Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1990
Tenor
I. Der Einkommensteuerbescheid 1990 vom 10. August 1992 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 1994 wird dahin geändert, daß die Einkommensteuer auf 6.118,– DM herabgesetzt wird.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war nach Ablegung des 2. juristischen Staatsexamens ab ca. 1980 sowohl als Jurist als auch im Bereich der Informatik beruflich tätig. Im Streitjahr 1990 war er zunächst bei einer Firma zur Entwicklung von Software-Programmen als Arbeitnehmer beschäftigt. Seit August 1990 war er als Arbeitnehmer bei der Verwaltungshochschule … beschäftigt. Hier war er zunächst im Rechenzentrum der Verwaltungshochschule und seit 1991 am Lehrstuhl für Verwaltungsinformatik tätig. Von April 1991 bis März 1993 führte der Kläger ein Forschungsprojekt aus dem Grenzbereich zwischen Rechtswissenschaft und Informatik durch. Seit August 1993 ist er beim Freistaat … beschäftigt, wo er als Regierungsrat seit November 1994 das Referat Information und Kommunikation leitet.
Im Streitjahr 1990 hat der Kläger neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. noch Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt und aus Gewerbebetrieb (EDV-Beratung, Programmentwicklung, Handel mit elektrischen Teilen und Geräten) erklärt.
Im Jahr 1989 nahm der Kläger ein Studium an der Fernuniversität Hagen – Fachbereich Mathematik und Informatik – auf. Die von ihm als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für das Fernstudium wurden in dem Einkommensteuerbescheid 1989 berücksichtigt.
Im Streitjahr 1990 machte der Kläger Aufwendungen in Verbindung mit dem Fernstudium in Höhe von 4.476,05 DM geltend. Hierbei handelt es sich neben den Studiengebühren um Fahrtkosten und dazu gehörige Verpflegungsmehraufwendungen, die der Höhe nach nicht streitig sind.
In dem Einkommensteuerbescheid 1990 vom 10. August 1992 berücksichtigte der Beklagte diese Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit. Der Bescheid erging allerdings u.a. in diesem Punkt gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig, weil noch nicht abschließend beurteilt werden könne, ob das Informatikstudium als Ausbildungskosten oder als Werbungskosten zu berücksichtigen sei.
Mit ihrem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1990 rügten die Kläger, daß der diesbezügliche Vorbehalt rechtswidrig sei, da bereits im Rahmen eines Einspruchsverfahrens für das Jahr 1989 seitens der Kläger nachgewiesen worden sei, daß es sich bei den Kosten des Fernstudiums um Werbungskosten handele.
In seiner Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 1994 hat der Beklagte – nach entsprechendem Hinweis – die bisher als Werbungskosten behandelten Aufwendungen in Höhe von 4.476,– DM nur noch als Ausbildungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 900,– DM in Abzug gebracht. Er hat dies damit begründet, daß Aufwendungen für ein Hoch- oder Fachhochschulstudium regelmäßig als Ausbildungskosten zu qualifizieren seien, weil angenommen werden könne, daß damit ein anderer Beruf angestrebt werde. Die Ausnahme, die die Rechtsprechung für ein Zweitstudium zugelassen habe, wenn nach der Studiendauer, seiner Art und dem angestrebten Examen ausgeschlossen werden könne, daß damit eine vollwertige den Berufswechsel ermöglichende Ausbildung vorliege, sei im Streitfall nicht gegeben. Das Studium der Informatik sei vom Jura-Studium, das der Kläger bereits absolviert habe, als völlig artverschieden anzusehen.
Das berufliche Engagement des Klägers sei gerade zum Zeitpunkt des Studienbeginns vom Wechsel zwischen selbständiger zur nichtselbständigen Arbeit geprägt gewesen. Da zudem in 1990 nach nur einem Beschäftigungsjahr der Arbeitgeber gewechselt worden sei, erhärte sich die Vermutung, nach der der Kläger mit einer zusätzlichen Ausbildung seine beruflichen Perspektiven erweitern wollte. Unbestritten sei, daß der Kläger in Ausübung seines bisherigen Berufs sehr stark im Bereich der Informatik tätig gewesen sei, ohne eine entsprechende Berufsausbildung zu besitzen. Die im Zweitstudium erworbenen Kenntnisse seien von daher nützlich und dienlich gewesen. Dies könne aber nicht zwangsläufig zur Qualifizierung der Aufwendungen als Fortbildungskosten führen. Denn der Kläger habe das Studium auch aufgenommen, um nach dem möglichen Examensabschluß als Diplom-Informatiker die Chance für einen Berufswechsel zu haben. Dies ließe sich aus den intensiven Studienanstrengungen im Jahr 1989 und im Streitjahr ableiten.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vertreten die Kläger weiterhin die Auffassung, daß die Kosten des Fernstudiums als Fortbildungskosten zu behandeln sind. Bei dem Bereich Informatik handele es sich nämlich um einen ausgesprochen innovativen Bereich, in dem die Kenntnisse schnell überholt seien. Im Hinblick ...