Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Die berufliche Veranlassung einer Schadensersatzleistung wegen unerlaubter Handlung ist nicht schon dann gegeben, wenn das sie auslösende Moment nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen mit dem Beruf i.S. einer "conditio sine qua non" verbunden ist, also nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Ausgabe entfiele. Maßgebend ist vielmehr, dass dieses auslösende Moment innerhalb des Rahmens berufstypischer Tätigkeit liegt.
Werden Schadenersatzansprüche gegen einen früheren Arbeitnehmer damit begründet, dass dieser Betriebsgeheimnisse gegen Entgelt weitergegeben hat, so liegt die den Schadenersatz begründete Handlung außerhalb der beruflichen Aufgabenerfüllung, nämlich dieser geradezu entgegen gesetzt.
Dabei spielt es für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen keine Rolle, ob der Arbeitnehmer das behauptete Fehlverhalten tatsächlich begangen hatte. Entscheidend ist vielmehr, dass der Anspruch darauf gründete und der Arbeitnehmer letztlich die Zahlungen - wenn auch im Vergleichsweg - in Teilerfüllung dieses Anspruchs geleistet hat.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Werbungskosten-Abzug im Umfang von 90.128,00 € bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Kläger sind für das Streitjahr 2007 zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der 1956 geborene Kläger – Maschinenbautechniker – ist seit mindestens 1995/1996 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der in H ansässigen Firma G Maschinen und Geräte GmbH (im Folgenden: GmbH), die sich damals u.a. mit der Planung und Entwicklung von Maschinen und Geräten für das Grundstoffrecycling sowie mit dem Handel von Gebrauchtmaschinen und deren Ersatzteile (Schneidkronen, Schneidmesser etc.) befasste. Im Streitjahr erzielte der Kläger aus einer Geschäftsführertätigkeit einen Jahresbruttoarbeitslohn von 87.084,00 €. Seine 1958 geborene Ehefrau – die Klägerin – ist mit einem Jahresbruttoarbeitslohn von 33.800,00 € gleichfalls bei der GmbH beschäftigt, und zwar als kaufmännische Angestellte.
Unbeschadet der damals schon innegehabten Stellung als Gesellschafter/Geschäftsführer der vorgenannten GmbH hatte der Kläger mit der in O ansässigen, Maschinen und Anlagen zum Recycling von Abfallstoffen, insbesondere von Kühlschränken, Elektrogeräten produzierenden Firma M Recycling Maschinen Vertriebs GmbH (im Folgenden: M) am 28. Juni 1996 einen Arbeitsvertrag des Inhalts geschlossen, dass er ab 1. Juli 1996 für die M als angestellter Gebiets-Verkaufsleiter zu einem monatlichen Festgehalt von 15.000,00 DM zzgl. einer monatlichen Garantieprovision von 2.000,00 DM und zzgl. einer sich nach getätigten Nettoumsätzen berechneten Verkaufs-Provision "alle vertrieblichen Interessen" in dem ihm zugeteilten Verkaufsgebiet (u.a. Skandinavien) wahrnehmen und die Vertriebsorganisation weiter aufbauen solle (Vertrag, Bl. 41 ff. PA). Er sollte neben Endkunden auch Händler und Handelsvertreter betreuen. Nach § 9 des Arbeitsvertrags unterlag der Kläger unter Bewehrung mit einer Vertragsstrafe und unter Vorbehalt von Schadenersatz einer im Einzelnen dort geregelten Schweigepflicht. Ein Zusatz zum Arbeitsvertrag gestattete ihm unter Ausnahme zu dem in § 3 statuierten Nebentätigkeitsverbot "die Fortführung seiner bisherigen" GmbH, wobei allerdings deren Gegenstand sich "auf die Vermittlung von M-Produkten und den Verkauf von Magnetabscheidern", dieser limitiert auf die Höhe von jährlich 100.000,00 DM, zu beschränken hatte (Bl. 49 PA).
Zum 30. September 2003 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers mit M beendet. Mit Schrift vom 5. Oktober 2005 erhob die M gegen den Kläger vor dem Arbeitsgericht Klage auf Schadenersatz von 929.648,00 € mit der Begründung, dass der Kläger gegen Entgelt konkrete Geschäftschancen an Konkurrenten verraten und daher gegen die in § 9 des Arbeitsvertrags bestimmte Schweigepflicht verstoßen habe (Klageschrift, Bl. 40 ff., im Folgenden jeweils: ESt-Akte 2007). Hiernach soll der Kläger der schwedischen Firma X im Jahr 2003 geheime Angebotsdaten und Zeichnungen der M mitgeteilt haben, so dass die X ein günstigeres Angebot mit der Folge habe abgeben können, dass ihr, und nicht der M der Zuschlag über den Verkauf einer Elektroschrott-Recyclinganlage an ein norwegisches Unternehmen über einen Kaufpreis von 1.430.000,00 € (Angebot der M: 1.850.000,00 €) erteilt wurde. Als Provision soll der Kläger in 2003 über "seine" GmbH – auf deren Konto soll das Geld im Anschluss an eine von ihr erstellten Rechnung vom 30. September 2003 überwiesen worden sein – 35.800,00 € erhalten haben.
Der Arbeitsrechtsstreit wurde in der gerichtlichen Sitzung am 15. März 2007 mit einem Vergleich beendet (Bl. 49 und 50). Hiernach verzichtete die GmbH auf bereits anhängig gemachte und verglichene Ansprüch...