Entscheidungsstichwort (Thema)
Der Rückforderung von Kindergeld steht nicht Treu und Glauben entgegen, wenn der Kindergeldberechtigte die neue "Wohnung" nicht mitteilt
Leitsatz (amtlich)
Einer Rückforderung von Kindergeld steht nicht entgegen, dass die Familienkasse möglicherweise hätte Ermittlungen anstellen müssen, wenn die Kindergeldberechtigte ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommt. Die Kindergeldberechtigte hat die neue Wohnung nicht mitgeteilt und auch nicht, dass es sich dabei um 2 möblierte Zimmer mit WC/Dusche im Hause ihrer Eltern handelt. Dieses gelegentliche Verweilen bei den Eltern schließt die Annahme aus, dass die Wohnung zur dauernden Bleibe i.S.d. § 8 AO diente.
Normenkette
EStG § 70 Abs. 2; AO §§ 8, 173 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rückforderung von Kindergeld für D.
Die Klägerin hat den Sohn D, geb. am 17. Dezember 1997 und die Tochter C, geb. am 11. Januar 2000. Sie ist seit 1996 mit einem in Deutschland stationierten Angehörigen der US-Armee verheiratet und hat Kindergeld für D seit dessen Geburt bezogen. Im Jahre 1998 ist der Ehemann in die USA zurückkommandiert worden, er hat im April 1998 seinen Dienst in den USA angetreten. Zu diesem Zeitpunkt haben die Klägerin und ihre Familie ihre Wohnung in Iphofen aufgelöst. Die Klägerin hat sich in M mit Wohnsitz angemeldet.
Ein vom Arbeitsamt W an die Klägerin gerichtetes Schreiben kam Mitte April 2000 zurück mit der neuen Anschrift der Klägerin in M. Daraufhin wurde die Kindergeldakte an das zuständige Arbeitsamt T übersandt, das die Klägerin mit Schreiben vom 26. April 2000 aufforderte, für die Kindergeldzahlung die aktuelle Bankverbindung anzugeben. Am 22. August 2000 ging ein "Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld" beim Arbeitsamt T ein, in dem die Klägerin zwei Wohnsitze aufführte, sowohl den Wohnsitz in M, als auch einen Wohnsitz in USA, den sie mit dem Vermerk "vorübergehend" versah. Kindergeld wurde weiterhin für D gezahlt.
Am 02. Januar 2003 stellte die Klägerin beim Arbeitsamt T einen Antrag auf Kindergeld für ihre Tochter C, die in den USA geboren war. Aufgrund der daraufhin folgenden Ermittlungen der Beklagten stellte sich heraus, dass die Klägerin mit ihrer Familie am 27. Dezember 2002 von den USA nach K (in Deutschland, Anm. d. Neutralisierenden) gezogen ist. In der Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2002 hat sie sich vom 24. Juni 2000 bis Mitte September 2000 und vom 12. Juni 2001 bis 30. Juli 2001 in Deutschland in M aufgehalten (Bl. 23 KiGA). Bei der "Wohnung" handelt es sich um zwei möblierte Zimmer, die ihr in dem Zweifamilienhaus ihrer Eltern zur Verfügung stehen. Die Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 18. Juli 2003 die Kindergeldfestsetzung für D ab Januar 2000 aufgehoben. Als Begründung hat sie angeführt, dass die Klägerin weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Wer sich - wenn auch in regelmäßigen Abständen - in der Wohnung eines Angehörigen aufhalte, begründe dort keinen Wohnsitz. Die Klägerin sei auch nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Mit dem Bescheid wurde Kindergeld von Januar 2000 bis November 2002 in Höhe von insgesamt 5.007,20 € zurückgefordert. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06. November 2003 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass die Aufhebung des Kindergeldbescheides nach § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht möglich sei. Aus dem BFH-Urteil vom 26. Juli 2001 ergebe sich, dass der Rückforderung zuviel gezahlten Kindergeldes der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen könnte, wenn die Familienkasse bei der Geltendmachung des Rückforderungsanspruches zu lange gewartet habe. Nach der Einschätzung des BFH sei diese Situation jedenfalls bei einer Bearbeitungsdauer von mehr als zwei Jahren wohl gegeben. Seit Einreichung des Fragebogens vom 21. August 2000 sei die Kindergeldkasse über einen weiteren Wohnsitz in den USA informiert gewesen. Frühestens im Januar 2003 habe die Kindergeldkasse Fragen zu dem USA-Aufenthalt gestellt und erst mit Bescheid vom 18. Juli 2003 - somit erst nach nahezu drei Jahren ab Kenntnis - sei die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2000 aufgehoben worden. Es treffe auch nicht zu, dass weder sie noch ihr Sohn D einen Wohnsitz im Inland gehabt habe. In dem Haus ihrer Eltern hätte sie über zwei Wohn- und Schlafräume zeitlich und räumlich ohne Einschränkung verfügen können, ebenso über ein separates WC/Dusche. Die Küche sowie die großen Außenanlagen hätten von ihr mitbenutzt werden können. Auch möblierte Zimmer könnten zweifelsfrei eine Wohnung im steuerlichen Sinne darstellen. Der Behauptung der Beklagten, es handele sich um keine zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten werde somit entgegengetreten. In diesen Räumlichkeiten habe sie auch während ihrer mehrmonatigen Aufenthalte...