rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit eines an einen Dachverband (e.V.) gerichteten Auskunftsersuchens nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO betreffend Schäferhundzucht
Leitsatz (amtlich)
Wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrung die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung bestimmter Art angezeigt ist, liegt ein hinreichender Anlass für ein Tätigwerden der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO vor (st. Rspr.). Unter Berücksichtigung aller im Streitfall gewonnen Erkenntnisse unterliegt es keinem Zweifel, dass die Zucht und der Verkauf von Rassehunden, hier deutschen Schäferhunden, für die Hinterziehung von Steuern sehr anfällig und damit ein hinreichender Anlass gegeben ist.
Das Auskunftsersuchen muss aber daneben zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und, gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit, notwendig und verhältnismäßig erscheinen, sowie dem Adressaten des Ersuchens die Erteilung der Auskunft möglich und zumutbar sein. Das ist dann nicht der Fall, wenn - wie vorliegend - das Auskunftsersuchen vollumfänglich mit Hilfe auch für den Beklagten zugänglicher Quellen des Dachverbands beantwortet werden kann.
Normenkette
AO § 93 Abs. 1, § 208 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Streitig ist ein an den Kläger gerichtetes Auskunftsersuchen der Steuerfahndungsstelle des beklagten Finanzamtes.
Der Kläger ist der Hauptverband für die Schäferhundezucht in der Bundesrepublik Deutschland. Er hat deutschlandweit 75.000 Mitglieder und 4.658 Mitglieder in der Landesgruppe Rheinland-Pfalz (Stand: 31.12.2004).
Dem Kläger wurde am 19.04.2005 das Auskunftsersuchen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes K vom 13.04.2005 vorgelegt. Unter dem Hinweis auf mehrere steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Klägers bat die Steuerfahndungsstelle des beklagten Finanzamts in den Besteuerungsverfahren bisher unbekannter Züchter/Halter Deutscher Schäferhunde um die Beantwortung von verschiedenen Fragen bzw. um die Übersendung von Unterlagen für den Zeitraum 01.01.1998 – 31.12.2004 wie folgt:
Alle dem Kläger gemeldeten Deckakte mit Angaben zu Decktag, Name des Rüden mit Zuchtwert, Name und Anschrift des Eigentümers des Deckrüden, Name und Anschrift des vom Eigentümer möglicherweise abweichenden Halters des Deckrüden, Name der gedeckten Hündin mit Zuchtwert, Name und Anschrift des Eigentümers der Hündin, Name und Anschrift des vom Eigentümer möglicherweise abweichenden Halters der Hündin.
Alle dem Kläger gemeldeten Eigentümerwechsel mit Angabe zu Name des Hundes mit Zuchtwert, Name und Anschrift des alten Eigentümers, Name und Anschrift des neuen Eigentümers, Tag des Verkaufs, Kaufpreis.
Ergebnisse/Wertungen von Zuchtschauen oder ähnliche Veranstaltungen mit Angaben zu Bezeichnung, Ort und Zeit der Veranstaltung, Name des Hundes, Bewertung des Hundes, Name und Anschrift des Züchters des Hundes, Name und Anschrift des Eigentümers des Hundes, Name und Anschrift des ggf. davon abweichenden Halters des Hundes, Name und Anschrift des Hundeführers bei der jeweiligen Veranstaltung.
Sämtliche Wurfmeldungen mit allen möglichen Angaben.
Mitteilung sämtlicher Todesmeldungen mit allen dazugehörigen Angaben, wenn der Tod von Welpen nach der Geburt und Wurfmeldung dem Kläger mitgeteilt wird.
Todesmeldungen älterer Hunde mit Angaben.
Gibt es Erkenntnisse im Hinblick auf bestechliche Punktrichter oder ähnliches, wenn ja, welche? Wie lauten Namen und Anschrift der beteiligten Personen? Welche Maßnahmen hat der Kläger nach Bekanntwerden des Fehlverhaltens getroffen?
Gibt es Erhebungen zu Verkaufspreisen von Welpen und/oder älteren Hunden, wenn ja, in welcher Form? Welchen Umfang hat die Datenbasis? Vorlage der Datenbasis.
Werden Verkaufsanzeigen oder ähnliches für Welpen und ältere Hunde in elektronischer Form gesammelt? Wenn ja, bitte vorlegen.
Gibt es die monatliche Zeitung des Klägers in elektronischer Form? Wenn ja, bitte vorlegen. Wenn nein, Herausgabe der Hefte/Zeitschriften zur Auswertung.
Gibt oder gab es Hinweise des Klägers an seine Mitglieder zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten, wenn ja, welche und wann?
Gleichzeitig legte das Finanzamt für Strafsachen und Steuerfahndung B dem Kläger ein inhaltsgleiches Auskunftsersuchen vor.
Bei Übergabe des Auskunftsersuchens am 19.04.2005 an den Geschäftsführer des Klägers wurde das Auskunftsersuchen der Steuerfahndungsstelle des Beklagten dahingehend eingeschränkt, dass die angeforderten Daten auf das Land Rheinland-Pfalz zu beschränken sind. Weiterhin wurde die Anfrage hinsichtlich des Punktes 3 des Auskunftsersuchens wegen der zu erwartenden Datenflut auf die Mitteilung von Ergebnissen aus Zuchtschauen oder ähnlichen Veranstaltungen auf die Landesgruppenschauen (19 pro Jahr) und die Siegerhauptzuchtschauen/Bundessiegerzuchtschauen (1 pro Jahr) und auf die Tiere, die mit „VA“ (höchste Bewertung) oder „V“ der einzelnen Wertungsklassen bewertet worden sind, beschränkt.
Der Kläger legte form- und fristgerecht Einspruch gegen...