Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug nach Rechnungsberichtigung
Leitsatz (amtlich)
Aus der Entscheidung des EuGH vom 15. Juli 2010 "Pannon Gép" kann nicht geschlossen werden, dass der EuGH seine Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs nach der Entscheidung vom 29. April 2004 "Terra Baubedarf" aufheben wollte und dass einer Rechnungsberichtigung grundsätzlich Rückwirkung zukomme.
Normenkette
Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 17 Abs. 2 Buchst. a; Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 18 Abs. 2 Buchst. a; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist die Berechtigung zum Vorsteuerabzug als Leistungsempfänger.
Die Klägerin ist eine unternehmerisch tätige Grundstücksgemeinschaft (Bruchteilsgemeinschaft, vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2009) und besteht aus den Eheleuten H. und N. C. Mit notarieller Urkunde vom 12. September 1997 erwarben die Eheleute das Grundstück E-Straße in A und vermieteten das unbebaute Grundstück ab dem 1. Oktober 1997 an die Firma C-Bau GmbH, deren Alleingesellschafter der Ehemann ist, als Lagerplatz mit offenem Umsatzsteuerausweis. In der Umsatzsteuererklärung 1997 verzichtete die Klägerin auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze. Im Kalenderjahr 1998 wurde auf dem Grundstück nach Baugenehmigung durch die zuständige Kreisverwaltung ein Zweifamilienhaus mit Lagerhalle und Büro errichtet. Ab dem 1. Januar 1999 vermietete die Klägerin die Lagerhalle, das Büro und drei Parkmöglichkeiten an die GmbH ebenfalls mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer (Mietvertrag zum 1. Januar 1999, Blatt 19 ff der Bp-Berichtsakte). In ihrer Umsatzsteuererklärung für 1998 erklärte die Klägerin u.a. Vorsteuern aus den Bauleistungen in Höhe von 12.606 DM.
Daraufhin fand bei der Klägerin im Februar 2000 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt (Blatt 25 ff der Bp-Berichtsakte). Dabei stellte der Umsatzsteuer-Sonderprüfer fest, dass alle Rechnungen, aus denen die Klägerin den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte, nicht an die Klägerin gerichtet waren. Als Rechnungsempfänger war in den Rechnungen der Ehemann, vereinzelt die GmbH bzw. kein Rechnungsempfänger aufgeführt. Als Leistungsempfänger der Bauleistungen sei deswegen der Ehemann anzusehen und der Klägerin stünde kein Vorsteuerabzug zu (Tz. 8 des Prüfungsberichts, Blatt 28 der Bp-Berichtsakte).
Der Beklagte folgte der Rechtsauffassung des Umsatzsteuer-Sonderprüfers und erließ für 1999 am 30. Juli 2004, für 2000 und 2001 am 3. August 2004 und für 2002 am 4. August 2004 Umsatzsteuerbescheide, in denen die geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus den Bauleistungen jeweils nicht berücksichtigt waren.
Auf den Einspruch der Klägerin änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzungen 1999 mit Bescheiden vom 18. Oktober 2004 und berücksichtigte Vorsteuer aus Kleinbetragsrechnungen bzw. die Änderungen erfolgten aus Gründen, die nicht Gegenstand der Klage sind. Am 18. Oktober 2004 erging auch der Umsatzsteuerbescheid 1998, der ebenfalls angefochten wurde. Im Einspruchsverfahren begehrte die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. September 2004 den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen nach erfolgter Rechnungskorrektur der Rechnungen "im laufenden Jahr 2004" auf die Rechnungsanschrift der Grundstücksgemeinschaft - welche damals fälschlicherweise noch als Grundstücks - GbR bezeichnet worden war (Blatt 21, 22 der Umsatzsteuerakte Fach Einsprüche). Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2005 wurde die korrigierten Rechnungen dem Beklagten mit der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für das III. Quartal 2004 vorgelegt (Blatt 31 der Umsatzsteuerakte Fach Einsprüche). Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2007 wurden die Einsprüche zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, der Ehemann stamme aus einem anderen Kulturkreis und hätte auf Grund seiner türkischen Staatsangehörigkeit ein anderes Rechtsverständnis. Daher sei eine abweichende Rechnungsadresse ausnahmsweise unschädlich, weil eindeutige Hinweise aus ihrer Vermietungstätigkeit und aus dem Grundbucheintrag hervorgingen. Die Vermietungstätigkeit sei durch die Eheleute in Form einer Bruchteilsgemeinschaft erfolgt, wobei die gemeinschaftliche Vermietungstätigkeit bis zum heutigen Zeitpunkt in unveränderter Form durchgeführt würde. Sie sei immer als Grundstücksgemeinschaft in Bruchteilen aufgetreten und eine andere Gesellschaftsform hätte nie zur Diskussion gestanden. Die Aufträge für die jeweiligen Bauleistungen seien nach außen nicht immer durch die Eheleute, sondern durch den Ehemann als Bauherrn für das Bauvorhaben erteilt worden, ohne dass sein Handeln für die Eheleute auch gegenüber den Lieferanten immer deutlich offen gelegt worden sei. Der Ehemann sei dabei im eigenen Namen und zugleich als offener oder verdeckter Stellvertreter seiner Ehefrau aufgetreten. Daraus folge, dass aus den Aufträgen an die Lieferanten neben dem Ehemann auch seine Ehefrau berechtigt und verpflichtet gewesen ...