Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Reisekosten
Leitsatz (amtlich)
Der Vorsteuerabzug bei Reisekosten nach Pauschbeträgen (Verpflegungsmehraufwendungen und Verwendung eines unternehmensfremden Fahrzeugs bei Geschäftsreisen) kann über den 31. März 1999 hinaus nicht aus der "Fortgeltung" der aufgehobenen Vorschriften des § 36 Abs. 1 und Abs. 3 UStDV 1993 hergeleitet werden, weil die Aufhebung der Vorschriften durch Art. 8 Nr. 1 StEntlG1999/2000/2001 wegen Verstoßes gegen die "Stand-Still-Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie gemeinschaftswidrig gewesen sei.
Ein Anspruch auf Vorsteuerabzug setzt bei Anwendung vorrangigen Gemeinschaftsrechts den Besitz einer Rechnung voraus (Art. 18 Abs. 1a der 6. EG-Richtlinie).
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1a Nr. 2; UStDV § 36 Abs. 1, 3; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2, 6, Art. 18 Abs. 1a; StEntlG 1999/2000/2001 Art. 18 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger streitet mit dem Beklagten darüber, ob er über den 31. März 1999 hinaus den Vorsteuerabzug bei Reisekosten nach Pauschbeträgen entsprechend der seit 01. April 1999 aufgehobenen Vorschriften des § 36 Abs. 1 und Abs. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung -UStDV 1993- in der Fassung des Artikel 6 des Gesetzes zur Finanzierung eines Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I S. 3121) für Verpflegungsmehraufwendungen und für die Verwendung eines nicht zu seinem Unternehmen gehörenden Kraftfahrzeugs für Geschäftsreisen im Inland (äKilometergelderstattungen) in Anspruch nehmen kann.
Der Kläger betrieb im Streitjahr selbständig ein Ingenieurbüro (...). Er ist Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes -UStG-. In seiner Umsatzsteuer-Erklärung für 1999 erklärte er bei steuerpflichtigen Umsätzen (einschließlich Eigenverbrauch) von 179.391,-- DM eine Umsatzsteuer von 28.702,56 DM und abziehbare Vorsteuerbeträge von 4.367,11 DM, so dass sich eine Umsatzsteuerschuld von 24.335,45 DM ergab. Im Hinblick auf die in der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes -EStG- enthaltenen Ausgabenpositionen "Reisekosten“ 13,1 %, Verpflegungsmehraufwendungen UN von 3.127,88 DM und "Kilometergelderstattung“ 6,1 % UN von 28.813,41 DM fragte der Beklagte beim Kläger an, ob und in welcher Höhe in der Umsatzsteuererklärung Vorsteuerbeträge aus der Kilometergelderstattung und aus den Reisekosten ab dem 01.April 1999 geltend gemacht worden seien. Dies bejahte der Kläger und gab die abgezogenen Vorsteuerbeträge aus Kilometergelderstattungen ab 01.04.1999 mit 1.423,59 DM und aus Reisekosten ab dem 01.04.1999 mit 453,26 DM an. Um den Gesamtbetrag von 1.876,85 DM kürzte der Beklagte die erklärte Vorsteuer auf 2.490,26 DM und setzte mit Bescheid vom 01. August 2000 die Umsatzsteuer 1999 auf 26.212,-- DM fest. Er erläuterte hierzu, aus Reisekosten könne wegen der Gesetzesänderung ab dem 01.04.1999 kein Vorsteuerabzug mehr geltend gemacht werden.
Dagegen legte der Kläger am 13. August 2000 Einspruch ein und führte aus, er halte es für verfassungswidrig, wenn er nicht mehr wie bisher aus den für ihn geltenden Kilometerpauschalen von 0,52 DM für geschäftlich gefahrene Autokilometer sowie aus den Verpflegungspauschalen Vorsteuerabzugsbeträge mit den bislang geltenden Sätzen abziehen könne. Außerdem bezog er sich auf den Schriftverkehr, mit dem er bereits im Zusammenhang mit den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für 1999 um die weitere Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus den Verpflegungs- und Kilometerpauschalen gestritten hatte.
Den Rechtsbehelf wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 2000 als unbegründet zurück. Er verwies zur Begründung darauf, dass durch Artikel 8 des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 -StEntlG1999/2000/2002- vom 24. März 1999 mit Wirkung zum 01. April 1999 die §§ 36 bis 39 der UStDV 1993 gestrichen worden seien. Die pauschale Vorsteuerermittlung aus Fahrzeugkosten sei deshalb ab dem 01. April 1999 nicht mehr zulässig. Vorsteuerbeträge, die unmittelbar und ausschließlich auf unternehmerische Fahrten entfielen, müssten ab diesem Zeitpunkt anhand von Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer oder so genannten Kleinbetragsrechnungen (z.B. Tankquittungen) nachgewiesen werden. Für Unternehmer, die ihre Aufwendungen für Geschäftsreisen und unternehmerische Fahrten lediglich anhand der ertragsteuerlichen Pauschalwerte ermittelten, könne daher ein Vorsteuerabzug ab dem 01. April 1999 nicht mehr in Betracht kommen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der geltend gemacht wird, entgegen der durch das StEntlG 1999, 2000, 2002 eingeführten Regelung des § 15 Abs. 1 a Nr. 2 UStG stehe dem Kläger der Vorsteuerabzug zu, weil diese Vorschrift gegen die 6. EG-RL verstoße. Durch die gesetzliche Regelung sei seit dem 01.04.1999 weder ein Vorsteuerabzug aus pauschalierten, noch aus einzeln nachgewiesenen Reisekosten zulässig. Dem Kläger stehe jedoch der volle Vorsteuerabzug n...