Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Schuldzinsenabzugs bei Umlaufvermögen
Leitsatz (amtlich)
Auch Schuldzinsen für ein Darlehen, das der Finanzierung von Umlaufvermögen eines zukünftigen Geschäftsbetriebes dient, unterliegen der Kürzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4 a EStG.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4 a
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2000 (Bescheid vom 13. November 2006), 2001, 2002, 2003 und 2004 (Bescheide vom 9. November 2006) in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2008 und macht geltend, dass Schuldzinsen erklärungsgemäß in voller Höhe zum Abzug zuzulassen und nicht nach § 4 Abs. 4 a EStG zu kürzen seien.
Der Kläger wohnte in den Streitjahren außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des beklagten Finanzamtes. Er ist seit 1998 Inhaber der B-Apotheke in N, die er mit Vertrag vom 6. November 1998 zum Gesamtpreis von 930.000 DM erwarb. Laut Vertrag entfielen dabei 230.000 DM auf die Apothekeneinrichtung inklusive Labor und Büroausstattung, 550.000 DM auf den Geschäftswert und 150.000 DM auf das Warenlager. Der Kaufpreis wurde in voller Höhe mit folgenden Darlehen fremdfinanziert:
- 30.000 DM bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank zur „Finanzierung von Umlaufvermögen“ (Konto 352981270)
- 700.000 DM bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank zur „Finanzierung von Anlagevermögen“
- 75.000 DM bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank zur „Finanzierung der neuen Apothekeneinrichtung“ und weitere
- 75.000 DM bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, ebenfalls zur „Finanzierung der neuen Apothekeneinrichtung“.
Die Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung wurden dem Beklagten am 3. Juni 2002 (2000), 6. Juni 2003 (2001), 9. März 2004 (2002), 14. März 2005 (2003) und 12. Mai 2006 (2004) eingereicht. Den Bilanzunterlagen für die Streitjahre 2000 und 2001 waren jeweils eine Aufstellung mit der Überschrift „Abzugsbeschränkung für betriebliche Schuldzinsen“ beigefügt, wonach die als Betriebsausgaben in Abzug gebrachten Zinsaufwendungen - bis auf Kontokorrentzinsen - ausschließlich für die Anschaffung von Anlagevermögen angefallen waren. Darlehensverträge wurden nicht vorgelegt und vom Beklagten auch nicht angefordert.
Die erstmaligen Feststellungsbescheide für die Streitjahre ergingen erklärungsgemäß und - bis auf den Bescheid für 2000 - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
In der Zeit vom 21. Juli 2006 bis 14. September 2006 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. In dem Betriebsprüfungsbericht vom 14. September 2006 (Ziffer 1.6) wurde unter Verweis auf die Anlage 9 ausgeführt, dass die erklärten Gewinne um die nach § 4 Absatz 4 a EStG nicht abzugsfähigen Schuldzinsen zu erhöhen seien, da die Zinsen zu dem Darlehen über 230.000 DM (Nr. 352981270) zu 65,22 % die Finanzierung von Umlaufvermögen beträfen, da vom Gesamtkaufpreis 150.000 DM auf das Warenlager entfallen seien. Insoweit seien die Zinsen für Investitionsdarlehen zu mindern. Die Ermittlung der nicht abzugsfähigen Zinsbeträge für die Wirtschaftsjahre 1999/2000 und 2000/2001 sei im Wege der Einzelermittlungen im Rahmen des § 88 Abgabenordnung (AO) erfolgt. Im Zuge der Betriebsprüfung seien erstmals auch die bei Erwerb der Apotheke abgeschlossenen Darlehensverträge eingesehen worden.
Nach Auswertung des Betriebsprüfungsberichts erließ der Beklagte entsprechend geänderte Feststellungsbescheide, und zwar am 9. November 2006 unter Berufung auf § 164 Abs. 2 AO für die Jahre 2001 bis 2004 und am 13. November 2006 unter Berufung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für das Jahr 2000.
Gegen diese Änderungsbescheide legte der Kläger Einspruch ein und machte über seine Verfahrensbevollmächtigten geltend, für die Veranlagungszeiträume 2000 und 2001 seien die Prüfungsfeststellungen rechtswidrig verwertet worden, da sich die Prüfungsanordnung nur auf die Jahre 2002 bis 2004 bezogen habe. Im Übrigen sei die Kürzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4 a EStG in allen streitigen Veranlagungszeiträumen zu Unrecht erfolgt. Die Tatsache, dass das betreffende Darlehen zum Teil der Finanzierung des zum Umlaufvermögen rechnenden Warenlagers gedient habe, berechtige nicht zu der Gewinnkorrektur. Denn im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass nicht der laufende, sondern der vom Veräußerer übernommene - erstmalige - Warenbestand fremdfinanziert worden sei. Hier sei eine „Überentnahme“, also eine private Verwendung, überhaupt nicht möglich gewesen. Nach der teleologischen Auslegung der Vorschrift des § 4 Abs. 4 a EStG müssten die betreffenden Schuldzinsen vollumfänglich zum Betriebsausgabenabzug zugelassen werden.
Die Betriebsprüferin nahm dazu wie folgt Stellung: Für die Veranlagungszeiträume 2000 und 2001 sei keine vollumfängliche Betriebsprüfung durchgeführt worden. Die zu den Prüfungsjahren vorgelegten Darlehensverträge hätten lediglich punktuelle Änderungen der beiden V...