Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für den Zufluss bar ausgezahlter und gutgeschriebener Darlehenszinsen durch Novation bei Anlagebetrug
Leitsatz (redaktionell)
An den Anleger (tatsächlich) bar ausgezahlte Darlehenszinsen sind auch dann Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn die Darlehensanlagen zivilrechtlich wegen Sittenwidrigkeit nichtig waren.
Die Frage, ob es sich bei den Barauszahlungen um die Rückzahlung von Kapital oder die Auszahlung von Zinsen gehandelt hat, ist auch bei einem zivilrechtlich nicht durchsetzbaren Zinsanspruch - der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof folgend - mit Hilfe einer ergänzenden Heranziehung der Regelung der §§ 366 f BGB zu beurteilen.
Ein Zufluss gutgeschriebener Darlehenszinsen aufgrund einer Novation erfordert entweder die Einzelfallfeststellung, dass der Darlehensgläubiger (Anleger) tatsächlich in der Lage gewesen wäre, die Auszahlung der gutgeschriebenen Zinsen ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen, oder einen entsprechenden Rückschluss aus dem ersichtlichen Geschäftsgebaren des Schuldners auf ein Auszahlungsbegehren des Klägers bzw. sonstigen Anleger. Dabei geht das Aufklärungsrisiko zu Lasten des Beklagten.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7; BGB §§ 366, 377
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer 1992 zutreffend Einkünfte aus Kapitalvermögen dem Grunde und der Höhe nach berücksichtigt hat.
Aufgrund einer im Jahr 1997 durchgeführten Steuerfahndungsprüfung bei dem Kläger, die durch Ermittlungen bei Herrn Z ausgelöst wurde, setzte der Beklagte für 1992 mit Bescheid vom 29. 04. 99 Einkommensteuer fest. Dabei legte der Beklagte bei dem Kläger einen geschätzten gewerblichen Gewinn in Höhe von 20.000 DM für den Betrieb eines Reisegewerbes sowie bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Zinseinnahmen in Höhe von insgesamt 247.000 DM aus Z. gewährten Darlehen zugrunde. Nach den Feststellungen in dem Steuerfahndungsbericht vom 29. 01. 99, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, hat der Kläger folgende Darlehen an Z. gewährt:
a) am 14. 01. 92 |
100.000 DM |
b) am 04. 02. 92 |
75.000 DM |
c) am 18. 02. 92 |
30.000 DM |
d) am 04. 05. 92 |
100.000 DM |
e) am 15. 05. 92 |
45.000 DM |
Als Rückzahlungssummen nach einer Laufzeit von jeweils 3 Monaten seien folgende Beträge zugesagt:
Zu a) für den 13. 04. 92 |
221.000 DM (Zinsanteil: 121.000 DM) |
Zu b) für den 04. 05. 92 |
165.000 DM (Zinsanteil: 90.000 DM) |
Zu c) für den 15. 05. 92 |
66.000 DM (Zinsanteil: 36.000 DM) |
Zu d) für den 04. 05. 92 |
250.000 DM (Zinsanteil: 150.000 DM) |
Zu e) für den 15. 05. 92 |
112.500 DM (Zinsanteil: 67.500 DM) |
Über die Rückzahlung zu den Darlehen unter a) bis c) hat der Kläger folgende Empfangsquittungen unterschrieben:
Zu a) vom 13. 04. 92 über 221.000 DM
Zu b) vom 04. 05. 92 über 165.000 DM
Zu c) vom 15. 05. 92 über 66.000 DM
Die Steuerfahndung ging in ihrem Bericht vom 29. 01. 99 davon aus, dass die genannten Beträge tatsächlich ausgezahlt worden seien und ein Teil der Rückzahlungssumme des ersten Darlehens in Höhe von 221.000 DM für das Darlehen zu d) und e) verwendet worden sei. Die Darlehensforderungen zu d) und e) fielen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Z. aus. Somit ergaben sich nicht versteuerte Einnahmen des Klägers aus Kapitalvermögen in Höhe von 247.000 DM. Ausweislich des Fahndungsberichts wurde darüber hinaus ein Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit des Klägers in Höhe von 20.000 DM hinzugeschätzt. Der Beklagte erließ am 29. 04. 1999 für 1992 einen entsprechenden erstmaligen Einkommensteuerbescheid. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Als Einspruchsbegründung ging eine Stellungnahme des Konkursverwalters über das Vermögen des Z vom 23. 08. ein - verbunden mit einer eidesstattlichen Versicherung des Sohns des Klägers vom 28. 09. 99 ein, wonach nicht der Kläger sondern nur der Sohn R. S. jun. Darlehensgeschäfte mit den Eheleuten Z. gemacht habe und die auf den Namen R. S. lautenden Unterlagen aus dem Bereich des Z. ausschließlich ihn, den Sohn des Klägers, beträfen. Auf das genannte Schreiben des Konkursverwalters sowie ein weiteres Schreiben des Konkursverwalters vom 09. 02. 2000 und die eidesstattliche Versicherung wird im einzelnen Bezug genommen (Bl. 11, 13, 22 PrA).
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Begründung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 21. März 2001, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, ist u. a. ausgeführt, dass dem Kläger - und nicht seinem gleichnamigen Sohn - im Streitjahr 1992 Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 247.000 DM zugeflossen seien, was sich aus den vom Kläger unterschriebenen sogenannten Novationsquittungen sowie den weiteren genannten Unterlagen ergebe.
Mit der Klage hiergegen lässt der Kläger weiterhin vortragen, nicht er sondern sein Sohn habe die fraglichen Darlehensgeschäfte getätigt (bisher Beweis: ...