Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauch durch Ausgliederung eines Stallgebäudes auf eine umsatzsteuerlich eigenständige GbR
Leitsatz (redaktionell)
Die im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zur Milchproduktion vereinbarte gesonderte Gründung einer GbR, die das Stallgebäude errichtet, um in den Genuss des vollen Vorsteuerabzugs zu gelangen, stellt im Sinne des § 42 AO einen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar, da die Ausgliederung des Stallgebäudes auf eine umsatzsteuerlich eigenständige GbR der Umgehung des § 24 UStG dient.
Normenkette
UStG § 24; AO § 42
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Unternehmerin zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Die Klägerin firmiert als „Grundstücksgemeinschaft ... Gesellschaft des bürgerlichen Rechts“. Gesellschafter sind die Brüder M und B N, die Ehepartner E und G F sowie T S. An ihr sind die Gebrüder N zu 42,86 v. H., die Eheleute F und T S zu je 28,57 v. H. beteiligt. Sie besteht seit dem 1. Mai 1999. Gesellschaftszweck ist der Erwerb des in W gelegenen Grundstücks Flur ... Nr. ..., die Errichtung eines Stallgebäudes und dessen Vermietung an die „FNS ... GbR“.
An der ebenfalls seit dem 1. Mai 1999 bestehenden „FNS ... GbR“ sind die genannten Personen in gleicher Weise beteiligt. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages soll ihr Zweck die gemeinsame Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes sein. Weiter ist in § 2 unter Ziff. 3 festgehalten, dass die Gesellschafter zur Zweckerfüllung auf einer noch zu vermessenden Teilfläche (von ca. 1 ha) der Parzelle Flur ... Nr. ... in der Gemarkung W, ein neues Stallgebäude errichten wollen. Gemäß § 4 Ziff. 2 des Vertrages beginnt die gemeinsame Bewirtschaftung mit der Fertigstellung des Stallgebäudes. Mit den Arbeiten zum Bau des Stallgebäudes wurde im Mai 1999 begonnen.
Mit notariellem Vertrag vom 16. Juli 1999 erwarb die Grundstücksgemeinschaft ... das genannte Grundstück zum Kaufpreis von 105.897,60 DM.
In den Umsatzsteuervoranmeldungen der Monate Juli 1999 vom 11. August 1999 und August 1999 vom 29. September 1999 machte die Klägerin Vorsteuererstattungsansprüche von 37.610,77 DM und 36.012,70 DM geltend (Ausübung der Option nach § 9 Abs. 1 UStG). Daraufhin ordnete der Beklagte am 19. Oktober 1999 für die Monate Juli und August 1999 eine Umsatzsteuersonderprüfung an, die noch am gleichen Tag durchgeführt wurde. Diese führte zur Versagung der von der Klägerin beantragten Vorsteuererstattungen im Juli und August in Höhe von insgesamt 73.623,47 DM, da die Klägerin bei der beabsichtigten Vermietung des Stallgebäudes an die FNS ... GbR nur nichtsteuerbare Innenumsätze erziele, die einen Vorsteuerabzug gemäß § 15 Umsatzsteuergesetz - UStG - ausschlössen. Hiergegen richtete sich zunächst die von der Klägerin erhobene Sprungklage, der der Beklagte zustimmte (6 K 2993/99).
In den Umsatzsteuervoranmeldungen der Monate Oktober 1999 vom 16. November 1999 und Dezember 1999 vom 10. Januar 2000 machte die Klägerin weitere Vorsteuererstattungsbeträge in Höhe von 11.807,33 DM und 37.834,99 DM geltend. Mit Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden Oktober und Dezember 1999 vom 30. November 1999 und 22. Februar 2000 setzte der Beklagte die Vorauszahlungen mit 0,-- DM fest. Hiergegen richteten sich die Einsprüche der Klägerin. Die Einspruchsverfahren sind ohne Erfolg geblieben (Einspruchsentscheidungen vom 11. Februar 2000 und vom 25. Februar 2000). Gegen diese erhob die Klägerin am 13. März 2000 Klage (6 K 1474/00).
In der Umsatzsteuerjahreserklärung vom 9. Februar 2000 machte die Klägerin die genannten Vorsteuerbeträge von insgesamt 123.265,79 DM als Vorsteuer geltend. Mit Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 vom 14. März 2000 versagte der Beklagte den Vorsteuerabzug und setzte die Vorsteuer auf 0,00 DM fest. Die Klägerin hat beantragt, den Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
Mit Beschluss vom heutigen Tag hat der Senat die Verfahren 6 K 2993/99 und 6 K 1474/00 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen 6 K 2993/99 fortgeführt.
Die Klägerin trägt vor. Unternehmenseinheit zwischen der Klägerin und der FSN ... GbR liege bereits deshalb nicht vor, weil keine einheitliche Willensbildung gegeben sei. So sei die Geschäftsführung bei ihr nur gemeinschaftlich möglich, während die FSN ... GbR in ihrem Gesellschaftsvertrag Einzelvertretungs- und Einzelgeschäftsführungsrecht vorsehe. Bestätigt werde ihre Auffassung dadurch, dass der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur sogenannten Unternehmereinheit aufgegeben habe. Die unterschiedliche Namensgebung dokumentiere den eindeutig nach außen gerichteten Willen der Gesellschafter, die Betriebe als verschiedene Unternehmen voneinander abzugrenzen und als verschiedene Unternehmen zu führen.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 14. März 2000 zu ändern und einen Betrag in Höhe von 123.265,79 DM als Vorsteuer zum Abzug zuzulassen,
hilfsweise die Revision zu...