Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliches Vertragswerk im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts: Kaufpreis für Grundstück und Baukosten für Wohnhaus

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren zur Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands führenden Vereinbarungen liegt u.a. vor, wenn der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Veräußererseite in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde.

2. Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auftreten, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten, ist entscheidend, inwieweit der Grundstückskaufvertrag in ein Vertragsgeflecht miteinbezogen ist, das unter Berücksichtigung aller Umstände darauf gerichtet ist, dem Erwerber als einheitlichen Erwerbsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn die auf der Veräußererseite auftretenden Personen personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind oder aufgrund von (nicht notwendigerweise vertraglichen) Abreden auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken.

3. Die Feststellungslast hierfür trägt das Finanzamt.

4. Nach erfolgter Beweisaufnahme bestanden keine Anhaltspunkte für derartige Abreden auf der Veräußererseite.

 

Normenkette

GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im 2. Rechtsgang.

Streitig ist, ob der Grundstückskaufvertrag vom 20. Mai 2009 im Zusammenhang mit dem der Errichtung eines Gebäudes zu Grunde liegenden Werkvertrag vom 22. Juni 2009 als einheitlicher Erwerbsvorgang (einheitliches Vertragswerk) im Sinne der Grunderwerbsteuer zu beurteilen ist.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 20. Mai 2009 (Urkundenrolle Nummer …/2009 B) hat der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau den im Grundbuch von G Blatt …5 eingetragenen, im Rahmen der Baulandumlegung „…" neu entstandenen Grundbesitz Gemarkung G, Flur …, Flurstück Nr. …7, Bauplatz, 413 qm, zu je ½ Anteil erworben. Der Gesamtkaufpreis betrug 165.000,00 €.

In dem Kaufvertrag ist u.a. ausgeführt:

㤠9 Bauverpflichtung

1. Das Kaufobjekt befindet sich im Gebiet des Bebauungsplans „Wohngebiet …". Dieser Bebauungsplan zeichnet sich durch eine geringe Regelungsdichte und große Gestaltungsspielräume aus, um so auf unterschiedliche Wohnwünsche flexibel reagieren zu können. Um dennoch weitere gestalterische Aspekte zur Geltung zu bringen und langfristig trotz der geringen Regelungsdichte des Bebauungsplans die herausragende städtebauliche Qualität des Wohngebietes zu sichern, wurde parallel zu dem Bebauungsplan das „Gestaltungshandbuch … (Name des Wohngebiets) geschaffen, das neben den öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Bebauungsplanes verpflichtende Grundlage für die planerischen Überlegungen des Käufers sein soll. Das Gestaltungshandbuch nennt dem Bauherren „Leitlinien", die verpflichtend umzusetzen sind, und Anregungen, die lediglich „Empfehlungscharakter" haben. ....

2. Die Umsetzung des Gestaltungshandbuchs wird durch eine Lenkungsgruppe gesteuert, die sich aus Vertretern des Entwicklungsträgers (der G GmbH) und der Stadt M, Stadtplanungsamt, zusammensetzt.

Dem Käufer ist bekannt, dass die Vorgaben des Gestaltungshandbuchs nicht öffentlich-rechtlich verbindlich sind. Um den Anliegen des Verkäufers gemäß Nr. 1 Rechnung zu tragen, hat der Käufer der Lenkungsgruppe vor dem Abschluss des gegenwärtigen Kaufvertrages Pläne nebst Flächenberechnungen, die von der Lenkungsgruppe geprüft und durch Erteilung eines Prüfvermerks freigegeben worden sind, eingereicht.

3. Der Käufer verpflichtet sich, unverzüglich nach Besitzübergang und Erteilung der Baugenehmigung bzw. Freigabe des Bauvorhabens im Freistellungsverfahren nach § 67 Landesbauordnung auf dem Kaufobjekt mit der Errichtung der Bauwerke und Nebenanlagen entsprechend den dieser Urkunde als Anlage 2 beigefügten und von der Lenkungsgruppe genehmigten und mit Prüfvermerk versehenen Plänen nebst Flächenberechnungen zu beginnen und diese innerhalb von 24 Monaten in einem Zuge bezugsfertig zu erstellen. ... "

Die dem Kaufvertrag als Anlage 2 beigefügten und von der Lenkungsgruppe am 23. April 2009 genehmigten und mit Prüfvermerken versehenen Pläne und Flächenberechnungen waren von dem Ingenieurbüro K mit Datum 20. April 2009 erstellt worden. Herr K ist zugleich Mitgesellschafter der den Bau ausführenden Firma S Immobilien GmbH. Im Übrigen wird auf den Inhalt des notariellen Kaufvertrages vom 20. Mai 2009 (Urkundenrolle Nummer …/2009 B) Bezug genommen (Bl. 2 ff. Verwaltungsakten).

In dem dem Kläger zugesandten Fragebogen gab dieser an, dass im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb mit einem Bauunternehmen e...

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