Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Umsatzsteuer als Anschaffungskosten für Reinvestitionsgüter bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, die ihre Umsätze gem. § 24 UStG nach Durchschnittssätzen versteuern, gehört die Vorsteuer zu den Anschaffungskosten angeschaffter Reinvestitionsgüter, soweit die gezahlten Vorsteuerbeträge nicht mit der geschuldeten Umsatzsteuer verrechnet werden können.

 

Normenkette

EStG 2001 § 4 Abs. 3, § 6b Abs. 1, §§ 6c, 9b; UStG §§ 15, 24 Abs. 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.09.2010; Aktenzeichen IV R 47/08)

BFH (Urteil vom 09.09.2010; Aktenzeichen IV R 47/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Berechnung einer nach § 6c i.V.m. § 6b Abs. 1 EStG aufzulösenden Rücklage die auf die Anschaffungskosten für Reinvestitionsgüter entfallende Umsatzsteuer zu berücksichtigen ist.

Die Kläger betreiben in der Form einer Ehegattengemeinschaft einen Weinbaubetrieb. Ihren Gewinn ermitteln sie nach § 4 Abs. 3 EStG, ihre Umsätze versteuern sie gemäß § 24 UStG nach Durchschnittsätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Im Wirtschaftsjahr 1997/1998 veräußerten sie ein betriebliches Grundstück und erzielten dabei einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 211.943 DM. Im Rahmen der Feststellungserklärung für 1997 beantragten sie für diesen Veräußerungsgewinn die Bildung einer Rücklage gem. § 6c i.V.m. § 6b EStG (Bl. 68 FestA 1997). Für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 ermittelte der Beklagte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 197.925 DM. Dabei setzte er den nach § 6c EStG gebildeten, bisher nicht aufgelösten Betrag in Höhe von 211.943 DM zusätzlich zu den erklärten Einnahmen als Betriebseinnahmen an. Mit Bescheid vom 05.12.2002 (Bl. 29 FestA 2001) legte er der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Kalenderjahr 2001 einen Gewinn in Höhe von 109.406 DM zugrunde, der sich aus 50% von 197.925 DM und 50 % von 20.886 DM, dem ursprünglich für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 ermittelten Gewinn, zusammensetzte. Gegen diesen Feststellungsbescheid 2001 legten die Kläger am 18.12.2002 Einspruch ein (Bl. 1 RbA).

Mit Feststellungsbescheid für 2002 vom 11.05.2004 (Bl. 42 FestA 2002) legte der Beklagte der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Kalenderjahr 2002 die zweite Hälfte des Gewinns von 197.925 DM (=101.197 €) in Höhe von 50.599 € und die Hälfte der für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 erklärten Einkünfte von ./. 3.968 € aus Land- und Forstwirtschaft, mithin ./. 1.984 € zugrunde. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 11.06.2004 Einspruch ein (Bl. 85 RbA).

Zur Begründung trugen die Kläger - soweit hier von Bedeutung - vor: Bei Ermittlung der Einkünfte aus dem Wirtschaftsjahr 2001/2002 seien die sich aus einer Aufstellung und den entsprechenden Rechnungskopien ergebenden, bis zur Auflösung der Rücklage getätigten Investitionen noch nicht berücksichtigt worden. Der aufzulösende Rücklagebetrag betrage zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 2001/2002 155.675 DM. Nur in dieser Höhe sei eine Zurechnung zu den Einnahmen vorzunehmen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 24.11.2005 (Bl. 114 RbA) änderte der Beklagte den angefochtenen Bescheid, stellte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 2001 mit 99.500 DM und für das Jahr 2002 mit einem Betrag von 47.461 € gesondert und einheitlich fest und wies die Einsprüche im übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Kläger hätten im Wirtschaftsjahr 1997/1998 eine Rücklage gebildet, die nach Ablauf von vier Jahren nicht vollständig aufgelöst gewesen sei. In Höhe dieses Betrages sei eine Gewinnerhöhung vorzunehmen. Gem. § 6b Abs. 1 EStG könnten von dem entstandenen Veräußerungsgewinn im Wirtschaftsjahr der Veräußerung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der ersatzbeschafften Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafft worden seien, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns abgezogen werden. In den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut im Jahr vor der Veräußerung angeschafft worden sei, trete gem. § 6b Abs. 5 EStG der Buchwert am Schluss des Wirtschaftsjahres der Anschaffung an die Stelle der Anschaffungskosten. Nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehöre gem. § 9b EStG die ausgewiesene Mehrwertsteuer, soweit sie bei der Umsatzsteuer abgezogen werden könne. Ohne Bedeutung sei für die Anwendung des § 9b EStG, ob die Vorsteuer pauschaliert oder - wie im Streitfall - nach Durchschnittssätzen berechnet werde. Danach ergebe sich zum 30.06.98 folgende Rücklage:

Veräußerungsgewinn im WJ 97/98

211.943 DM

./. Anschaffung im WJ der Veräußerung

2.500 DM

./. Buchwert der Wirtschaftsgüter aus dem vorangegangenem WJ

Nettoanschaffungskosten

Weinbergspritze:

9.740 DM

./. AFA 96/97 20 %: 1.948 DM

7.792 DM

7.792 DM

Rücklage zum ...

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