Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für den Wiederaufbau einer Grundstücksmauer nach einem Orkanschaden als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung nach § 33 EStG bei einem unverschuldet eingetretenen Schaden an einem Vermögensgegenstand ist u.a., dass dieser für den Steuerpflichtigen von existenziell wichtiger Bedeutung ist. Eine Grundstücksmauer gehört nicht zum lebensnotwendigen Bereich.
Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung scheidet aus, wenn der Steuerpflichtige eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hat. Zu dem üblichen Umfang einer Wohngebäudeversicherung gehört auch eine Versicherung gegen Sturmschäden, die die Außenanlagen einbezieht.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-3
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für den Wiederaufbau einer durch einen Sturm beschädigten Grundstücksmauer als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie haben zwei Kinder. Der Kläger erzielt als Lehrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Klägerin ist Hausfrau. Beide beziehen Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug im Streitjahr 2001 94.168 DM (Bl. 128 Einkommensteuerakten - EStA -).
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 machten sie Aufwendungen für den Wiederaufbau einer durch einen Sturm beschädigten Grundstücksmauer als außergewöhnliche Belastung geltend und führten hierzu aus: Am 06.07.2001 gegen 23.45 Uhr habe ein schweres Unwetter über Worms hinweggefegt. In Worms-Hochheim habe dabei eine Windhose schwere Schäden angerichtet. Ihre Grundstücksmauer zum Sportplatz habe diese Windhose mit voller Wucht getroffen, so dass sie auf einer Länge von ca. 24 m eingestürzt sei und vor ihr stehende Sträucher und 2 Bäume vernichtet habe. Die von ihnen am folgenden Samstagmorgen aufgenommen Fotos (Bl. 101 ff. EStA) zeigten in etwa das Ausmaß der Schäden. Da sie mit solchen Naturereignissen in W nicht gerechnet hätten, hätten sie für die das Grundstück vom Sportplatz trennende Mauer keine Versicherung abgeschlossen und hätten für den Schaden selbst aufkommen müssen. Die Kosten für den Wiederaufbau der Mauer hätten sich ohne die Eigenleistung auf DM 14.485,73 DM belaufen (Rechnung Bl. 14 EStA).
In dem Einkommensteuerbescheid vom 05.09.2002 (Bl. 90 EStA) ließ der Beklagte die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen unberücksichtigt. Zur Begründung heißt es, die Kosten für die Beseitigung des Unwetterschadens seien nicht absetzbar, weil die Mauer als Teil der Außenanlage eines Grundstücks kein existentiell notwendiger Gegenstand sei.
Zur Begründung ihres gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruchs machten die Kläger geltend, die Mauer trenne ihr Anwesen in einer Länge von ca. 24 m vom unmittelbar angrenzenden Sportplatz des TuS H. Nicht nur das Grundstück, sondern auch der Teil unmittelbar vor der Küche und dem Anbau unterhalb des Schlafzimmers ihrer Tochter seien betroffen. Auf dem Sportplatz werde mehrmals pro Woche Training abgehalten, an Wochenenden fänden Meisterschaftsspiele statt, wobei Hunderte von Zuschauern unmittelbar an der Grundstücksgrenze stünden und den bei Fußballspielen üblichen Lärm verursachten. Ohne die Abtrennung durch diese hohe Mauer sei ein Schutz der Privatsphäre nicht gewährleistet. Trotz der Mauer würden während der Meisterschaftsspiele und des Trainings zahlreiche Bälle auf ihr Grundstück geschossen. Hätten sie die Mauer nicht wieder aufgebaut, käme dies wohl noch häufiger vor. Über die Mauer geworfene Gegenstände wie Dosen, Zigarettenschachteln u.ä. seien keine Seltenheit und würden bei fehlendem Schutz noch häufiger stören. Auch biete die Abgrenzung unter dem Aspekt der Sicherheit einen gewissen Schutz vor unberechtigtem Eindringen auf das Grundstück. Weggeworfene Zigarettenstummel stellten außerdem eine Gefahr für das gesamte Anwesen dar, da unmittelbar hinter der Mauer mehrere Krüppelkiefern stünden, die den Boden ständig mit trockenen Nadeln übersäten und leicht in Brand geraten könnten. Die geselligen Veranstaltungen des Sportvereins im Sommer mit Musik seien ein weiteres Argument für die existenzielle Notwendigkeit und den Wiederaufbau der Mauer.
Die Gebäudeversicherung für ihr Anwesen hätten sie beim Kauf im Jahre 1988 vom Vorbesitzer übernommen. Dabei sei das Gebäude gegen Feuer, nicht aber gegen Sturm versichert gewesen. Auch sie hätten damals keinen Anlass gesehen, die Versicherung auszuweiten. Im Übrigen hätte eine Sturmversicherung nach § 1.3 der Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) sonstige Grundstücksbestandteile auf dem im Versicherungsvertrag bezeichneten Grundstück nur auf Grund besonderer Vereinbarung versichert. Ein Anspruch gegen die Versicherung habe auf dieser Basis nicht gestellt werden können. Es könne auch nicht angenommen werden, dass sie...