Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerliche Berücksichtigung von Erträgen aus einer in betrügerischer Absicht als Schneeballsystem betriebenen Kapitalanlage - Annahme einer stillen Gesellschaft - Zufluss von Kapitalerträgen bei Novation - Treuhandverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer stillen Gesellschaft:
Für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses (in Form einer Risikogemeinschaft) spricht insbesondere, wenn den Anlegern eine erhebliche Erfolgsbeteiligung an den Geschäften zugesagt wird und sie überdies bis zur Höhe ihres Kapitals an den Verlusten aus den getätigten Handelsgeschäften beteiligt werden. Die Kapitalanlagen beinhalten damit sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken, die nicht nur in der erwähnten Verlustbeteiligung, sondern auch im Fehlen jeglicher Sicherheit begründet sind. Eine derartige Risikogemeinschaft, vor allem die Vereinbarung der Verlustbeteiligung, bildet ein typisches Merkmal eines Gesellschaftsverhältnisses.
Gedanken des Verbraucherschutzes stehen der Annahme einer stillen Gesellschaft nicht entgegen.
2. Zum Zufluss von Kapitalerträgen bei Novation:
Bei Wiederanlage von Erträgen liegt ein Zufluss vor, solange die Anleger tatsächlich die Wahl haben, sich die Erträge auszahlen zu lassen.
3. Zur Annahme eines Treuhandverhältnisses:
Ein treuhänderisches Halten von Kapitalbeteiligungen durch den Initiator des Schneeballsystems kann nicht angenommen werden, wenn keine Anhaltspunkte für eine Abhängigkeit von Weisungen der Anleger hinsichtlich der Gestaltung der Anlagen vorliegen und das angebliche Treugut in den Bilanzen des angeblichen Treuhänders nicht dargestellt ist.
Normenkette
EStG §§ 11, 20 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Erträgen, die aus einer in betrügerischer Absicht im Rahmen einer als Schneeballsystem betriebenen Kapitalanlage gezahlt worden sind.
Der Kläger und die Beigeladenen zu 1. und 2. bildeten von 1995 bis zum 1. Oktober 1997 mit einer Beteiligung zu je einem Drittel eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Über diese hatten sie geschäftlichen Kontakt zu der Firma C GmbH (im Folgenden: C). Ab dem 1. Oktober 1997 schied der Beigeladene zu 2. aus der Gesellschaft aus, so dass nunmehr eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes, bestehend aus dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. fortbestand.
Darüber hinaus hatte der Kläger als Einzelperson noch geschäftliche Kontakte seit 1986 zur C. Diesbezüglich ist ein weiteres Klageverfahren durch Urteil vom heutigen Tage (2 K 2098/11) entschieden worden.
Die C wurde 1985 gegründet. Gegenstand des Unternehmens war die Unternehmensberatung und Vermittlung von Kapitalanlagen. Alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer war seit Februar 1986 Herr C. K. (in der Folge K). Am 1. Oktober 2001 wurde eine weitere Person als Geschäftsführerin bestellt (Frau L., damals J.). Im Laufe des Oktober 2001 wurde durch Ermittlungsmaßnahmen gegen die C-GmbH und Anordnung der Untersuchungshaft gegen K bekannt, dass ein Ermittlungsverfahren gegen diesen wegen des Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz eingeleitet worden war. Am 2. November 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C eröffnet. K wurde wegen Betruges zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er ist mittlerweile verstorben.
Insgesamt warb die C ca. 2.800 Kunden als Kapitalanleger an, wobei durch den wichtigsten Vermittler, den gelernten Maschinenbauschlosser E. N. (im Folgenden: N), im Raum B ca. 2000 Anleger geworben wurden. Die C betätigte sich nach der Darstellung K´s mit der Vermittlung von Kontrakten im Termingeschäft (angeboten als nichtsteuerbare Differenzgeschäfte) und später innerhalb der I-Pools mit Währungs- und Devisenfutures, also mit Finanzterminkontrakten an verschiedenen US-Börsen. Bis 1998 wurden zum Teil reale Termingeschäfte von der C abgewickelt. Nach den Feststellungen im Ermittlungsverfahren gegen K handelte es sich in den Jahren 1993 bis 1998 um ein Handelsvolumen in Höhe von insgesamt 8 Millionen US-Dollar. Soweit tatsächlich Börsentermingeschäfte durch die C getätigt wurden, erfolgte dies bis 1993 durch das Brokerhaus D. Nach K´s Angaben konnte sie durch Börsentermingeschäfte bis 1993 einen Gewinn in Höhe von 1 Million US-Dollar realisieren. Nach Schließung des Büros dieses Brokerhauses wurden die Geschäfte über das Brokerhaus P fortgesetzt. K eröffnete bei dem Brokerhaus P im Jahre 1993 zwei Konten auf die C GmbH. Dies waren ein sog. Aktien- bzw. Commoditykonto und ein Konto, auf dem Treasury Bills verbucht wurden. Für beide Konten hatte ausschließlich K Kontovollmacht. Es handelte sich jeweils um ein sog. „Omnibuskonto“, für das keine Unterkonten bestanden. Allein K traf über dieses Konto Anlageentscheidungen. Durch Verluste des Jahres 1993 auf Grund von Fehlentscheidungen wurden sowohl erwirtschaftete Gewinne als auch angelegte Kundengelder größtenteils aufgebraucht. K begann daraufhin, zur Vertuschung der Verluste Abrechnungen zu ...