Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsatzwechseltätigkeit bei Arbeit in mehreren Stadtteilen einer Großstadt
Leitsatz (redaktionell)
Beschränkt sich die Tätigkeit eines Arbeitnehmers auf mehrere Stadtteile innerhalb eines Ballungsgebietes, liegt dennoch Einsatzwechseltätigkeit vor.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1, § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 Nr. 5 Buchst. c EStG
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Tätigkeit des Klägers als Einsatzwechseltätigkeit einzustufen und er berechtigt ist, Verpflegungsmehraufwendungen geltend zu machen.
Der Kläger ist als Gartenarbeiter bei den Eigenbetrieben der Stadt L beschäftigt. Er bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Seine Arbeit trat der Kläger im Streitjahr 1999 täglich beim Bauhof „N...“ in der ...straße in L an. Von dort wurde er im Jahr 1999 an 122 Arbeitstagen im Stadtgebiet im Bezirk „N...“ eingesetzt. Dieser umfasst die Stadtteile A, B, C und D. Auf Blatt 49 der FG-Akte wird verwiesen. In der Zeit vom 9. November 1999 bis 29. Dezember 1999 bezog er Krankengeld in Höhe von insgesamt 3.515,94 DM.
In seiner Einkommensteuererklärung 1999 vom 27. Juli 2000 gab er Werbungskosten in Höhe von insgesamt 3.155,00 DM an. Hierin waren Verpflegungspauschbeträge in Höhe von 1.220,00 DM (= 122 Tage mit 8-14 Stunden zu je 10,00 DM) erfasst.
Mit Einkommensteuerbescheid 1999 vom 15. September 2000 erkannte der Beklagte die Verpflegungsmehraufwendungen nicht an, da keine Einsatzwechseltätigkeit vorliege. Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2001; Bl. 23 Vertragsakte).
Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, das Stadtgebiet in dem er seine Arbeit an wechselnden Einsatzorten verrichte, sei nicht als einheitliche großräumige gleichbleibende Arbeitsstätte anzusehen. Ein größeres räumliches Gebiet könne nur dann als einheitliche gleichbleibende Arbeitsstätte angesehen werden, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handele, wie beispielsweise ein größeres Werksgelände oder ein Forstrevier. Der gesamte Stadtbereich, der Raum um einen Betriebsort oder ein Ballungsgebiet oder der Bereich um die Wohnung im Radius des üblichen Einzugsbereichs könne nicht als großräumige Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG angesehen werden. Er sei nicht auf einer einheitlichen gleichbleibenden Arbeitsstätte, sondern auf ständig wechselnden Einsatzstellen im Stadtgebiet tätig gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 15. September 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2001 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.220,00 DM und insgesamt 3.155,00 DM als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, allein entscheidungserheblich sei, dass der Kläger ausschließlich und ständig eine feste Anzahl von Grünanlagen betreue. Er müsse nicht damit rechnen, auch außerhalb des Stadtgebietes als Gärtner eingesetzt zu werden. Die einzelnen Stadtteile seien kein weiträumiges Arbeitsgebiet und deshalb nicht regelmäßig Arbeitsstätte, wohl aber die einzelnen Parks und Grünanlagen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht eine Einsatzwechseltätigkeit des Klägers abgelehnt und die Anerkennung der Verpflegungsaufwendungen als Werbungskosten versagt.
I. Aufwendungen für die Ernährung gehören grundsätzlich zu den Kosten der Lebensführung, die gemäß § 12 Nr. 1 EStG steuerlich nicht zu berücksichtigen sind. Zwar sind Verpflegungsmehraufwendungen insoweit als Werbungskosten anzuerkennen, als sie ausschließlich oder ganz überwiegend beruflich veranlasst sind. Dies hat die höchstrichterliche Rechtsprechung auch für den Fall bejaht, dass der steuerpflichtige Arbeitnehmer einen Beruf ausübt, bei dem ein ständiger Wechsel der Einsatzstelle üblich ist (BFH-Urteil vom 19. Februar 1982 VI R 61/79, BStBl. II 1983, S.466). Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Buchstabe c EStG (1999) ist in Fällen der Einsatzwechseltätigkeit für jeden Kalendertag an dem der Steuerpflichtige wegen seiner Tätigkeit weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag in Höhe von 10,00 DM als Mehraufwand für Verpflegung abzugsfähig (vgl. A 39 Abs. 1 LStR 1999). Die Rechtsprechung des BFH hat die Regelung der Verwaltungsrichtlinien als auch von Gerichten zu beachtende Konkretisierung des Werbungskostenbegriffs grundsätzlich anerkannt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 1995 - VI R 82/94, BStBl. II 1995, S.324). Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt nach Abschn. 37 Abs. 5 LStR 1999 bei Arbeitnehmern vor, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt werden, wie z.B. Bau- oder Montagearbeiter. Einsatzwechseltätigkeit liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbei...