Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung von Bevollmächtigten mit Befugnis zur geschäftsmäßigen Steuerberatung nach dem Recht anderer EU-Staaten
Leitsatz (redaktionell)
Eine in Großbritannien gegründete Ltd., die im niederländischen Handelsregister als "Belastingadviesbureau" eingetragen ist, und über ihre niederländische Niederlassung im Inland Steuerpflichtige dauerhaft, regelmäßig wiederkehrend und kontinuierlich vertritt, kann sich nicht auf § 3 Nr. 4 StBerG i. V. m. Art. 50 EGV berufen, um im Inland geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen zu leisten. Sie leistet im Sinne des § 3 Nr. 4 StBerG i. V. m. Art. 50 EGV keine "vorübergehende" geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen im Inland. Daher ist sie gemäß § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigter zwingend zurückzuweisen.
Normenkette
AO § 80 Abs. 5, 8; StBerG §§ 1, 3 Nr. 4, § 32 Abs. 3, §§ 49, 46 Abs. 2 Nr. 4; EGV Art. 43, 48, 50
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte der Eheleute H. H. und M. H. streitig.
Die Klägerin ist eine am 15. Juli 2005 in Großbritannien gegründete und registrierte Limited mit Niederlassungen in E/Belgien und V/Niederlande. Über eine Anerkennung als inländische Steuerberatungsgesellschaft gemäß §§ 32 Abs. 3, 49 StBerG verfügt sie nicht. Über ihre Niederlassungen vertritt sie im Inland ansässige Steuerpflichtige gegenüber deutschen Finanzbehörden in steuerlichen Angelegenheiten. In ihren Geschäftsbriefen sind ihre Registrierungsadresse sowie ihre belgische und niederländische Niederlassungsanschrift angegeben. Als Tätigkeitsbereiche führt sie "Wirtschaftsberatung, Steuerberatung und Rechnungswesen" auf. Ihre niederländische Berufsbezeichnung "Belastingadviesbureau" führt sie nicht auf. Nach der Auskunft des Bundesamtes für Finanzen vom 16. August 2005 handelt es sich bei der von der Klägerin in Großbritannien angegebenen Adresse ... Street, B um die Sitzadresse der Klägerin, die zugleich die Anschrift des Registrierungsagenten "A Ltd." ist und dem Bundesamt als Massendomiziladresse bekannt ist.
In Belgien muss ein Steuerberater in das vom Institut der Buchprüfer und Steuerberater geführte Verzeichnis der Steuerberater aufgenommen sein, um als solcher tätig werden zu dürfen. In den Niederlanden ist es grundsätzlich jedem erlaubt, sich ohne Nachweis besonderer Kenntnisse auf dem Gebiet der Steuerberatung zu betätigen und sich als Belastingadviseur bzw. als Belastingadviesbureau im Handelsregister eintragen zu lassen. Die Klägerin hat das Dokument ihrer Gründung das "Certificate of Incorporation of a private Limited Company" vom 15. Juli 2005, die britische Apostille vom 19. Juli 2005 und die auf den 12. Dezember 2005 datierte Kopie ihrer Eintragung im niederländischen Handelsregister "kamer von koophandel en Fabrieken" vorgelegt. Ausweislich der Bescheinigung der "Kamer van Koophandel en Fabrieken" sind Herr T und Frau S Direktoren der Klägerin, die beide im Inland wohnhaft sind. In dem Vordruck ist als Betriebsbezeichnung ("bedrijfsomschrijving") Buchhaltungs- und Steuerberatungsbüro; Verwaltungsbüro ("boekhouden belastingadviesbureau; administratiekantoor") angegeben. Bis in das Jahr 2000 war der Direktor der Klägerin, Herr T, im Inland zugelassener Steuerberater. Wegen Vermögensverfalls wurde seine Bestellung zum Steuerberater gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG im Jahr 2000 durch die zuständige Steuerberaterkammer widerrufen. Seine Klage vor dem FG Köln und seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim BFH blieben seinerzeit ohne Erfolg (vgl. Beschluss des BFH vom 1. August 2002 - VII B 35/02, BFH/NV 2002, S. 1499). Seine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an (Beschluss des BVerfG vom 4. Dezember 2002 - 1 BvR 2046/02). Die Direktorin der Klägerin, Frau S, gehört nicht zum Personenkreis des § 3 Nr. 1 und Nr. 2 StBerG. Ebenso wie die Klägerin sind Herr T und Frau S im niederländischen Handelsregister "Kamer van Koophandel en Fabrieken" als Belastingadviseure eingetragen, machen geltend gemäß § 3 Nr. 4 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt zu sein und wenden sich gegen ihre Zurückweisungen als Bevollmächtigte im Inland. Die Klageschrift wie ihr weiterer Schriftverkehr in diesem Verfahren wie auch in den weiteren bei Gericht anhängigen Verfahren wurden sämtlich vom Inland aus zur Post aufgegeben.
Mit Bescheid vom 7. November 2005 wies der Beklagte die Klägerin als Bevollmächtigte der Eheleute Horsch gemäß § 80 Abs. 5 AO unter Hinweis auf die Unwirksamkeit ihrer Verfahrenshandlungen gemäß § 80 Abs. 8 S. 2 AO zurück (Bl. 48 d. A. "Zurückweisung Steuerberater", Bd. I). Dies begründete der Beklagte u. a. damit, dass Bevollmächtigte, die Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein, zurückzuweisen seien. Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen seien nur die in den §§ 3 und 4 StBerG abschließend aufgeführten natürlichen Personen und Vereinigungen befugt. § 3 Nr. 4 StBerG, ...