Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Rechtsbehelfsfrist
Leitsatz (amtlich)
Ein neues Leistungsgebot setzt die Rechtsbehelfsfrist nicht erneut in Gang, wenn der zum Zeitpunkt des Beginns der Rechtsbehelfsfrist formal zum Steuerberater zugelassene Vertreter beim Finanzamt wegen verspäteter Bekanntgabe einen späteren Fälligkeitstermin begehrt hat.
Normenkette
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 110 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist, ob der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 verfristet ist.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Kläger für den Veranlagungszeitraum 2003 erließ der Beklagte nach umfangreichem Schriftverkehr am 13. Februar 2006 den Einkommensteuerbescheid 2003.
Mit E-Mail vom 29. März 2006 informierte der damalige Steuerbevollmächtigte der Kläger den Beklagten, dass er am 21. März 2006 erfahren hätte, der Einkommensteuerbescheid 2003 hätte sich erst am Samstag, den 18. März 2006 im Briefkasten der Kläger befunden. Auf Grund des Erlassdatums vom 13. Februar 2006 sei unerklärlich, woher der Einkommensteuerbescheid zum jetzigen Zeitpunkt gekommen sei. In der E-Mail bat der Steuerbevollmächtigte der Kläger den Beklagten, dass "Erlassdatum" und das "Zahlungsdatum zu ändern" und ihm oder den Klägern den Bescheid wieder zuzusenden, damit eine umgehende Bearbeitung erfolgen könne. Die Anschrift der Kläger sei korrekt gewesen. Der Beklagte wurde weiter gebeten, auch die Vollstreckungsstelle zu informieren, "damit dort nichts passiere" und den "Mahnlauf" zu ändern (Blatt 60 der Einkommensteuerakte).
Daraufhin fertigte die Sachbearbeiterin des Beklagten einen Ausdruck des Einkommensteuerbescheids 2003 aus der verwaltungsinternen EDV-Datei "BSV", in der die erlassenen Einkommensteuerbescheide gespeichert sind, und änderte auf diesem Ausdruck das Datum des Erlasses des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2003 auf den "18.03.2006" und das Fälligkeitsdatum auf den "21.04.06". Die Sachbearbeiterin hat hierzu auf der Aktenausfertigung des Ausdrucks vermerkt, die "Zusendung erfolgte wegen Mitteilung der neuen Fälligkeit" und je eine Kopie des Bescheides am 10. April 2006 wurde an die Finanzkasse und an den Steuerbevollmächtigten der Kläger übersandt (Blatt 62 der Einkommensteuerakte).
Mit Schriftsatz vom 21. April 2006 legte der damalige Steuerbevollmächtigte der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 "vom 18. März 2006" Einspruch ein und kündigte an, eine Begründung umgehend nachzureichen. Mit Schreiben vom 25. April 2006 wurde der damalige Steuerberater der Kläger auf eine Verfristung des Einspruchs hingewiesen, da der Einkommensteuerbescheid 2003 am 18. März 2006 bekannt gegeben worden sei. In dem Schreiben wurde vom Beklagten darauf hingewiesen, dass Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ersichtlich seien und gebeten, beim Vorliegen von solchen Gründen diese vorzutragen. Mit Schreiben vom 29. Mai 2006 machte der damalige Steuerberater gegenüber dem Beklagten geltend, er sei davon ausgegangen, dass mit der Übersendung des handschriftlich geänderten Ausdrucks ein neuer Verwaltungsakt erlassen worden sei. Nach weiterem Schriftverkehr wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2006 wegen Verfristung als unzulässig verworfen.
Die Kläger tragen vor, der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 18. März 2006 sei vom Sachbearbeiter des Beklagten handschriftlich abgeändert und ergänzt worden, so dass sich bei diesem Schriftstück um keine Kopie des Bescheides vom 13. Februar 2006 handeln könne. Vielmehr sei mit Wissen und Wollen des sachbearbeitenden Beamten ein neuer Verwaltungsakt ergangen, denn der Beamte hätte nicht nur das Datum des Bescheides auf ihren Antrag geändert, sondern auch den Zahlungstermin. Die Tatsache, dass im geänderten Bescheid der Zahlungstermin auf den 21. April 2006 festgesetzt worden sei, würde verdeutlichen, dass selbst der sachbearbeitende Finanzbeamte von der Erteilung eines geänderten eigenständigen Steuerbescheids ausgegangen sei, denn ansonsten hätte die Zahlungsfrist auf den 18. April 2006 festgesetzt werden müssen, da nach Auffassung des Beklagten der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 13. Februar 2006 am 18. März 2006 bekannt gegeben worden sei und die Einkommensteuer üblicherweise innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides zu zahlen wäre. Da der Gesetzgeber nicht auf die Maßgeblichkeit des gewollten, sondern auf die Maßgeblichkeit des Erklärten abstellen würde und sich damit gegen die Willens- und für die Erklärungstheorie entschieden hätte, sei folgerichtig, dass sie nur von einem neuen Einkommensteuerbescheid 2003 vom 18. März 2006 hätten ausgehen können. Denn sie hätten nicht wissen können, dass sie keinen geänderten Steuerbescheid, sondern einen Auszug aus einer ihnen unbekannten Datei erhalten hätten. Hätte der Beklagte nur eine Änderung der Fälligkeitsfrist beabsichtigt, so hätte er dies einfacher durch eine einfache Mi...