Entscheidungsstichwort (Thema)
Verluste des wesentlich beteiligten Gesellschafters aus der Auflösung der Gesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Zeitpunkt der Realisierung eines Veräußerungsverlustes aus einer wesentlichen Beteiligung kann vor dem Abschluss der Liquidation der Gesellschaft liegen, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses vermögenslos war.
2. Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG kommen nicht nur Aufwendungen, die als Nachschüsse (§§ 26 GmbHG) oder als verdeckte Einlagen zu werten sind, sondern auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Verluste aus Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters in Betracht.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1-2, 4
Tatbestand
Streitig ist die Höhe eines Verlustes nach § 17 EStG und im Zusammenhang damit die Frage, ob eine Zahlung von 94.000 DM aus dem Vermögen der Klägerin den Verlust des Klägers als Gesellschafter erhöhen kann.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war zu 99 v. H. am Stammkapital der Fa. R Massivhaus Bauunternehmung GmbH (im folgenden GmbH) beteiligt, deren Geschäftsführer er zugleich war. Mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 21.04.1995 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1995 machten die Kläger einen Verlust von ./. 378.298,15 DM aus der Beteiligung des Klägers an der GmbH gem. § 17 EStG wie folgt geltend:
Verlust Stammkapital |
50.000,00 DM |
Verlust Gesellschafterkonto |
28.298,15 DM |
Bürgschaft |
300.000,00 DM |
Se.: |
378.298,15 DM |
Die Aufwendungen von 300.000,00 DM rührten nach dem ursprünglichen Vortrag des Klägers in voller Höhe aus einer Bürgschaft des Klägers vom 22. März 1994 für Schulden der GmbH über 346.400,00 DM bei der ...bank A her, für die er seit Februar 1995 in Anspruch genommen wurde.
Der erst im Klageverfahren geltend gemachten Zahlung von 94.000 DM aus dem Vermögen der Klägerin liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin hatte sich bereits unter dem 2. April 1990 in Höhe von 25.000 DM für die Ansprüche der ...bank A gegen die Fa. R Massivhaus GmbH verbürgt. Der Kontokorrentkredit der GmbH bei der ...bank A betrug zunächst 250.000 DM. Auf einem Grundstück der Klägerin war eine Halle errichtet worden, die von ihr an die GmbH vermietet wurde. Zur Finanzierung der Baukosten hatte die Klägerin ebenfalls bei der ...bank A - eine Grundschuld in Höhe von 210.000 DM eintragen lassen. Als die GmbH in 1993/94 in finanzielle Schwierigkeiten geriet, weil ein Bauträger nicht zahlte, bestand auf Seiten der GmbH die Notwendigkeit, den Kontokorrentkredit bei der ...bank A zu erhöhen. Die Klägerin kam sodann - nach einem entsprechenden Verlangen der ....bank - mit dem Kläger überein, dass auf dem vorbenannten Grundstück eine weitere Grundschuld über 150.000 DM eingetragen werde, um das weitere Kreditengagement der ...bank abzusichern. Nach Stellung des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens drohte die ...bank A mit der Versteigerung des Grundstücks. Das Grundstück mit aufstehender Halle wurde sodann freihändig veräußert. Mit dem Veräußerungserlös wurde die Valutierung der ersten Grundschuld über 210.000 DM abgelöst. Den Restbetrag aus dem Verkaufserlös in Höhe von 94.000 DM zog die ...bank im Hinblick auf die Sicherung durch die zweite Grundschuld ein und verrechnete den Betrag auf die Kontokorrentverbindlichkeiten der GmbH.
Nach einer Bestätigung der ...bank A vom 5. Februar 2002 (Bl. 11 d. A. im Parallelverfahren 5 K 1064/02) ist dem Kontokorrentkonto der Gemeinschuldnerin, der Fa. R Massivhaus GmbH, mit Buchungstag vom 27. September 1996 der Betrag von 94.000 DM gutgeschrieben worden. Nach der Bestätigung der ...bank ergab sich die Inanspruchnahme "der Eheleute R ... sowohl aus Bürgschaftsinanspruchnahme als auch aus den Zweckerklärungen."
Nach einer weiteren, von den Klägern im Klageverfahren vorgelegten Bescheinigung der ...bank A vom 14. April 2003 (Bl. 58 d. A.) sicherten die auf dem verkauften Grundstück der Klägerin lastenden Grundschulden gemäß Zweckerklärungen auch die Forderungen der Bank gegenüber der Fa. R Massivhaus GmbH. In der Bescheinigung heißt es weiter: "Darüber hinaus hafteten sowohl Frau als auch Herr R für Forderungen der Bank gegenüber der Firma R Massivhaus GmbH durch Bürgschaften." Nach einer späteren Mitteilung der ...bank (Aktenvermerk vom 6. November 2003, Bl. 62 Rs. d. A.) ist eine Inanspruchnahme der Klägerin aus der Bürgschaft nie erfolgt.
Im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 1995 vom 20. Januar 1997 mit einer Steuerfestsetzung von Null DM erkannte der Beklagte den erklärten Verlust von ./. 378.298,15 DM zunächst an. Im Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31.12.1995 vom 20. Januar 1997, der ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, traf der Beklagte folgende Feststellungen:
Verbleibender Verlustabzug aus den Jahren bis 1994 (nach Berücksichtigung... |