Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anrechnung von Vorauszahlungen eines Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Im Allgemeinen sollen Leistungen eines Ehegatten an das Finanzamt auch die Steuerschulden des anderen, mit ihm zusammen veranlagten Ehepartners begleichen. Hierbei sind sowohl die Vermögensverhältnisses des anderen Ehegatten als auch der Gesichtspunkt ohne Belang, inwieweit der andere Ehegatte in seiner Person einen Tatbestand verwirklicht hat, der zum Entstehen der die Eheleute als Gesamtschuldner treffenden Steuerschuld geführt hat.
Eine anderweitige Anrechnung der Zahlungen bedarf einer ausdrücklichen Absichtsbekundung.
Normenkette
EStG § 37 Abs. 1; AO § 44 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte die von der Klägerin auf die Einkommensteuer 1998 geleisteten Vorauszahlungen zu Recht nur zur Hälfte auf die durch die getrennte Einkommensteuer-Veranlagung 1998 festgesetzte Einkommensteuer 1998 angerechnet hat.
Die Klägerin hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann am 28. April 2000 für das Kalenderjahr 1998 eine Einkommensteuererklärung eingereicht und hierbei die Zusammenveranlagung beantragt. Das Finanzamt ... erließ daraufhin unter dem Datum vom 26. Januar 2001 einen Einkommensteuerbescheid 1998. Der Abrechnungsteil des Bescheides weist Tilgungsbeträge hinsichtlich der Einkommensteuer in Höhe von 59.360,-- DM und hinsichtlich des Solidaritätszuschlags in Höhe von 3.264,-- DM aus. Diese Beträge beruhten alleinig auf Zahlungen, die die Klägerin erbracht hatte. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 1. Februar 2001 legte die Klägerin gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 Einspruch ein und beantragte die getrennte Veranlagung.
Bereits zuvor hatte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 1. September 1997 und vom 5. September 1997 für die zurückliegenden Veranlagungszeiträume 1980 bis 1983 sowie für das Kalenderjahr 1993 getrennte Veranlagung beantragt bzw. den Antrag auf Aufteilung der rückständigen Einkommensteuerschuld gestellt (vgl. Einkommensteuerakten des Herrn W. K. Band XVI betreffend das Jahr 1994 und Einkommensteuerakten der Klägerin Band I).
Mit Schreiben vom 8. September 1997 hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin noch für beide Eheleute den Antrag auf Neufestsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen ab 3. Quartal 1997 gestellt (vgl. Einkommensteuerakten des Herrn W. K. Band XVII betreffend das Jahr 1995).
Das Finanzamt ... entsprach dem Antrag auf getrennte Veranlagung mit Einkommensteuerbescheid 1998 vom 29. Mai 2001. Auf den Einspruch gegen das Leistungsgebot aus diesem Bescheid erließ die Finanzkasse beim Beklagten unter dem Datum vom 17. Juli 2001 eine berichtigte Abrechnung zum Einkommensteuerbescheid, indem sie die Einkommensteuervorauszahlungen für 1998 zu je ½ den Eheleuten zurechnete (Bl. 10 f. des Hefters "Abrechnungsbescheid ESt 1998"). Unter Berücksichtigung einer von der Klägerin geleisteten Scheckzahlung vom 28. Februar 2001 in Höhe von 42.718,57 DM, die ebenfalls allein ihrem Steuerkonto (Einkommensteuer 37.297,-- DM, und Solidaritätszuschlag 2.050,67 DM sowie ev. Kirchensteuer) zugeführt wurden, ergab dies Tilgungsleistungen hinsichtlich der Einkommensteuer in Höhe von 66.9776,-- DM und hinsichtlich des Solidaritätszuschlages in Höhe von 3.682,67 DM.
Diese Abrechnung bestätigte der Beklagte nochmals in seinem Abrechnungsbescheid über Einkommensteuer 1998 vom 23. Juli 2001 (Bl. 21 des Hefters "Abrechnungsbescheid ESt 1998"). Der hiergegen eingelegte Einspruch, den die Klägerin u.a. darauf gestützt hatte, dass allein sie Einkünfte erzielt habe, für die auch Einkommensteuervorauszahlungen festzusetzen gewesen seien, und ihr Ehemann amtsbekannt vermögenslos sei, blieb ohne Erfolg.
Der Beklagte führte in seiner Einspruchsentscheidung vom 28. September 2001 (Bl. 56 ff. des Hefters "Abrechnungsbescheid ESt 1998") aus, dass die Einkommensteuervorauszahlungen für 1998 gegen die Eheleute als Gesamtschuldner festgesetzt worden seien. Durch die Rechtsprechung des BFH (Hinweise auf BFH-Urteile vom 18. Februar 1997 VII R 117/95, BFH/NV 1997, 482 und vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BStBl II 1990, 41) sei geklärt, dass im Allgemeinen anzunehmen sei, dass die Leistungen eines Ehegatten auch die Steuerschuld des anderen Ehegatten begleichen sollten, sofern nicht mit der Zahlung eine anderweitige Tilgungsabsicht dokumentiert werde. Für die mit der Zahlung verfolgte Tilgungsabsicht sei allein die zu berücksichtigen, die dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Zahlung auch erkennbar sei. Keine Rolle spiele es hingegen, welcher der beiden Ehegatten in seiner Person Tatbestände verwirkliche, die zum Entstehen der Gesamtschuld führten. Die Annahme, dass die Tilgungsabsicht sich auf die Steuerschuld beider Ehegatten beziehe, beruhe bei der zum Zeitpunkt der Zahlung in intakter Ehe lebenden Ehegatten auf der bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, die erwarten lasse, dass der leistende Ehegatte nicht nur ...