Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenleistungen bei der Errichtung eines Gebäudes als bereicherungsmindernde Gegenleistung - Nichtigkeit eines Schenkungssteuerbescheides wegen inhaltlicher Unbestimmtheit

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Zusammenfassung mehrerer selbstständiger Erwerbsvorgänge zu unterschiedlichen Stichtagen müssen diese bei Zusammenfassung in einem Schenkungsteuerbescheid gesondert ausgewiesen und festgesetzt werden; für den Bescheidadressaten muss klar erkennbar sein, dass es sich um mehrere Steuerfestsetzungen mit eindeutig zuzuordnenden Steuerbeträgen handelt.

In die Berechnung des Werts der Gegenleistung für eine Grundstücksübergabe ist auch die eigene Arbeitsleistung des Erwerbers bei der Errichtung des Gebäudes auf dem übergebenen Grundstück einzubeziehen.

 

Normenkette

ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 14; AO § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die eigene Arbeitsleistung des Bedachten bei der Errichtung eines Gebäudes als Gegenleistung für die nachfolgende Zuwendung des bebauten Grundstücks zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben durch notariellen Vertrag vom 10. Oktober 1996 vom Vater des Ehemannes ein Grundstück zum Kaufpreis von 220.000 DM (Bl. 2 bis 7 der Schenkungsteuerakten). Auf diesem Grundstück war im Jahre 1992 ein Gebäude errichtet worden. Laut einem „Schuldschein“ vom 14. Dezember 1996 (Bl. 13 der Schenkungsteuerakten) erhielten die Erwerber vom Veräußerer ein zinsloses Darlehen in Höhe von 120.000 DM, das bis zum 31.12.2003 zurückzuzahlen war.

Der Beklagte wertete die Grundstücksveräußerung als gemischt-freigebige Zuwendung und die Darlehensgewährung als weitere freigebige Zuwendung durch unentgeltliche Kapitalüberlassung. Für die beiden Zuwendungen setzte er durch Schenkungsteuerbescheid vom 21. Juni 1999 gegen die Klägerin Schenkungsteuer von 8.892 DM fest. Dabei setzte er den Wert des steuerbaren Erwerbs mit 94.194 DM an und berücksichtigte einen Freibetrag von 20.000 DM. In dem Betrag von 94.194 DM ist der Steuerwert der Bereicherung aus der Grundstückszuwendung mit (1/2 von 149.853 =) 74.926 DM und der Steuerwert der Darlehensgewährung mit 19.268 DM enthalten. Der hiergegen eingelegte Einspruch - mit dem die Klägerin geltend machte, sie und ihr Ehemann hätten im Hinblick auf die spätere Übernahme des Grundstücks, die von vornherein vorgesehen gewesen sei, bei der Gebäudeerrichtung Eigenleistungen im Wert von insgesamt 152.000 DM erbracht - führte zur Herabsetzung der Schenkungsteuer auf 8.004 DM bzw. 4.092 €.

Mit der Klage begehrt die Klägerin eine Berücksichtigung sämtlicher Eigenleistungen bei der Steuerfestsetzung. Sie trägt dazu vor, sie und ihr Ehemann hätten beim Bau des Hauses in erheblichem Umfang mitgeholfen. Damit hätten sie letztlich Leistungen an sich selbst erbracht. Insoweit könnten sie nicht mehr aus dem Vermögen des Vaters mit denselben Leistungen durch Zuwendung bereichert sein. Zumindest in Höhe der Eigenleistungen liege somit eine Schenkung nicht vor.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Schenkungsteuerbescheides vom 21. Juni 1999 und der Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2003 die Schenkungsteuer auf 0.- € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der in der angefochtenen Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest, dass die Eigenleistungen mit Ausnahme der Aufwendungen für eine Einbauküche von 20.000 DM nicht als bereicherungsmindernde Gegenleistung zu berücksichtigen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Schenkungsteuerbescheides vom 21. Juni 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2003.

Der Schenkungsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist inhaltlich unbestimmt und deshalb nichtig.

In dem angefochtenen Bescheid werden zwei selbständige Zuwendungen erfasst, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt worden sind. Während die Grundstückszuwendung einschließlich Auflassung und Eintragungsbewilligung am 10. Oktober 1996 beurkundet wurde, wurde das zinslose Darlehen ausweislich des „Schuldscheins“ vom 14. Dezember 1996 erst rund zwei Monate später gewährt. Mehrere Erwerbe ein und derselben Person von einer anderen Person sind, wenn die Steuer für die einzelnen Erwerbe zu unterschiedlichen Zeitpunkten entsteht, wegen der dann bestehenden Stichtagsdivergenz als selbständige Erwerbsvorgänge zu behandeln, die getrennt zu besteuern sind. Allerdings können mehrere Steuerfestsetzungen, sofern sie denselben Schuldner betreffen, in einem Steuerbescheid zusammengefasst werden. Auch in einem zusammengefassten Steuerbescheid müssen aber die Steuerbeträge, die durch die einzelnen Vorgänge zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden sind, gesondert ausgewiesen bzw. festgesetzt werden (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1998 II R 6/99, BFH/NV 1999, 1091). Überdies muss bei der Zusammenfassung mehrerer Steuerfestsetzungen mit unterschiedlichen Steuerentstehungszeitpunkte...

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