Revision eingelegt (BFH VIII R 41/18)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus einer vor dem 01.01.2005 abgeschlossenen Versicherung auf den Erlebens- oder Todesfall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Soweit § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG für Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen, die vor dem 01.01.2005 abgeschlossen worden sind, § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung für anwendbar erklärt, ist auch die von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung in Bezug genommene Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung maßgeblich.

2. Für § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung ist es ohne Bedeutung, ob die Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben geltend gemacht worden sind.

3. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung erfasst lediglich Versicherungen gegen laufende Beitragsleistung, nicht jedoch Versicherungen gegen Einmalbeitrag.

4. Auf nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung i.V.m. § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen ist der gesonderte Steuertarif des § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG anzuwenden.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2b, § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 32d Abs. 2 Nr. 2 S. 1, § 52 Abs. 28 S. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.03.2021; Aktenzeichen X R 44/18)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob die im Streitjahr (2014) in Form einer Einmalzahlung bezogene Ablaufleistung aus einer Lebensversicherung steuerbar ist.

Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger leistete in der Zeit von 1965 bis 1986 als bei der A AG beschäftigter Arbeitnehmer zusammen mit seinem Arbeitgeber monatliche Beiträge in die betriebliche Altersvorsorgekasse. Den bis zum Ausscheiden des Klägers am 24. Juli 1986 angesparten Betrag von 58.255 DM zahlte die A AG in eine bei ihr auf den Kläger abgeschlossene - und gleichzeitig auf sie als Versicherungsnehmerin lautende - Lebensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall mit einer Laufzeit von 28 Jahren ein. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Versicherungsschein vom 30. Juli 1986 (Blatt 43 ff. der Einspruchsakte). Während der Laufzeit wurden weder weitere Beitragszahlungen entrichtet, noch kam es zu Auszahlungen an den Kläger. Mit Ablauf der Vertragslaufzeit teilte die A AG dem Kläger mit Schreiben vom 5. August 2014 einen Auszahlungsbetrag von 167.386,07 € mit, von dem 76.863,68 € an einen Pfändungsgläubiger und 90.522,39 € unmittelbar an die Klägerin ausgezahlt wurden.

Nachdem die Kläger für das Streitjahr innerhalb der ihnen vom Beklagten gesetzten Frist keine Einkommensteuererklärung eingereicht hatten, setzte der Beklagte - auf Grundlage einer Schätzung und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung - mit Bescheid vom 27. August 2015 die Einkommensteuer auf 56.729 € fest, wobei er die - ihm von der A AG elektronisch mitgeteilten - rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen in Höhe von insgesamt 143.660 € in die Bemessung der Einkünfte einbezog.

Mit ihrem mit Schreiben vom 21. September 2015 eingelegten Einspruch machten die Kläger geltend, dass es sich bei dem von der A AG ausgezahlten Betrag um eine - nicht steuerbare - Leistung aus einer betrieblichen Altersversorgung handele. Das Alterseinkünftegesetz - und damit das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung - griffen nicht ein, da der Vertrag lange vor dem Stichtag 31. Dezember 2004 abgeschlossen worden sei. Da das angesparte Kapital in einem Betrag ausgezahlt worden sei, sei es steuerfrei. Zudem könne sich der Beklagte ohne eigene Ermittlungen nicht schlicht auf die unzutreffende Mitteilung der A berufen, dass die Einmalzahlung steuerbar sein. Da der Sachverhalt Jahrzehnte zurückliege, sei nicht aufzuklären, wie die gezahlten Beiträge in der Ansparphase steuerlich behandelt worden seien.

Nach elektronischer Übermittlung der Einkommensteuererklärung 2014 durch die Kläger am 30. September 2015 änderte der Beklagte - unter Berufung auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) - mit Bescheid vom 27. Oktober 2015 die Einkommensteuerfestsetzung auf 43.711 €; die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen wurden weiterhin in die Bemessung der Einkünfte einbezogen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 5. August 2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Für vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossene Versicherungsverträge sei nach § 52 Abs. 36 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung vom 25. Juli 2014 die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der Fassung des Haushaltbegleitgesetzes 2004 (HBeglG 2004) vom 29. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 3076; - EStG a.F. -) weiter anzuwenden. Danach gehörten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enth...

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