Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Kindergeld - Klageerhebung nach dem 1.8.2013
Leitsatz (amtlich)
1. Für Klageeingänge nach dem 1.8.2013 gilt: Ergibt sich wegen der Bedeutung für die Zukunft ein höherer Wert, ist dieser maßgebend. Dabei darf das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht überschritten werden (§ 52 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GKG).
2. Solche offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen sind bei einer Klage wegen Kindergeld nicht gegeben, wenn das Kind über 18 Jahre alt ist und über die Anerkennung eines Ausbildungsverhältnisses gestritten wird bzw. wurde.
Normenkette
GKG § 52 Abs. 1, 3-4
Gründe
Im Streitwertbeschluss vom 30. Juli 2014 war ein Streitwert von 1.104,00 € (6 Monate x 184 €) in Ansatz gebracht worden. Der Kläger begehrt, den Streitwert zu ändern auf 3.496,00 € gemäß folgender Berechnung: Jahresbetrag Kindergeld 2.208,00 € zzgl. 1.288,00 € (7 Monate bis zur Klageerhebung im Februar 2014 x 184 €). Er beruft sich dazu auf BFH-Rechtsprechung (III S 25/11 vom 28. Oktober 2011, ZSteu 2011, R1274 - R1275) und das FG Saarland (2 K 1592/10 vom 9. Februar 2012,AGS 2012, 491).
Auch nach erneuter Prüfung durch das Gericht ist eine Erhöhung des Streitwertes nicht möglich.
1. Streitiger Zeitraum
Nach dem BFH-Beschluss vom 19.12.2008, Az. III B 163/07 BFH/NV 2009, 578 (s. auch zuletzt III B 77/13 vom 4. Juni 2014) bindet die angefochtene Entscheidung nur bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, danach kann ein neuer Antrag gestellt werden. Die Einspruchsentscheidung ist vorliegend im Januar 2014 bekanntgegeben worden. Streitig war mithin der Zeitraum von August 2013 bis Januar 2013, also 6 Monate. Der Klageeingang (hier Februar 2014) ist mithin nicht entscheidend (vgl. auch FG Saarland 2 K 1592/10 vom 9. Februar 2012, AGS 2012, 491 - LS: "... unter Heranziehung des Zeitraums ... bis zur letzten Verwaltungsentscheidung...").
2. Jahresbetrag
Unter Berufung auf die ältere Rechtsprechung des BFH zu früherem Recht begehrt der Kläger kumulativ den Ansatz des Jahresbetrages.
- Nach dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Mai 2000 VI S 4/00 (BFHE 192, 19, BStBl II 2000, 544) ist der Streitwert betreffend Kindergeldfestsetzungen von unbestimmter Dauer grundsätzlich nach dem Jahresbetrag des Kindergeldes zuzüglich der bis zur Einreichung der Klage zu zahlenden streitigen Kindergeldbeträge zu bemessen. Als Begründung für den Ansatz des Jahresbetrages hat der BFH damals auf den Rechtsgedanken der Regelung im GKG für Unterhaltsleistungen als wiederkehrende Leistungen (damals § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.; im ab 1. Juli 2004 anzuwendenden GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG) zurückgegriffen.
Die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2586) mit Wirkung ab dem 1. September 2009 aus dem GKG gestrichen und inhaltlich im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen neu geregelt worden. In dem vom Kläger zitierten BFH-Fall (Beschluss vom 28. Oktober 2011 - III S 25/11, ZSteu 2011, R1274 - R1275) konnte der III. Senat an dieser Rechtsprechung festhalten, weil es dort um das Streitjahr 2006 ging.
Das FG Saarland hält allerdings an dieser Rechtsprechung auch unter Geltung der neuen Rechtslage fest und führt zur Begründung aus:
"Der Senat sieht sich mithin gehalten, den Streitwert in Kindergeldsachen in anderer Weise zu bestimmen. Er lässt sich dabei von dem Gedanken leiten, dass es in zahlreichen Fällen der Festsetzung des Kindergeldes nicht von vornherein feststeht, auf welche Dauer diese gerichtet ist. Es steht vielfach eine Überprüfung der Verwaltungsentscheidung an, die aber durchaus auch in die Zukunft gerichtet sein kann. Wenn - wie im Streitfall - die abschließende Verwaltungsentscheidung den Antragszeitraum nicht abdeckt, hält es der Senat für gerechtfertigt, als Grundlage der Berechnung den - dann bestimmten, festen - Zeitraum von Beginn des Begünstigungszeitraums (hier: Januar 2009) bis zur letzten Verwaltungsentscheidung (hier: Oktober 2010) heranzuziehen. Dies allein würde dem Interesse der Antragstellerin indessen nicht genügen, da sie auch für die Zukunft (über die letzte Verwaltungsentscheidung hinaus) Kindergeld beansprucht. Dieses rechtliche Interesse ist - wie schon bisher - durch die Einbeziehung des Jahreswertes an Kindergeld abzudecken."
Der Senat vermag dieser Auffassung für die Berechnung des Streitwerts im vorliegenden Fall nicht zu folgen. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).
Für...