Entscheidungsstichwort (Thema)

Unmittelbare Darlehensverwendung i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG auch bei kurzer Überschreitung der sog. 30-Tage-Frist

 

Leitsatz (amtlich)

Eine steuerschädliche Verwendung eines durch eine Kapitallebensversicherung abgesicherten Darlehens ist nach den gesamten Umständen, insbesondere den tatsächlichen Zahlungsvorgängen des Einzelfalles vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Regelungszweckes zu beurteilen. Eine nur kurze Überschreitung der sog. 30-Tage-Frist alleine führt nicht zur Steuerschädlichkeit (entgegen BMF).

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.11.2009; Aktenzeichen VIII R 29/07)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über die gesonderte Feststellung der steuerpflichtigen Zinsen aus Kapitallebensversicherungen.

Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer der Windkraftanlagetechnologie T GmbH, die ihrerseits Komplementärin der Windpark H GmbH & Co. KG (im folgenden: KG) ist. Der Kläger war alleiniger Kommanditist dieser KG.

Am 13. Oktober 2003 schloss der Kläger mit der A Lebensversicherungs-AG unter der Versicherungs-Nr. 31 744 297 9 einen Rentenversicherungsvertrag, der für den Kläger eine Zukunftsrente oder anstelle derselben ein einmaliges Garantiekapital von 122.034 € vorsah (Bl. 8 Vertragsakten).

Am 17.10.2003 schloss die KG mit der O-Bank AG einen Darlehensvertrag über eine Darlehenssumme von 145.000 €. Die Mittel sollten aus dem Kreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kommen. Als Sicherheit sollten der Bank u. a. die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus einer noch abzuschließenden A-Rentenversicherung dienen, die zur Tilgung des Darlehens bei Ablauf herangezogen werden soll (Bl. 19 f. Vertragsakten).

Ebenfalls am 17.10.2003 trat der Kläger die ihm zustehenden Ansprüche aus der oben genannten Versicherung an die O-Bank AG in Höhe von 139.000 € ab (Bl. 17 Vertragsakten).

Nach den vorliegenden Bankkontoauszügen der KG erfolgte die Darlehensauszahlung auf das bei der O-Bank AG geführte Kontokorrentkonto der KG in Höhe von 139.200 € am 24.10.2003 (Bl. 29 Vertragsakten). Aufgrund einer Anzahlungsanforderung der die Windenergieanlage erstellenden Firma ENERCON GmbH überwies die KG mit Wert 29.10.2003 den angeforderten Anzahlungsbetrag in Höhe von 67.280 € an die Auftragnehmerin (Bl. 30, 31 Vertragsakten).

Nach einer weiteren Anzahlungsanforderung der ENERCON GmbH vom 29.10.2003 und nach Eingang der Schlussrechnung vom 19.11.2003 zahlte die KG an die ENERCON GmbH mit Wert 26.11.2003 weitere 100.000 € (Bl. 32, 33, 35 Vertragsakten).

Nachdem die O-Bank AG mit Anzeige nach § 29 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung -EStDV- dem Beklagten am 11.05.2004 den Abtretungsvorgang angezeigt hatte, erließ dieser am 18. August 2005 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen. Danach seien die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der genannten Versicherung genannten Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung insgesamt steuerpflichtig, weil der Kläger angeforderte Unterlagen, die eine Steuerunschädlichkeit des Vorgangs belegen würden, nicht eingereicht habe.

Nachdem der Kläger im Zuge des sodann geführten Einspruchsverfahrens verschiedene Unterlagen vorgelegt hatte, hielt der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2005 (Bl. 47 Vertragsakten) an der Steuerpflicht der Zinsen fest. Er begründete dies damit, dass das Darlehen unmittelbar zur Bezahlung angeschaffter oder hergestellter Wirtschaftsgüter dienen müsse. Die Karenzzeit zwischen der Auszahlung des Darlehensbetrages und der Abbuchung zur Zahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten betrage nach dem einschlägigen BMF-Schreiben vom 15. Juni 2000 30 Tage. Im Streitfall sei die Überweisung des Betrages in Höhe von 100.000 € aber erst nach Ablauf dieser Frist erfolgt, so dass eine steuerschädliche Verwendung der abgetretenen Versicherungssumme eingetreten sei.

Mit der hiergegen erhobenen Klage hält der Kläger daran fest, dass die Zinsen aus der streitgegenständlichen Versicherung nicht steuerpflichtig seien. Die Voraussetzungen für eine steuerunschädliche Verwendung im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG seien erfüllt, denn das Darlehen habe unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsgutes gedient.

Der Umstand, dass das Darlehen nicht direkt an das Bauunternehmen (ENERCON GmbH), sondern auf ein bei einer Bank geführtes Konto der KG gezahlt worden sei, sei im Hinblick darauf, dass es sich hierbei nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen üblichen Zahlungsweg handele, unschädlich. Dies sei im Sinne der BFH-Rechtsprechung lediglich ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung. Zu einer schädlichen Verwendung hätte es einer weiteren Umbuchung d...

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