Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Umgehung steuerlicher Korrekturnormen durch Erlass erstmaliger Gewinnfeststellungsbescheide
Leitsatz (redaktionell)
Ergeben sich bei Durchführung einer Außenprüfung Erkenntnisse für Jahre außerhalb des Prüfungszeitraums, so steht deren Umsetzung durch den Erlass erstmaliger Gewinnfeststellungsbescheide für eine Ehegattengemeinschaft jedenfalls dann kein Verwertungsverbot entgegen, wenn die bereits ergangenen bestandskräftigen Veranlagungen der Eheleute nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO hätten geändert werden können.
Normenkette
AO § 173 Abs. 2 J: 1977, § 180 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit erstmaliger Gewinnfeststellungsbescheide für 1992 und 1993 sowie - materiellrechtlich - die Höhe der vom Finanzamt angesetzten Entnahmewerte landwirtschaftlicher Grundstücke.
Die im Güterstand der Gütergemeinschaft lebenden Kläger unterhalten mit Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich einen landwirtschaftlichen Betrieb (Ackerbau) in ... Sie wurden - zunächst ohne Durchführung eines Feststellungsverfahrens - mit vorbehaltlosen und in Bestandskraft erwachsenen Bescheiden für 1992 vom 15. Juli 1994 und 1993 vom 17. Mai 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Den entsprechenden Einkommensteuererklärungen beigefügt waren neben den Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen die Inventurverzeichnisse (Bilanzakte). In der steuerlichen Bilanz 1992 / 1993 ist ein Abgang von Grund und Boden im Umfang von 77.670,40 DM aufgeführt, der im steuerlichen Inventarverzeichnis näher bezeichnet ist. Hieraus ergibt sich ein Abgang von fünf Grundstücken (insgesamt: 15.170 qm; 5,12 DM/qm) zu den am 1. Juli 1970 (nach § 55 Abs. 1 EStG) aufgenommenen Buchwerten von insgesamt 77.670,40 DM. Die Veranlagungen erfolgten jeweils erklärungsgemäß.
Anlässlich einer 1997 für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1995 und die Wirtschaftsjahre 1993 / 1994 bis 1995 / 1996 durchgeführten Außenprüfung (Bericht vom 27. November 1997, Bl. 2 ff. Bp-Akte) stellte der Prüfer fest, dass die Kläger die vorgenannten fünf Grundstücke (Ackerland) mit Vertrag vom 10. November 1992 an den Sohn ... der Kläger ab „Martini 1992“ verpachtet und am 16. Juni 1993 ohne nähere Erläuterungen ausgebucht hatten. Er stellte ferner fest, dass es sich um kieshaltige Grundstücke handelte, die die Kläger am 23. Oktober 1995 für 25,-- DM / qm an die kiesabbauende Firma ... (GmbH) veräußert hatten. Es bestand eine zusätzliche Vereinbarung dahin, dass sich der Kaufpreis um 5,-- DM/qm erhöht, wenn eine Kiesabbaugenehmigung erteilt wird. Außerdem sollen sich die veräußerten Grundstücke in der Nähe des von der GmbH bislang Kies abgebauten Geländes befinden. Der Prüfer schätzte den Teilwert zum 16. Juni 1993 auf 20,-- DM/qm und gelangte unter Abzug der Buchwerte auf einen Entnahmegewinn von 225.729,60 DM, den er - neben weiteren Vorgängen - den Veranlagungszeiträumen 1992 und 1993 gem. § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG jeweils hälftig zuordnete. Das Ergebnis seiner Feststellungen ist unter der Bezeichnung „Ermittlungen gem. § 88 AO“ unter Tnrn. 24 und 25 im Bp-Bericht enthalten. Unter Teil A - Allgemeine Angaben - ist in Tnr. 7 (Ehegattenbetrieb) ausgeführt, daß die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft wegen der bestehenden Ehegemeinschaft (Gütergemeinschaft) einheitlich und gesondert festzustellen sind. Ein Fall von geringer Bedeutung liege nicht vor, da unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Bewertung von „Entnahmevorgängen und rechtlicher Würdigungen“ bestünden.
Entsprechend den Prüferfeststellungen erließ das Finanzamt am 15. Dezember 1997 gegenüber den Klägern erstmalige Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1990 bis 1993.
Mit ihrem gegen die Bescheide für 1992 und 1993 eingelegten Einspruch wandten sich die Kläger - wie bereits anlässlich der Schlussbesprechung am 29. September 1997 - gegen die angesetzten Entnahmewerte von 20,-- DM/qm. Obwohl der Bodenrichtwert für die betreffenden Grundstücke lediglich 3,-- DM/qm betrage, habe man zur Vermeidung einer Verlusthinzurechnung nach § 55 Abs. 6 EStG anlässlich der Entnahme bereits einen Wert von 5,12 DM/qm (= Buchwert) berücksichtigt. Eine Feststellung habe nicht ergehen dürfen. Die Vor-Bp habe einen Fall von geringer Bedeutung angenomen (Tz. 7 des Bp-Berichts vom 4. Juni 1992 für die Wirtschaftsjahre 1988 / 1989 bis 1990 / 1991). Hieran habe sich nichts geändert.
Mit Entscheidung vom 30. März 1999 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Hierbei vertrat es weiterhin den Standpunkt, dass kein Fall von geringer Bedeutung vorliege, da jedenfalls eine Besteuerungsgrundlage streitig sei. Hinsichtlich der Entnahmewerte stützte es sich auf ein von der OFD Koblenz erstelltes Gutachten vom 16. März 1998. Danach befänden sich die zur Zeit der Besichtigung am 28. Januar 1998 noch landwirtschaftlich genutzten Grundstücke unmittelbar an einer schon ausgebeuteten Betriebsfläche und in ...