Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch von ausländischen Staatsangehörigen
Leitsatz (redaktionell)
Ausländische Staatsangehörige, die als sog. „Ortskräfte“ ausländischer Botschaften lediglich über einen Dienstausweis des Auswärtigen Amtes verfügen, der sie zum Aufenthalt in der Bundesrepublik berechtigt, haben einen Anspruch auf Kindergeld.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als Botschaftsmitglied Kindergeldberechtigter ist.
Der Kläger ist algerischer Staatsbürger. Nach einer Arbeitsbescheinigung der französischen Botschaft vom 8. April 1998 ist er wohnhaft in ... bei ... bei der Residenz des französischen Botschafters, wo er als Mitglied des Dienstpersonals beschäftigt ist. Ausweislich der Bescheinigung bezahlt der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit sämtliche Beiträge, die der deutschen Arbeitsgesetzgebung entsprechend zu begleichen sind. Darin beinhaltet sind auch die Beiträge zur Arbeitslosigkeit. Aus einem Schreiben der französischen Botschaft vom 15. Mai 1998 geht hervor, dass der Kläger Inhaber eines Dienstvisums und eines gelben Sonderausweises ist und keine Familienbeihilfe von der Botschaft bezieht.
Unter dem 28. April 1998 hat der Kläger erstmals für seine beiden Kinder ... und ... Kindergeld beim Beklagten beantragt. Mit Anschreiben vom 4. Juni 1998 bat der Beklagte den Kläger um die Vorlage weiterer Unterlagen. Mit Bescheid vom 22. Juli 1998 lehnte der Beklagte die beantragte Festsetzung von Kindergeld ab.
In einem Aktenvermerk vom 2. September 1999 des Beklagten ist festgehalten, dass der Kläger trotz Erinnerung bisher keine vollständigen Antragsunterlagen eingereicht habe und daher mit Bescheid vom 22. Juli 1998 der Antrag wegen Nichtfeststellbarkeit eines Anspruchs nach § 67 EStG abgelehnt worden sei. Es sei daher ein Neuantrag erforderlich und zudem der Nachweis zu erbringen, dass der inländische Wohnsitz bereits vor der Aufnahme der Tätigkeit bei der diplomatischen Mission bestanden habe. Dies bedeute, dass der Kläger als algerischer Staatsbürger eigentlich im Besitz einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung sein müsse; ein „gelber Ausweis“ sei steuerrechtlich ohne Bedeutung.
Mit Schreiben vom 30. August 1999 zeigten die Prozessbevollmächtigten ihre Vollmacht an und wiesen in dem Anschreiben u. a. darauf hin, dass dem Kläger bislang auf den von ihm gestellten Kindergeldantrag noch kein förmlicher Bescheid ergangen sei. Im Übrigen gehöre der Kläger zum Kreis der sog. „Ortskräfte“ (nicht entsandte Botschaftsbedienstete, tätig bei fremden Missionen). Für diesen Personenkreis sei entgegen der von der Arbeitsverwaltung zunächst vertretenen Auffassung entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung des BFH das Kindergeld zu gewähren.
Mit Schreiben vom 3. September 1999 wies der Beklagte die Prozessbevollmächtigten darauf hin, das der Kläger trotz Erinnerung bisher keine vollständigen Antragsunterlagen eingereicht habe und der Anspruch daher mit Bescheid vom 22. Juli 1998 abgelehnt worden sei. Es sei daher ein Neuantrag erforderlich. Daraufhin legte der Kläger einen beim Beklagten am 27. September 1999 eingegangenen erneuten Kindergeldantrag vor. Diesen Antrag wies der Beklagte mit Bescheid vom 29. September 1999 zurück und setzte das Kindergeld auf 0 DM fest. Zur Begründung ist in dem Ablehnungsbescheid ausgeführt, dass der Kläger als Beschäftigter einer diplomatischen Mission weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitze noch im Inland ständig ansässig sei und nach Art. 34, 37 des Wiener Übereinkommens über die diplomatischen Beziehungen (WÜD) bzw. Art. 49, 57, 66 und 71 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) von der Einkommensteuer befreit sei. Als im Inland ständig ansässig seien Personen anzusehen, die hier bereits einen Wohnsitz bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätten, bevor die Tätigkeit für die diplomatische Mission aufgenommen worden sei. Auch dieser Tatbestand werde vom Kläger sowie seinen Familienangehörigen nicht erfüllt.
Mit seinem hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch brachte der Kläger vor, dass der angefochtene Bescheid falsch sei. Es lägen bereits einige Entscheidungen des BFH zu dieser Problematik im Rahmen von Eilverfahren vor, so etwa im Verfahren VI B 81/98 (Beschluss vom 17. Juli 1998, BFH/NV 1999, 172). Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 22. Oktober 1999 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er sei Kraft entsprechender Regelung einer Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz vom Erfordernis einer Aufenthaltsgenehmigung befreit. Er besitze also formal keine von einer deutschen Ausländerbehörde ausgestellte Aufenthaltserlaubnis, sondern lediglich ein sog. „Dienstvisum“, ausgestellt vom Auswärtigen Amt. Die einschlägige Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 1 ESt...