhilfe freigestellt zu werden (vgl. Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 08. November 2002 - IV 58/00, EFG 2003, 719 und so schon Finanzgericht de...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge