Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung von Schuldzinsen bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder Kapitalvermögen
Leitsatz (redaktionell)
Die im Zusammenhang mit der Kreditierung des Erwerbs von Arbeitgeberaktien anfallenden Schuldzinsen sind jedenfalls dann nicht den Arbeitseinkünften (§ 19 Abs. 1 EStG), sondern den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 EStG) zuzuordnen, wenn der Erwerb zwar dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers dient, die Dividendeneinnahmen jedoch die Schuldzinsen übersteigen. Der Aktienerwerb steht dann als Schaffung einer neuen Einkunftsquelle in einer engeren Beziehung zu den Kapitalvermögenseinkünften.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Nachdem das Finanzamt im Anschluss an die am 5. Februar 2001 wegen „Untätigkeit“ erhobene Klage am 28. März 2001 eine Einspruchsentscheidung erlassen hat, mit der es die Werbungskosten des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 300,-- DM (Beitrag zur Rechtsanwaltskammer) erhöhte, streiten die Beteiligten noch um die Frage, ob Schuldzinsen von 6.809,-- DM den Werbungskosten bei den klägerischen Einkünften aus Kapitalvermögen (so das Finanzamt) oder bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (so der Kläger) zuzurechnen sind sowie darüber, ob eine von der Rechtsanwaltskammer ... erhobene Sterbegeldumlage von 165,-- DM gleichfalls als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder als Sonderausgaben (so das Finanzamt) zu berücksichtigen ist.
Der 1960 geborene Kläger wird für das Streitjahr 1999 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist Rechtsanwalt und Steuerberater; er gehört beiden Berufskammern als Mitglied an. Hauptberuflich ist er seit 1. November 1993 als Prokurist in der Steuerabteilung bei der Firma ..., Aktiengesellschaft, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (...) in ... mit Arbeitsplatz in ... angestellt. Seine Bruttoarbeitslöhne betrugen 234.082,-- DM in 1997 und 296.042,-- DM in 1998. Für das Streitjahr belief sich der Bruttoarbeitslohn auf 329.399,-- DM (Steigerung um rd. 11,3 %). Zum 1. Januar 1998 erhielt der Kläger bei seiner Arbeitgeberin den sogen. „Partnerstatus“ und wurde „Direktor“ (Gruppe 10). Dies bedingte, dass er entsprechend seiner sogen. „Gruppenzugehörigkeit“ (Gruppen 10 bis 12; vgl. insoweit die vom Kläger dem Finanzamt auszugsweise vorgelegten Regelungen) ...-Aktien von zwischen (nominal) 18.000,-- DM - erhöht auf nominell 27.000,-- DM, bzw. 54.000,-- DM (Gruppe 10; „Direktor“) und 30.000,-- DM (Gruppe 12; „Generalbevollmächtigter“ bzw. „Niederlassungsleiter“) „aus dem persönlichen Einkommen“ erwerben musste. Im Juli 1998 hatte der Kläger ... Aktien von nominal 54.000,-- DM für 128.250,-- DM erworben (vgl. Zahlungsanweisung) und am 25. Juni 1999 für 1998 eine Bruttodividende (12 % der Nominaleinlage) von 9.257,14 DM (incl. anrechenbarer Körperschaftsteuer von 2.777,14 DM, Kapitalertragsteuer von 1.620,-- DM und Solidaritätszuschlag von 89,10 DM; vgl. Steuerbescheinigung) bezogen. Die Anschaffungskosten der Aktien hatte er über einen Bankkredit von 128.000,-- DM finanziert (Darlehensvertrag vom 16. / 19. Juni 1998, Bl. 16 bis 18 ESt-Akte) und hierfür im Streitjahr an Zinsen (Zinssatz: 5,3 %) und Gebühren 6.808,-- DM entrichtet.
Mit der Begründung, dass mit dem Partnerstatus eine erhebliche höhere Grundvergütung verbunden sei, machte der Kläger die Kreditkosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Demgegenüber berücksichtigte das Finanzamt in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO am 23. Juni 2000 ergangenen Einkommensteuerbescheid 1999 die Aufwendungen als Werbungskosten bei den klägerischen Dividendeneinkünften. Den Beitrag zur Rechtsanwaltskammer setzte es unter Abzug einer Erstattung von 300,-- DM mit 525,77 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und eine an die Rechtsanwaltskammer geleistete Sterbeumlage von 165,-- DM als Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen) an. Diese Sterbegeldumlage wird durch die Rechtsanwaltskammer ... im Rahmen einer berufsständischen Sterbegeldeinrichtung von den Mitgliedern jährlich als Umlage bei Tod eines Mitglieds in festgelegter Höhe erhoben, um den hinterbliebenen Angehörigen eine „erste finanzielle Hilfe“ zu gewähren und eine „standesgemäße Beerdigung“ zu ermöglichen (vgl. die vom Kläger eingereichten Schriftstücke zur Sterbegeldregelung der Rechtsanwaltskammer).
Mit seinem am 28. Juni 2000 beim Finanzamt eingegangenen Einspruch gegen den vorgenannten Bescheid führte der Kläger aus, dass die von ihm erworbenen Aktien auf Namen lauteten und nicht frei übertragbar seien. Sie seien nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzugeben. Zu diesem Zweck habe er bei Erwerb eine diesbezügliche Blancoabtretung unterschreiben müssen. Bei einem Grundkapital der Gesellschaft von 100 Mio...