Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen eines an einer berufsbildenden Schule tätigen Lehrers zur Fortbildung in seinem nicht ausgeübten Beruf
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen eines Lehrers an einer berufsbildenden Schule zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren“, auf dem Gebiet der Akupunktur und der Allergologie dienen dem Zweck der Weiterbildung in seinem während der Lehrtätigkeit nicht ausgeübten Arztberuf und sind deshalb nur im Rahmen der Sonderausgaben abzugsfähig.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 7; FGO § 115 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind verschiedene vom Kläger geltend gemachte Werbungskosten.
Der Kläger hat nach Abschluss seines Medizinstudiums mehrere Jahre als Arzt praktiziert. Anschließend absolvierte er eine pädagogische Zusatzausbildung, die er mit dem 2. Staatsexamen für berufsbildende Schulen abschloss. Der Kläger ist als Studienrat bei der Berufsbildenden Schule für Wirtschaft in ... beschäftigt. Vom 1. August 1996 bis zum 31. Juli 1997 war der Kläger zur Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen ohne die Fortzahlung von Bezügen vom Dienst beurlaubt (Bl. 82 ESt-Akten). In seiner Einkommensteuererklärung für 1996 hat der Kläger u. a. die folgenden Beträge als Werbungskosten geltend gemacht (Bl. 9 f. ESt-Akten):
Fortbildungsveranstaltung in ... zum Erwerb der Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren |
11.936,84 DM |
Fortbildungsveranstaltung in ... auf dem Gebiete der Akupunktur |
390,72 DM |
Fortbildungsveranstaltung in ... zur Durchführung eines Berufspraktikums bei einem Hautarzt - Allergologie |
1.041,28 DM |
Mitgliedsbeiträge für die Bezirks- und Landesärztekammer und den ... |
274,00 DM |
Aufwendungen für ärztliche Berufskleidung und Untersuchungsinstrumente |
275,70 DM |
Fachliteratur im ärztlichen Bereich |
880,36 DM |
Bei der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung für 1996 hat der Beklagte von den vorstehenden Posten nur 471,10 DM für Fachliteratur als Werbungskosten bei der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers anerkannt. Für die übrigen Aufwendungen des Klägers wurde der Höchstbetrag für Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf von 2.400,00 DM bei den Sonderausgaben gewährt. Entsprechend erging der Einkommensteuerbescheid am 12. Dezember 1997. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 21. August 1998 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass er Arzthelfer / Arzthelferinnen unterrichte und die in der Fortbildung unterrichteten Fächer auch Teil des Lehrplanes seien. Aufwendungen für eine berufliche Fortbildung seien nach ständiger Rechtsprechung als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn es sich um Ausgaben handele, die ein Steuerpflichtiger tätige, um im ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Beurlaubung hindere die Anerkennung nicht. Der Kläger habe sich trotz der Beurlaubung zum Zwecke der Fortbildung weiterhin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Rheinland-Pfalz befunden. Die Fortbildung habe auch im Interesse des Arbeitgebers gestanden, denn als Lehrer verfüge er über 20 % pädagogischen Freiraum. Naturheilverfahren fänden immer größeren Eingang in die Behandlungsmethoden der praktizierenden Ärzte. Er sei ein engagierter Lehrer, der seinen Schülerinnen aktuelle Methoden vermitteln wolle. Die Aufwendungen hätten der ärztlichen Fortbildung gedient. Wenn ein Berufsschullehrer nicht einmal mehr berufsbezogene Praktika als Werbungskosten geltend machen könne, könne dies nicht nachvollzogen werden. Die Bedeutung des Bereichs „Naturheilverfahren“ für den Fachkunde-Unterricht könne einer Infratest-Umfrage entnommen werden, nach der immer mehr Ärzte Naturheilmittel verordneten. Durch die siebte Novelle der Approbationsordnung für Ärzte sei Naturheilverfahren als Pflichtfach in das Medizinstudium aufgenommen worden. Da er aber 1985 sein Studium abgeschlossen habe, bestehe für ihn gerade in diesem Bereich eine Pflicht zur Fortbildung. Seit Herbst 1991 sei er lehrbeauftragter Fachleiter am staatlichen Studienseminar für das Lehramt an berufsbildenden Schulen. Dort vertrete er das Fach „Gesundheit“ und betreue die fachliche und pädagogische Ausbildung von Studienreferendaren, die sich in der Ausbildung zum Berufsschullehrer für das Fach „Gesundheit“ befänden. Ein Mediziner im Lehramt an Berufsschulen sei eine Rarität. Aus diesem Grunde allein und dem daraus resultierenden vom Beklagten entgegengebrachten Unverständnis könnten die Fortbildungsmaßnahmen des Klägers jedoch nicht als Werbungskosten abgelehnt werden. Ebenso seien die Beiträge zu den Berufsverbänden als Werbungskosten anzuerkennen. Geradezu fortbildungsfeindlich sei es, die Fachliteratur, Arztkittel und Instrumente nicht anzuerkennen. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, nach welcher Vorschrift der Name des Erwerbers und der Titel auf den Belegen stehen müsse. ...