Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1987 bis 1989
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Ist Abschnitt VI. Art. 9 Abs. 2 e der 6. RLEWG … (3. Fallgruppe: „Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Datenvereinbarung und die Überlassung von Informationen”) dahingehend auszulegen, daß hierunter auch die Leistungen eines Schiedsrichters fallen?
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Einnahmen des Klägers aus der Schiedsrichtertätigkeit der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.
Der Kläger ist Professor für Bürgerliches Recht an der Universität … In den Streitjahren war er als Schiedsrichter bei der Internationalen Handelskammer in Paris tätig. Dabei war er Mitglied eines Internationalen Schiedsgerichts, welches Streitigkeiten von Unternehmen durch Schiedsspruch beilegte bzw. auf eine Verständigung der Parteien im Rahmen eines Vergleiches hinarbeitete. Das Schiedsgericht besteht aus drei Schiedsrichtern und wird für jeden Einzelfall eingerichtet, wobei der Vorsitzende von der Internationalen Handelskammer bestimmt wird und die beiden Beisitzer von den Parteien vorgeschlagen und von der Handelskammer bestätigt werden. Die Höhe des Honorars und die Verteilung auf die Mitglieder des Schiedsgerichtes bestimmt die Internationale Handelskammer. Die Bezahlung der Honorare an die Schiedsrichter erfolgt nicht durch die Parteien, sondern durch die Internationale Handelskammer.
Der Beklagte hat die Honorare aus dieser Tätigkeit für die Streitjahre der Umsatzsteuer unterworfen. Hierbei handelte es sich um folgende Beträge:
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1987 |
1988 |
1989 |
ICC |
27.311,60 DM |
53.905,93 DM |
151.980,73 DM |
Kostenerstattung |
4.978.45 DM |
4.147.01 DM |
11.764,88 DM |
insgesamt brutto |
32.290,05 DM |
58.052,94 DM |
163./45,61 DM |
Die hiergegen eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 1994 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage trägt der Kläger vor, daß es bereits an der Unternehmereigenschaft fehle, weil Mitglieder des Schiedsgerichtes quasi unselbständig gegenüber der Institution des Schiedsgerichtes tätig seien.
Desweiteren liege der Ort der sonstigen Leistung nicht im Inland, da er nicht nach § 3 a Abs. 1 Umsatzsteuergesetz 1980 –UStG– zu bestimmen sei, weil zunächst der vorrangige § 3 a Abs. 2 Nr. 3 a UStG der Vorschrift Anwendung finde, der als Ort der Leistung den Ort des wesentlichen Tätigwerdens bestimme. Bei der Schiedsrichtertätigkeit handele es sich um eine wissenschaftliche Leistung oder zumindest um eine dieser ähnliche Leistung. Da der Kläger als Schiedsrichter eine hochstehende, besonders qualifizierte Arbeit ausübe, die die Beherrschung der Rechtswissenschaft voraussetze und er konkrete Vorgänge methodisch untersuche und in einen Sinnzusammenhang des Rechts stelle, handele es sich um angewandte Wissenschaft. Dem Schiedsspruch gingen gutachterliche Überlegungen voraus, was zumindest eine der wissenschaftlichen Leistung ähnliche Leistung sei.
Aber auch § 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 UStG komme hier zur Anwendung, weil die Tätigkeit als Schiedsrichter eine der Sachverständigentätigkeit „ähnliche Leistung anderer Unternehmer” sei. Zwar gelte dieses Tatbestandsmerkmal erst ab 01. Januar 1993, es habe aber nur klarstellenden Charakter und auch nach altem Recht seien ähnliche Leistungen anzuerkennen gewesen. Die 6. MwSt-Richtlinie, die hier umgesetzt worden sei, habe von Anfang an auch ähnliche Leistungen umfaßt und diese nicht nur auf rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung bezogen. Da in sämtlichen streitigen Schiedsgerichtsverfahren die Parteien ihr Unternehmen nicht im Inland gehabt hätten, liege der Leistungsort außerhalb des Erhebungsgebietes. Außerdem falle die Übernahme eines Schiedsrichteramtes in Rechtsstreitigkeiten in den Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit eines Rechtsanwaltes. Hier werde auf das Urteil des BFH in BStBl 1961 III, 60 verwiesen. Die Schiedsrichtertätigkeit eines Hochschulprofessors sei deshalb eine sonstige ähnliche Leistung nach § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 1994 die Umsatzsteuerbescheide für 1987 vom 23. Juli 1991, für 1988 vom 30. Juli 1991 und für 1989 vom 13. Januar 1994 dahin zu ändern, daß die Einnahmen aus der Schiedsrichtertätigkeit nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, daß die Leistungen des Klägers nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 a Abs. 1 UStG steuerbar seien. Durch seine wiederholte schiedsrichterliche Tätigkeit habe der Kläger selbständig tätig und nachhaltig Leistungen gegen Entgelt ausgeführt, so daß er als Unternehmer tätig gewesen sei. Der Ort der sonstigen Leistung richte sich nach der Grundregel des § 3 a Abs. 1 UStG und liege im Erhebungsgebiet. Insoweit werde auf ein Urteil des erkennenden Senats vom 29. April 1992 Az.: 3 K 1498/89 – verwiesen, i...