Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabegewinn bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
Wird der Betriebsinhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes von einer Erbengemeinschaft beerbt, so werden die einzelnen Miterben stets Mitunternehmer des landwirtschaftlichen Unternehmens und bleiben so lange Mitunternehmer, bis die Erbengemeinschaft hinsichtlich ihres gemeinsamen Vermögens vollständig auseinandergesetzt worden ist. Bis dahin stellen die dem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen dienenden Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen dar und verlieren diese Eigenschaft erst, wenn sie infolge einer Nutzungsänderung notwendiges Privatvermögen werden oder wenn sie durch eine eindeutige Erklärung entnommen werden.
Normenkette
EStG § 14 S. 2, § 16 Abs. 3 Sätze 3-4, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Strittig ist die Höhe des Gewinns aus der Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes.
Die Klägerin zu 1) war mit Herrn ... verheiratet. Der Ehemann - nachfolgend Erblasser genannt - verstarb am 9. September 1997. Beerbt wurde er von der Klägerin zu 1) und seinen drei Kindern, den Klägern zu 2), zu 3) und zu 4).
Der Erblasser beerbte seinerseits in 1964 zusammen mit seiner Mutter seinen Vater. An der Erbengemeinschaft war er mit 9/16 und seine Mutter mit 7/16 beteiligt. Zum Nachlaß gehörte ein landwirtschaftlicher Betrieb. Das Grundvermögen des landwirtschaftlichen Betriebes umfaßte Ackerland, Weinbergsgelände und eine Hofreite in ... Flur ... Im Auseinandersetzungsvertrag vom 27. Dezember 1965 und im Ergänzungsvertrag vom 17. März 1967 wurde das Ackerland und die Weinberge teilweise auf den Erblasser und teilweise auf dessen Mutter zum Alleineigentum übertragen. Die Hofreite blieb gemeinschaftliches Eigentum.
Der Erblasser bewirtschaftete sowohl seine eigenen Flächen als auch die auf seine Mutter zum Alleineigentum übergegangenen Grundstücke. Seiner Mutter zahlte er zunächst kein Nutzungsentgelt. Erst mit Vertrag vom 20. Juni 1969 pachtete der Erblasser sämtliche seiner Mutter gehörenden Äcker und Weinberge gegen Zahlung einer Jahrespacht von 1.600 DM.
Die Hofreite, welche nicht Gegenstand des Pachtvertrages war, wurde gemischt genutzt. Während die Wirtschaftsgebäude wie Weinkeller und Lagerräume dem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen des Erblassers diente, wurde das Wohnhaus von beiden gemeinschaftlich bewohnt und zwar vom Erblasser bis 1976 und von dessen Mutter bis 1984. Ab 1985 wurde das Wohnhaus fremdvermietet.
Im Jahre 1989 beerbte der Erblasser seine Mutter und erwarb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter anderem die in der Gemarkung von ... gelegene Grundstücke Flur ..., Flur ... und ... (sog. ... ) sowie die Hofreite zum Alleineigentum.
Bis zum 31. Dezember 1993 bewirtschaftete der Erblasser die Weinbergsflächen; die Äcker waren stillgelegt. Ab dem 1. Januar 1994 verpachtete der Erblasser die stillgelegten Äcker sowie die Weinberge an verschiedene Landwirte. Die Hofreite hatte er bereits mit notariellem Vertrag vom 19. Mai 1993 für 430.000 DM verkauft und vereinbart, dass Besitz, Nutzen und Gefahr zum 31. Dezember 1993 übergehen sollte. Außerdem erklärte er zum 31. Dezember 1993 die Betriebsaufgabe.
Der Erblasser erklärte zum 31. 12. 1993 einen Aufgabegewinn von 210.479 DM und zog hiervon den Freibetrag gemäß § 16 Absatz 4 Satz 3 EStG in Höhe von 120.000 DM ab. Der Beklagte legte im unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 18. Mai 1995 den Aufgabegewinn wie erklärt mit 90.479 DM (210.479 DM ./. 120.000 DM) zugrunde und setzte die Einkommensteuer auf 9.224 DM fest. Nach erfolgter Betriebsprüfung erhöhte der Beklagte den Aufgabegewinn um 429.210 DM auf 639.689 DM. Im Bescheid vom 31. Januar 1997 ging er von einem Mehrgewinn hinsichtlich der Hofreite von 202.597 DM, hinsichtlich des Grundstückes ... von 2.437 DM und hinsichtlich der Grundstücke im ... von 224.176 DM aus.
Gegen den Änderungsbescheid legten der Erblasser und die Klägerin zu 1) am 18. Februar 1997 Einspruch ein und führten im wesentlichen aus, mit der Verpachtung der einzelnen Grundstücke ab 1. Juli 1969 hätten die Grundstücke ihre Betriebsvermögenseigenschaft verloren. Weil die Hofreite nicht mitverpachtet gewesen sei, habe es sich nicht um eine Betriebsverpachtung im Ganzen gehandelt. Wie aus dem Pachtvertrag hervorgehe, sei die Mutter nie Landwirtin gewesen, sondern Hausfrau. Darüberhinaus sei die Wertermittlung bezüglich der beiden Grundstücke im ... (Nr. 207 und 208) fehlerhaft. Durch Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 1998 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, der Erblasser habe von seiner Mutter Betriebsvermögen geerbt, da er nicht etwa einzelne Grundstücke, sondern einen ganzen Betrieb gepachtet habe. Dass die Hofreite nicht mitverpachtet gewesen sei, ändere daran nichts, weil sie von der Mutter zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden sei. Auch sei die Mutter Landwirtin gewesen, da sie ihren Grundbesitz verpachtete, um die land...