Leitsatz
Im Fall des Formwechsels von einer Kapital- in eine Personengesellschaft ist die Besteuerung der offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft nach § 7 Satz 1 UmwStG bei nach § 5 Abs. 2 UmwStG fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand und nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu behandeln.
Normenkette
§ 5 Abs. 2, § 7 Satz 1, § 4 Abs. 4, § 9, § 18 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, § 7g EStG
Sachverhalt
Bei der formwechselnden Umwandlung einer GmbH in eine GmbH & Co. KG war streitig, ob das nach § 7 Satz 1 UmwStG fiktiv als ausgeschüttet behandelte Eigenkapital um den Betrag eines zuvor von der GmbH außerbilanziell in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG zu mindern ist. Der Umwandlung wurde die Bilanz der GmbH auf den 31.12.2007 zugrunde gelegt.
Das FA behandelte die fiktive Ausschüttung im Ergebnis als Sonderbetriebseinnahme des bisherigen Anteilseigners der GmbH und jetzigen Kommanditisten im Jahr 2007 und erließ einen entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid. Dabei berücksichtigte es sämtliche Gewinnrücklagen ohne Abzug des Investitionsabzugsbetrags. Nach Durchführung der Investition durch die KG rechnete diese in späteren Jahren den Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 2 EStG ihrem Gewinn hinzu.
Die KG war der Meinung, die Sonderbetriebseinnahme aus der fiktiven Gewinnausschüttung müsse um den Investitionsabzugsbetrag gemindert werden. Anderenfalls komme es zur doppelten Besteuerung des Betrags. Mit dieser Argumentation hatte sie weder im Einspruchsverfahren noch vor dem FG Erfolg (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 15.9.2016, 4 K 98/15, Haufe-Index 10231893, EFG 2017, 437).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision der KG aus zwei Gründen statt. Die fiktive Gewinnausschüttung hätte nicht als Sonderbetriebsgewinn festgestellt werden dürfen; es handele sich um einen Gesamthandsgewinn. Außerdem sei das fiktiv als ausgeschüttet geltende Eigenkapital um den Investitionsabzugsbetrag zu mindern.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft neben der im Leitsatz genannten Frage, wie fiktive Ausschüttungen nach § 7 Satz 1 UmwStG bei einem Formwechsel von einer Kapital- in eine Personengesellschaft zu behandeln sind (dazu nachstehend 3.), auch den Umfang der fiktiven Ausschüttung in Fällen, in denen die Kapitalgesellschaft vor der Umwandlung einen Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen hat (nachstehend 4.).
2. Wird eine Kapital- in eine Personengesellschaft umgewandelt, gehen die bisherigen Kapitalgesellschaftsanteile unter und werden durch die Wirtschaftsgüter des bisherigen Vermögens der Kapitalgesellschaft ersetzt. Eine Wertdifferenz zwischen diesen Positionen führt in Gestalt des Übernahmeergebnisses nach § 4 Abs. 4 UmwStG zu einem Gewinn der Personengesellschaft. Bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses einer formwechselnden Umwandlung ist nach § 5 Abs. 2 UmwStG zu berücksichtigen, dass im Privatvermögen gehaltene und nach § 17 EStG verstrickte Beteiligungen als in die Personengesellschaft eingelegt gelten.
Im Übernahmeergebnis findet sich das gesamte Eigenkapital der Kapitalgesellschaft wieder, auch dasjenige, das in Gewinnrücklagen besteht und aufgrund einer Fiktion des § 7 Satz 1 UmwStG mit Untergang der Kapitalgesellschaft als fiktiv an den Anteilseigner ausgeschüttet gilt. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wird der als ausgeschüttet geltende Betrag vom Übernahmeergebnis abgezogen (§ 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG).
3. Die bislang streitige Frage, ob die fiktive Ausschüttung zu Kapitaleinkünften beim Anteilseigner oder zu betrieblichen Einkünften im Zusammenhang mit der Personengesellschaft führt, entscheidet der BFH zugunsten der betrieblichen Einkünfte. Die fiktive Einlage bewirkt, dass die Anteile als Betriebsvermögen der Personengesellschaft gelten, weshalb auch die fiktive Ausschüttung zu Gewinn der Personengesellschaft als fiktiver Anteilseignerin führt (sog. erweiterte Einlagefiktion). Dieser Gewinn entsteht im Gesamthandsbereich und wird dem Gesellschafter zugerechnet.
4. Da die fiktive Ausschüttung von Gewinnrücklagen der Kapitalgesellschaft dazu dienen soll, die Besteuerung dieser Gewinne zu sichern, weil sie als Teil des Eigenkapitals nach der Umwandlung in eine Personengesellschaft ohne weitere Steuerbelastung entnommen werden können, bedarf es der Fiktion nicht, soweit Gewinnrücklagen später auf der Ebene der Personengesellschaft aus anderen Gründen zur Besteuerung führen. Dies wird etwa für eine Rücklage nach § 6b EStG angenommen. Die frühere Ansparrücklage nach § 7g EStG a.F. war ebenfalls kein der Besteuerung auf Dauer entzogener Betrag. Auch der heute außerbilanziell gebildete Investitionsabzugsbetrag ist nach Meinung des BFH von der Ausschüttungsfiktion ausgenommen. Denn dieser Betrag ist entweder bei Ausbleiben der Investition rückwirkend noch von der Kapitalgesellschaft zu versteuern. Oder er ist – zumindest bis einschließlich 2015 – nach der Investition dem Gewinn der Personengesellschaft außerbilanziell hinzuzurechnen.
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